Lastschriftgebühr: Gericht glaubt AEP nicht Patrick Hollstein, 05.08.2024 14:56 Uhr
Mit einer Lastschriftgebühr wollte AEP seinen Kunden einen zusätzlichen Bonus gewähren. Im Grunde profitierten nämlich alle Beteiligten von den geringeren Aufwänden, argumentierte der Großhändler. Das müsse man doch belohnen dürfen. Doch das Landgericht Aschaffenburg ließ sich nicht darauf ein: Die zeitliche Nähe zum Skonto-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) war aus Sicht der Richter nicht zu übersehen.
AEP hatte argumentiert, dass die gesamte administrative und buchhalterische Abwicklung des Zahlungsverkehrs und der Zahlungseingangskontrolle sowie des Mahnwesens im Lastschriftverfahren ungleich einfacher und weniger aufwendig sei als bei Überweisungen. Bezogen auf den hypothetischen Fall von 2500 Kunden spare man mehrere Personentage an Arbeitsstunden im Vergleich zur selben Anzahl von Bezahlvorgängen ohne Lastschriftmandat. Die Vorteile – weniger Arbeit und Zeitaufwand, höhere Qualität und weniger Fehler – rechtfertigten die zusätzliche Vergütung von 0,45 Prozent.
Doch das LG ließ sich nicht überzeugen: „Es handelt sich um eine eindeutige Umgehung des Skontoverbots. Denn es ist nicht erkennbar, warum gerade zum jetzigen Zeitpunkt die erheblichen Vorteile des Lastschrifteinzugs von der Verfügungsbeklagten erkannt worden sein sollen, die über den reinen Wettbewerbsvorteil der Beklagten gegenüber ihren Mitbewerbern hinausgehen“, heißt es in den Urteilsgründen.
AEP habe nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass die Einführung des Lastschriftvergütungsmodells „hauptsächlich zur Verbesserung der internen betriebswirtschaftlichen Abläufe und zur Verschaffung von Vorteilen im Rahmen ihrer Vorfinanzierung von Ware stattgefunden hat“. „Denn eine solche Konstellation hätte sie bereits zu einem früheren Zeitpunkt steuern können.“
Es sei auch nicht aufgezeigt worden, dass aufgrund des neuen Vergütungsmodells eine erhebliche Anzahl von neuen Vereinbarungen über das Lastschrifteinzugsverfahren geschlossen wurden. Das Gericht geht vielmehr davon aus, dass bereits zu früheren Zeitpunkten bereits ein erheblicher Anteil von Einzugsermächtigungen erteilt worden waren, allein weil sich das auch auf Seiten der Apotheker sehr vorteilhaft auswirkt.
Um eine versteckte Rabattierung oder Skontierung auf Rx-Fertigarzneimittel auszuschließen, hätte man die Konditionen auf frei verkäufliche Waren beschränken können. Den Hinweis, diese Trennung sei bei den Rechnungsstellungen mit erheblichem Aufwand verbunden, könne man nicht nachvollziehen.
Auch steht die Entlohnung nach Überzeugung des Gerichts in „beachtenswerten Missverhältnis zur erbrachten Gegenleistung der Apotheker“: „Der Vorteil auf Apothekerseite ist immens, da er selbst operative Vorteile aufgrund des Lastschriftverfahrens hat und eine Rückholung der Zahlungen innerhalb einer Frist von sechs Wochen möglich ist. Der Apotheker muss als Leistung lediglich einmal das Sepa-Lastschriftmandat unterzeichnen und die Abbuchung zu einem von der Beklagten gewählten Zeitpunkt nach Fälligkeitseintritt dulden.“
So aber gewähre AEP abhängig vom Wert bei jedem einzelnen Bestellvorgang eine „teilweise erhebliche Entlohnung, angelehnt an die Bestellsummen“. So erlange ein Apotheker bei einem Liefervolumen einer Bestellung von 10.000 Euro beispielsweise eine Vergütung von 45 Euro‚ „ohne hierfür tatsächlich eine messbare Gegenleistung zu erbringen“.
Zwar sei die Absicht nachvollziehbar, nach Wegfall der Möglichkeit der Skontierung schnelle Zahlungseingänge zu verwirklichen. „Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem BGH-Urteil, der Kündigung der bisherigen Zahlungsbedingungen und der Mitteilung an die Kunden, man werde nach dem Urteil neue attraktive Konditionen erarbeiten und anbieten sowie die Tatsache, dass ohne nennenswerte Gegenleistung teilweise ganz erhebliche Vergütungen vereinbart werden, zeigt jedoch, dass Hauptintention die Umgehung des Skontoverbots ist.“
„Denn unabhängig von der Benennung des Nachlasses, sei es als Skonto, sei es als Rabatt oder sei es durch den Kunstgriff der gesonderten Lastschriftvereinbarung im Rahmen eines Vergütungsmodells, führt dies genau zu der vom BGH als unzulässig festgestellten Unterschreitung der Mindestpreise, wie sie in § 2 AMPreisV sichergestellt werden sollen.“
Insofern seien die Konditionen auch ein Verstoß gegen die Marktverhaltensregeln: „Der Wettbewerb wird durch feste Preisvorgaben geregelt, die von allen Pharmagroßhändlern einzuhalten sind.“ AEP habe durch die Vergütung von Lastschriften den Preis für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel in unzulässiger Weise gedrückt. „Dieser Verstoß ist auch geeignet die Interessen von Mitbewerbern in erheblicher Weise zu beeinträchtigen.“