25 Prozent vom Umsatz

Lieferdienst Wolt: Start-up vermittelt Apotheken

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Berlin -

Quick Delivery sollte den Apothekenmarkt umkrempeln, doch die Lieferdienste tun sich schwer: Kurando ist pleite, FirstA musste unter das Dach von Shop Apotheke flüchten, Mayd hat viele Fahrer entlassen und auf die Auslieferung durch Uber umgestellt. Auch der Essenslieferdienst Wolt hat sein Konzept angepasst: Apotheken werden jetzt über die Plattform Sanvivo mit Holding in den USA aufgeschaltet, die dafür ordentlich die Hand aufhält.

Sanvivo wurde 2021 in Weil gegründet, einer kleinen Gemeinde südlich von Augsburg. Hinter dem Start-up stehen Apotheker Nikolai Alemi, dessen Vater in München die Senftenauer Apotheke betreibt, sowie drei Partner aus dem Technikbereich: Dr. Julius Rachor kommt aus der Automobilindustrie, Sven Wildermann ist Softwareentwickler und Dominic Haul eigentlich Experte im Bereich Audiotechnik.

Nach dem Vorbild der „Immunkarte“ bot Sanvivo mit dem „CovidBadge“ zunächst ein Impfzertifikat in Scheckkartenformat an. Nach eigenen Angaben konnte das Unternehmen dabei rund 950 Partnerapotheken gewinnen – und die wollten die Gründer nach dem Ende der Pandemie mit neuen digitalen Tools bei der Stange halten.

Herausgekommen ist die Apotheken-App Vivoly, die das Unternehmen selbst als „E-Rezept Lieferservice“ bewirbt: „Lass dir jetzt Medikamente in München, Berlin und Hamburg liefern. Bald auch in Köln, Leipzig, Frankfurt, Düsseldorf und Essen.“

Tatsächlich hat die App aber nicht nur so gut wie keine Downloads. Offenbar gibt es auch gar keine Partnerapotheken in den ausgewiesenen Städten. Angeboten wird bei Eingabe der Postleitzahl in der Regel lediglich der Postversand durch die Senftenauer Apotheke in München.

Partnerschaft mit Wolt

Doch jetzt ist den Machern ein Coup gelungen – sie haben mit Sanvivo eine strategische Partnerschaft mit dem Essenslieferdienst Wolt gewonnen: Kund:innen des Essenslieferdienstes können OTC-Arzneimittel und frei verkäufliche Gesundheitsprodukte über die App bei einer von aktuell elf Partnerapotheken bestellen. In Hamburg, München, Berlin und Düsseldorf ist der neue Service bereits verfügbar, weitere Metropolen sollen in den nächsten Monaten folgen.

Nach der „erfolgreichen Testphase“ werde das Angebot nun dauerhaft in die Wolt-App integriert, heißt es vom finnischen Lieferdienst, der vor einem Jahr vom US-Lieferriesen Doordash aufgekauft wurde und zum „Alleslieferer“ werden will. „Dabei sind nichtverschreibungspflichtige Produkte von Apotheken ein erster Schritt, um das Apotheken-Sortiment anzubieten, das sich unsere Kund:innen wünschen”, so Bassel Soukar, Head of Retail bei Wolt Deutschland. „Durch die Partnerschaft mit Sanvivo können wir dies nun bald deutschlandweit anbieten.”

Vermittler vermittelt Vermittler

Sanvivo wird in diesem Konstrukt zum Vermittler – nicht zwischen der Apotheke und dem Endkunden, sondern zwischen Apotheke und Plattform. Damit sind also zwei Instanzen zwischengeschaltet, die Käufer und Verkäufer zusammenbringen und beide mitverdienen wollen. Sanvivo kassiert dabei dem Vernehmen nach eine Provision von 20 Prozent zuzüglich 5 Prozent für die Auslieferung.

Dafür erhält die Apotheke aber nicht nur Zugang zu Wolt, sondern auch die erforderliche Technik: „Wir geben der Apotheke eine Software, ähnlich einem Onlineshop, damit diese ihre Produkte einfach über Wolt anbieten können“, erklärt Rachor. Über die Software kommen die Bestellungen rein, die Apotheke bereitet alles vor, die Fahrer von Wolt holen die Bestellung ab und liefern sie aus. Die Inhaber:innen sind Partner von Sanvivo, mit Wolt selbst haben sie nichts zu tun. Ähnlich funktioniert es bei der Abrechnung: Der Kunde zahlt an Wolt, Wolt gibt den Betrag nach Abzug des eigenen Entgelts an Sanvivo weiter und das Start-up zahlt dann abzüglich Provision an die Apotheke aus.

„Mit uns können sich Apotheken stärker digital etablieren, durch einfache Prozesse mehr Umsatz generieren und ihr Personal entlasten“, so Rachor. „Die Zusammenarbeit mit der großen Wolt-Plattform hebt unseren Ansatz auf eine neue Ebene.” Wie weit Gespräche mit anderen Lieferfirmen wie Lieferando oder Uber fortgeschritten sind, wollte er noch nicht verraten. Man sei außerdem mit Herstellern im Austausch, um diese als Werbekunden über Sanvivo in das Konstrukt einbinden zu können.

Einstieg eines US-Investors

Zu erwähnen wäre noch, dass die Beteiligungsgesellschaft hinter Sanvivo mittlerweile in den USA sitzt. Hintergrund ist der Einstieg des US-Investors Y Combinator, der in der Vergangenheit nicht nur Airbnb und Dropbox finanziert hat, sondern auch den Wolt-Mutterkonzern Doordash. Es ist bereits der zweite Investor nach Heal Capital aus Berlin.

Über ein Accelerator-Programm, also ein zeitlich begrenztes Förderungsprogramm, wurden laut Medienberichten 500.000 US-Dollar investiert. Auf der eigenen Website beschreibt der Inkubator seine jüngste Beteiligung als „Shopify for pharmacies in Europe“. „Fast alle Apotheken in Europa sind per Gesetz lokale 1-Personen-Unternehmen. Und sie sind nicht bereit für Online-Bestellungen“, heißt es weiter, wenngleich eingeräumt, dass schon heute rund 120 Millionen Auslieferungen pro Jahr ohne digitale Tools stattfänden. Für Kundinnen und Kunden sei der Einkauf in der Apotheke unbequem: Medikamente seien oft nicht vorrätig, sodass man bis zu 24 Stunden warten müsse, Bestellungen liefen zumeist über Papierzettel oder Fax.

Große Erwartungen hat man auch bei Sanvivo an das E-Rezept: „Sanvivo nutzt Technologie, um lokalen Apotheken digitale Superkräfte zu verleihen“, heißt es.

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