Kommentar

Lieferando ist kein Landei

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Berlin -

Nach Wolt und Knuspr probiert sich jetzt also auch Lieferando als Bringdienst von OTC-Arzneimitteln und Freiwahlprodukten. Um die Versorgungssicherheit geht es dabei sicher nicht – denn die Landbevölkerung hat von dem Deal mit den Partnerapotheken nichts. Der Schritt des niederländischen Konzerns Just Eat Takeaway, der hinter der Plattform steht, ist dennoch nachvollziehbar. Denn zusätzlich zum Hauptgeschäft mit Essensbestellungen kann die Kooperation mit Apotheken wenig schaden und ein Fuß im lukrativ erscheinenden Pharmamarkt ist in die Tür gesetzt. Ein Kommentar von Carolin Ciulli

Mit einem Lippenstift, einer Kruke mit grünem Kreuz und einer Cremedose stilisiert Lieferando die neue Kategorie „Apotheke“, die seit Mittwoch in der App erscheint. In knapp 20 Städten sollen Nutzerinnen und Nutzer jetzt auch OTC- und Freiwahlpräparate bestellen können, ausgeliefert wird über die Kuriere von Lieferando.

In den Pharmamarkt einzusteigen, klingt zunächst nach hohen Erträgen. Immer wieder zieht er Start-ups an, die nicht allzu selten mit einer blutigen Nase zurückbleiben. Unternehmen wie Mayd oder Kurando scheiterten unlängst und meldeten Insolvenz an. Sanvivo zog sich aus dem Markt zurück und First A ging an Redcare (Shop-Apotheke). So einfach ist es eben nicht, neue Strukturen in einem System zu schaffen, dessen Abläufe ihre Daseinsberechtigung haben. Diese Schnellbringdienste hatten sich jedoch ganz auf Apothekenware mit Fokus E-Rezept spezialisiert.

Lebensmittel- und Essensbringdienste wie Knuspr, Uber Eats oder Wolt kooperieren ebenfalls mit Apotheken und bauen das Angebot weiter aus. Warum also nicht auch Lieferando? Die Plattform meint es Ernst mit dem Pharmamarkt und arbeitet seit Jahresanfang in den USA und Großbritannien mit Apothekenketten.

Umsätze ja, auch Erträge?

Für die Apotheken hierzulande bedeutet die Kooperation mit Lieferando sicher keine neue rettende Ertragsquelle – denn immerhin fließt ein Umsatzanteil an die Niederländer und auch der Kooperationspartner Cure will bezahlt werden. Allerdings könnten je nach Standort Erlöse dazu kommen, denn die Stadtbevölkerung ist verwöhnt und lässt sich mittlerweile liefern, was geht. Der Gang auf die Straße in ein Geschäft ist nicht mehr hip. Nicht umsonst werden mittlerweile auch Kioske oder Elektronikhändler als Partnerunternehmen aufgelistet. Die Schnelllieferdienste bringen den Apotheken die Kundschaft, die sonst eben nicht den Weg in die Offizin findet. Ob für die neue Kategorie tatsächlich die Bezeichnung „Apotheke“ passt, bleibt abzuwarten, denn all zu gerne werden etwa Apothekenkosmetik oder andere Freiwahlprodukte bestellt – und eben keine Arzneimittel.

Botendienst fährt überall

Auch die Apotheken spüren den Trend der Lieferdienste und haben als Antwort darauf seit Jahren ihren Botendienst, ohne den kaum ein Betrieb mehr auskommt. Auch in der Stadt und gerade auf dem Land sind sie damit ein wichtiger Versorger. In Regionen ohne viel Infrastruktur ist dies oft ein Alleinstellungsmerkmal der Apotheke und wird so rege nachgefragt, dass Inhaberinnen und Inhaber zu Recht Liefergebühren etwa bei reinen OTC-Lieferungen verlangen.

Doch während die Apotheke auf dem Land meist taggleich noch die Botin oder den Boten schickt, sucht man bei Lieferando mancherorts vergeblich nach einem Zusteller – in Unterfranken etwa gibt es schwarze Flecke im Lieferando-Einzugsgebiet: Kostenlose Lieferung ab 90 Euro – lediglich eine Pizzeria bringt das Mittagessen an die gewünschte Adresse. Das Konzept von Lieferando ist auf Ballungszentren ausgelegt und lässt die Landbevölkerung hungrig zurück.

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