Nicht immer kann man sich über Weihnachtspost freuen. Gerade erst haben tausende Apotheker die Wagner/Becker-Abmahnungen zerrissen, da flatterten bei einigen die nächsten Anwaltsschreiben ins Haus. Im Namen von easy-Apotheker Harald Steinert forderte eine Kanzlei aus Hildesheim von mehreren Pharmazeuten die Abgabe einer Unterlassungserklärung. Reklamiert wurde die unzureichende Kennzeichnung von Lebensmitteln in den Webshops. Steinert versichert, den Markt nicht mit Abmahnungen überziehen zu wollen.
Hintergrund ist die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV), die seit 13. Dezember europaweit gilt. Diese fordert, dass bei Lebensmitteln – also auch Nahrungsergänzungsmitteln – bestimmte Informationen schon vor dem Verkauf für den Verbraucher verfügbar sind.
Steinerts Anwälte reklamieren, dass in den Webshops der Apotheken Produkte zum Verkauf angeboten werden, ohne dass die Zutatenverzeichnisse vor Abschluss des Bestellvorgangs eingesehen werden könnten. Konkret genannt werden in den Abmahnungen beispielsweise Ricola-Salbeibonbons oder der Megamax-Molketrink.
Damit verstoßen die Apotheken aus Sicht der Juristen gegen die LMIV, was wettbewerbsrechtlich relevant sei. Bis Ende Dezember sollen entsprechende strafbewehrte Unterlassungserklärungen abgegeben werden. Der Streitwert ist mit 6000 Euro vergleichsweise moderat festgesetzt, sodass Anwaltskosten von knapp 600 Euro in Rechnung gestellt werden.
Das Problem: Einige der abgemahnten Apotheker nutzen die Online-Shops von Phoenix und Apozin, bei denen die Produktinformationen zentral bereit gestellt werden. Theoretisch könnten also abermals tausende Kollegen betroffen sein.
Steinert versichert, nicht gegen jeden Fehler, den er und seine Anwälte bei den Mitbewerbern finden, vorzugehen. „Wir sind kein Abmahnverein und wir wollen auch keiner werden.“ Allerdings habe er sich mit seiner Versandapotheke mehr als drei Monate lang mit der Umsetzung der neuen Vorgaben beschäftigt – bei der easy-Versandapotheke werden Produktfotos mit den Zutatenlisten bereitgestellt. Bei vier Millionen Lebensmittelallergikern sei das Thema auch aus pharmazeutischer Sicht nicht zu vernachlässigen.
Dass Fehler passieren können, räumt der easy-Apotheker der ersten Stunde ein – er selbst sei davor genauso wenig gefeit wie seine Mitbewerber. „Uns geht es nicht darum, den Markt zu erschlagen. Es kann aber nicht sein, dass es Kollegen gibt, die sich gar nicht um das Thema kümmern.“
Ein Fehler ist übrigens auch den Anwälten unterlaufen - womöglich haben sich die Juristen allzu sehr in das Thema vertieft. In der Abmahnung, die am Samstagnachmittag verschickt wurde, heißt es: „Die Interessen meiner Mandantschaft sind ernstlich betroffen. Der Wettbewerb kann zumindest mittelbar verzehrt [sic!] werden, da die Verbraucher irregeführt werden.“
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