Abmahnungen

Teurer Fehler bei Himalaya-Abmahnung Alexander Müller, 18.02.2015 15:17 Uhr

Berlin - 

Sofern es darum ging, den Verkauf umstrittener „Himalaya-Salz“-Produkte zu verbieten, hat Apothekerin Dr. Ingrid Vogg aus Hamburg mit ihrer Klage gegen eine Versandapotheke einen Erfolg erzielt. Sollten mit der Aktion vor allem Abmahngebühren kassiert werden, war es ein Pyrrhussieg. Das Landgericht Hamburg gab der Klage statt, teilte die Gerichtsgebühren aber auf: Denn Rechtsanwalt Dr. Dominic-Alexander Vogg, der Sohn der Apothekerin, hatte seine Anträge zu weit gefasst.

Im September hatten die Voggs rund 20 Versandapotheken abgemahnt, die in ihren Webshops verschiedene Himalaya-Salze angeboten hatten. Weil das Salz tatsächlich aus dem sogenannten Salzgebirge rund 200 Kilometer entfernt stammt, lautet der Vorwurf auf Irreführung und unlauteren Wettbewerb.

Das LG sah dies in der vergangenen Woche ebenso: Die Bewerbung als „Himalaya-Salz“ sei irreführend, wenn das Salz nicht aus dem Hochgebirgsmassiv stamme, sondern in dem deutlich niedrigeren Mittelgebirgszug namens Salt Range abgebaut werde. Ein entsprechend aufklärender Hinweis habe jedoch im Webshop in unmittelbarer Nähe des Produktes gefehlt.

Aus Sicht der Richter handelt es sich dabei nicht um eine Bagatelle: „Es ist gerichtsbekannt, dass es sich bei den sogenannten 'Himalaya'-Salzen um relativ hochwertige Produkte handelt, so dass die angesprochenen Verbraucher ein erhebliches Interesse daran haben, dass die von ihnen als 'Himalaya'-Salz erworbenen Produkte tatsächlich auch aus dem Himalaya-Massiv stammen“, heißt es in der Urteilsbegründung.

So viel zum Salz. Spannender ist, dass Apotheken aus Sicht der Richter grundsätzlich für den Inhalt der ABDA-Datenbank vollständig haften. Die beklagte Apotheke hatte sich auf die sogenannte Störerhaftung berufen. Demnach ist sie nicht zu belangen, wenn das Angebot nach entsprechendem Hinweis aus dem Webshop entfernt wird – was im konkreten Fall auch geschehen war.

Doch laut dem Urteil des LG hat sich die Versandapotheke bewusst für die Nutzung der ABDA-Datenbank entschieden. Weil alle Artikel samt Produktangaben in das Shopsystem übernommen worden seien, müsse die Versandapotheke auch für die inhaltliche Richtigkeit der Angaben einstehen, heißt es.

Nach dieser Logik müssen Apotheken nach jeder Aktualisierung die Datenbank auf etwaige wettbewerbsrechtliche Fallstricke überprüfen. Ein entsprechendes Verfahren hierzu – paradoxerweise auch wegen Himalaya-Salz – lag sogar schon einmal vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Doch die Parteien einigten sich damals, so dass es nicht zu einem letztinstanzlichen Urteil kam.

Im aktuellen Himalaya-Fall war die Kontrolle offenbar nicht einmal auf der Gegenseite geschehen. Vogg soll die umstrittenen Produkte vorübergehend selbst angeboten haben; ein anderer Apotheke hatte die Abmahnung mit einem eigenen Testkauf pariert. Das LG Hamburg wollte hinsichtlich der Abmahnkosten den Einwand der „unclean hands“ aber in diesem Fall nicht gelten lassen. Die beklagte Apotheke hätte detaillierter beweisen müssen, dass Vogg zeitgleich und in gleichem Umfang die Salze angeboten hatte.

Auch der Streitwert von 10.000 Euro wurde vom Gericht als angemessen durchgewinkt. Wegen der familiären Verflechtungen hatten die Anwälte des Apothekers angezweifelt, dass überhaupt eine Kostentragungspflicht vereinbart worden sei. Angesichts der Vielzahl der Abmahnungen erschien es den Anwälten als unwahrscheinlich, dass Anwalt Vogg seiner Mutter eine entsprechend hohe Summe tatsächlich in Rechnung gestellt habe. Das Gericht wies dies als bloße Spekulation zurück.

Die Höhe des Streitwerts rächt sich für die Kläger trotzdem: Das LG hat Vogg ein Drittel der Gerichtskosten auferlegt, weil ihr Sohn zu weit gefasste Anträge gestellt hat. Erst auf entsprechende Hinweise des Gerichts wurden die Anträge im Verfahren entsprechend umgestellt.

Wegen der nachträglichen Konkretisierung der Anträge wird Vogg an den Gerichtskosten beteiligt. Inklusive aller Gebühren für das Verfahren, den Termin zur mündlichen Verhandlung und etwaige Reisekosten dürften rund 4000 Euro zusammen kommen.

Demnach hätte Vogg etwa 1300 Euro zu zahlen. Wegen der Abmahnung wurden ihr vom Gericht 497 Euro plus Zinsen zugesprochen. Zwar hat das LG auch verfügt, dass der beklagte Apotheker schadenersatzpflichtig ist. Tatsächliche Ansprüche in solchen Verfahren sind aber in der Regel schwer zu belegen und damit kaum durchsetzbar.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig, ob der Apotheker in Berufung gehen wird, steht noch nicht fest. Beim LG liegen noch mehrere Fälle zu den Himalaya-Salzen, schon morgen wird in Hamburg erneut verhandelt. Laut Vogg sind die bisherigen Verfahren zu seinen Gunsten ausgegangen. Zu dem aktuellen Fall wollte er sich nicht äußern.