Laxatan M ist keine Kassenleistung mehr: Weil Klosterfrau einen Bestandteil verschwiegen hat, strich der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) das Abführmittel aus der Übersicht der verordnungsfähigen Medizinprodukte. Vor dem Bundessozialgericht (BSG) verlor der Hersteller jetzt den Streit endgültig – und könnte von Kassen in Regress genommen werden.
Laxatan M ist als Medizinprodukt zur symptomatischen Behandlung chronischer Verstopfung im Einsatz. Das Granulat enthält Macrogol, Elektrolyte sowie Inulin und wird als „3-fach-Komplex gegen Verstopfung“ beworben. „Löst die Verstopfung, stärkt den Darm“, schreibt Klosterfrau auf seiner Website. Im Prozess bezog sich der Hersteller jedoch nur auf Macrogol, das für die Wirkung verantwortlich sei. „Die in Laxatan M enthaltenen Elektrolyte haben nach Angabe der Klägerin für das Erreichen der Zweckbestimmung ebenso wenig Bedeutung wie Inulin, welches allein und spezifisch die Darmflora unterstütze“, heißt es im Urteil.
Und hier liegt die Ursache allen Übels, denn Klosterfrau hatte beim Antrag im März 2009, Laxatan M in die Anlage V zur Arzneimittelrichtlinie (AM-RL) aufzunehmen, Inulin nicht angegeben. Womöglich aus gutem Grund, denn 2008 hatte der G-BA die Aufnahme von Laxatan – das bei gleicher Zusammensetzung für denselben medizinischen Zweck eingesetzt wird – abgelehnt, da für das enthaltene Inulin kein Nachweis für einen therapeutischen Nutzen erbracht wurde.
Der G-BA forderte für Laxatan M die Kopie des CE-Zertifikats und bat um Stellungnahme, „ob die mit dem Antrag eingereichte Anwendungsbeobachtung von Laxatan als klinische Bewertung von Laxatan M gemäß §19 Medizinproduktegesetz einzustufen sei“. Klosterfrau bestätigte, dass die Anwendungsbeobachtungen in Analogie zu den Produkten herangezogen werden könnten und übermittelte die geforderte Kopie des CE-Zertifikats. Daraufhin nahm der G-BA Laxatan M in die AM-RL auf und verlängerte diese im April 2010 bis Oktober 2016.
Kurz darauf stellte der G-BA jedoch fest, dass Laxatan M nicht so wie 2009 beantragt, sondern in veränderter Zusammensetzung in den Verkehr gebracht worden war. Dafür sei der Nachweis des therapeutischen Nutzens nicht erbracht worden. Schließlich habe Klosterfrau nur Macrogol und Elektrolyte als Inhaltsstoffe angegeben. So beabsichtigte der G-BA, Laxatan M rückwirkend aus der Übersicht der verordnungsfähigen Medizinprodukte zu streichen.
Ein entsprechender Bescheid erging im Januar 2013. Die Aufnahme des Medizinproduktes wurde für die Vergangenheit zurückgenommen, das Produkt aus der Liste gestrichen und die Befristungsverlängerung aufgehoben. Zudem sei der Bescheid aus dem Jahr 2009 rechtswidrig, da der therapeutische Nutzen unter Berücksichtigung aller Bestandteile nach Art und Menge des Medizinproduktes erbracht werden müsse.
Klosterfrau stufte Inulin jedoch als Hilfsstoff ohne arzneiliche Wirkung ein, daher sei die Substanz für die Bewertung der therapeutischen Wirksamkeit unerheblich. In der Gebrauchsinformation proklamiert der Hersteller jedoch einen „3-fach-Komplex“: Inulin stärke die Darmflora und unterstütze die wichtigen Bakterien zur Gesunderhaltung des Darms, hieß es.
Soweit Klosterfrau darauf hinweise, dass „Laxatan M günstiger sei als das marktführende Movicol, sei dies kein Kriterium für die Aufnahme in die AM-RL“, heißt es in einem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg aus dem Jahr 2016. „Da die Rechtswidrigkeit des Bescheides auf vorsätzlich unrichtige beziehungsweise unvollständige Angaben der Klägerin zurückzuführen ist und sie daher keinen Vertrauensschutz beanspruchen kann, ist es unter Berücksichtigung aller Umstände sachgerecht, den Bescheid in vollem Umfang zurückzunehmen.“
Klosterfrau wehrte sich: Man habe keine falschen oder unvollständigen Angaben gemacht, denn zum Zeitpunkt der Antragstellung sei laut Antragsbogen nur die Abgabe des Wirkstoffes vorgesehen gewesen. Es habe somit keine Verpflichtung bestanden, den Hilfsstoff Inulin anzugeben, demnach dürfe dessen Nichtbenennung keine negativen Konsequenzen nach sich ziehen. Die rückwirkende Streichung von Laxatan M sei zudem rechtswidrig, denn es handele sich um eine echte Rückwirkung, da diese in bereits abgeschlossene Leistungsbeziehungen eingreife, so Klosterfrau.
So hat jetzt auch das BSG entschieden. Laxatan M hätte 2009 nicht in die Übersicht aufgenommen werden dürfen. „Welche Konsequenzen die Krankenkassen daraus im Verhältnis zur Klägerin ziehen, obliegt allein ihrer Entscheidung“, so das Urteil. Eine rückwirkende Streichung des Medizinproduktes kann jedoch nicht erfolgen, urteilte das Bundessozialgericht.
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