Technische Fehler auf der Plattform

Lager voll, Produkt nicht verfügbar: Gesund.de mit Kinderkrankheiten

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Berlin -

Gesund.de sorgt derzeit für Frust und Ärger bei Apotheker:innen. Seit Oktober ist der Marktplatz online, aber er hat noch so einige Kinderkrankheiten. Apotheken werden nicht richtig angezeigt, Produktverfügbarkeiten falsch angegeben – und vor allem kriegen die Inhaber nach eigenen Angaben keine angemessene Unterstützung von den Betreibern: Mehrere klagen, dass der Kundensupport entweder auch nicht weiter weiß oder aber gar nicht erst erreichbar ist. Bei Gesund.de sind die Probleme bekannt, die Plattform verspricht Besserung.

Gesund.de soll die Apotheken endgültig in die digitale Verkaufssphäre holen, schließt einige von ihnen aber offenbar ungewollt aus. Das werfen mehrere Apotheken der Plattform vor: Das Portal zeige Apotheken nicht an, obwohl sie bedienen oder liefern können. In wieder anderen Fällen werde suggeriert, dass Produkte entweder nicht verfügbar sind, obwohl sie massenhaft an Lager liegen, oder aber werde umgekehrt angegeben, dass Produkte bald verfügbar sind, obwohl davon nicht die Rede sein kann.

Die Liste der Probleme ist also lang. „Ich finde den Ansatz gut, die Umsetzung aber nicht“, sagt beispielsweise Jörn Graé, Inhaber der Lambertus-Apotheke in Haltern am See. „Das System ist zu früh an den Start gegangen und hat zu viele Kinderkrankheiten. Die hätten das mehr testen und dann ausrollen sollen, wenn es richtig funktioniert.“

Graé berichtet von zahlreichen Problemen, die er beim Test als Kunde festgestellt hat: Wähle er seine Apotheke bei einem Produkt zur Lieferung aus, werde sie beispielsweise nicht mehr zur Abholung angezeigt. Auch die Lieferbarkeit von Produkte werde falsch angezeigt. Wähle er ein Produkt, das bei ihm nicht auf Lager ist, werde angezeigt, dass es in vier bis fünf Tagen erhältlich sei. „Allerdings war es auch bei meinen Großhändlern nicht verfügbar. Es ist also unwahrscheinlich, dass es in vier bis fünf Tagen erhältlich ist.“

Umgekehrt ergeht es einem Apothekeninhaber aus Rheinland-Pfalz, der anonym bleiben möchte. „Ich habe mich seit der Liveschaltung im Oktober mindestens einmal die Woche als Kunde eingeloggt und die Plattform getestet“, erzählt er. Die Ergebnisse seien ernüchternd: So habe er bewusst nach Schnelldrehern gesucht, von denen er wusste, dass er sie in dreistelliger Zahl an Lager hat. „Mir wurde angezeigt, dass eine Abholung erst am nächsten Tag möglich sei, und zwar nicht nur bei meiner eigenen Apotheke, sondern auch allen anderen ringsherum. Daran erkenne ich doch schon, dass es da einen Bug geben muss.“

Genauso frustrierend sei der Versuch gewesen, den Botendienst seiner Apotheke in Anspruch zu nehmen: Bei, sich ein Produkt per Botendienst liefern zu lassen, seien ihm zwar mehrere Apotheken angezeigt worden – allerdings seien die alle mindestens 20 Kilometer entfernt gewesen. Seine eigene und die eines Mitbewerbers ganz in der Nähe seien hingegen nicht angezeigt worden. Allerdings habe er diese Probleme nicht in der App festgestellt, sondern lediglich bei der Benutzung der Plattform über den PC. Auch mit dem Backend habe er Probleme gehabt. Graé geht es ähnlich: „Es hakt an allen Enden. Alles, was man einspeichert, wird gelöscht und man muss es am nächsten Tag erneut eingeben.“

Was die beiden Inhaber außerdem verbindet: Sie versuchen nach eigenen Angaben bereits seit Wochen vergeblich, sich vom Kundendienst helfen zu lassen. Mindestens sechsmal habe er es bereits über die Hotline versucht, erzählt der Apotheker aus Rheinland-Pfalz: „Da geht immer eine nette Damenstimme ran, die sagt, dass sie meine Eingabe weitergeben wolle. Darum müsse sich ein Techniker kümmern, allerdings sei im Moment keiner verfügbar. So eine inkompetente Hotline ist absolut schwach.“ Auch Beschwerdemails habe er bereits geschrieben, die seien aber allesamt unbeantwortet geblieben. „Ich bin stinksauer, dass man mich da in der Luft hängen lässt. Man wird als zahlender Kunde abgewimmelt!“ Graé berichtet ähnliches. „Ich habe mehrfach versucht, Kontakt zur Hotline aufzunehmen. Das ist aber ein Ding der Unmöglichkeit.“

Beim Plattformbetreiber sind die Probleme mit der Hotline bekannt – sie seien vor allem der großen Nachfrage geschuldet. „Das Interesse der Apotheken an den Leistungen von Gesund.de ist hoch und hat seit dem Launch des Online-Marktplatzes nochmals deutlich zugenommen“, erklärt eine Sprecherin. In den letzten Wochen hätten mehrere hundert Apotheker täglich Gesund.de telefonisch zu kontaktieren versucht – dadurch sei es „punktuell zu längeren Wartezeiten“ gekommen. Doch Gesundheit für Deutschland (GfD) als Betreiber von Gesund.de verspricht rasche Besserung: „Wir haben schnell reagiert und kurzfristig die Kapazitäten aufgestockt. So konnten wir die Wartezeiten deutlich verkürzen.“ Zusätzlich würden die Kunden durch umfangreiche FAQ, Videos-Tutorials und Schulungen unterstützt.

Als Ursachen für Probleme bei der Anzeige von Produkt-Verfügbarkeiten und Services wie dem Botendienst hingegen nennt GfD keine technischen Bugs, sondern verweist darauf, dass sie erst einmal bei der Handhabung durch die Apotheken zu suchen seien. „Die Anzeige für den Endverbraucher steuert der Apotheker selbst über die Daten, die er im Gesund.de-Cockpit pflegt“, so die Sprecherin. „Für eine optimale Darstellung der Produktverfügbarkeit empfehlen wir die Anbindung des Warenwirtschaftssystems.“ So werde dem Nutzer fast in Echtzeit angezeigt, ob das gewünschte Produkt in der von ihm ausgewählten Apotheke verfügbar ist oder bis wann es beschafft werden kann. So werde der Aufwand für den Apotheker minimiert und die Darstellung der Services für den Endverbraucher optimiert. „Gerne unterstützt Gesund.de die Apotheker hierbei und leistet Hilfestellung über den Support und durch ein breites Schulungsangebot.“

Entsprechend sieht sich Gesund.de gut auf Kurs. „Wir sind mit dem Fortschritt sehr zufrieden“, so die Sprecherin. Inzwischen hätten sich mehr als 7200 Apotheker angeschlossen – Gesund.de decke damit bereits 40 Prozent aller deutschen Apotheken ab. „Und das, obwohl wir erst im Mai dieses Jahres damit begonnen haben, die Apotheker anzusprechen. Damit liegen wir oberhalb unserer Erwartungen.“ Von größeren technischen Schwierigkeiten ist dabei anscheinend nichts zu hören. „Wir bekommen auch sehr positives Feedback zum Online-Marktplatz, mit dem wir vor einem Monat live gegangen sind.“

Graé würde das nicht unterschreiben, er sieht auch strukturelle Probleme und betont, dass er bereit wäre, dazu auch gegenüber Gesund.de Stellung zu beziehen. Ein Problem habe er vor allem mit dem Preisvergleich im Warenkorb. „Das kann ich aus Kundensicht verstehen, aber aus Apothekensicht halte ich das für ein absolutes No-Go, weil es zu 100 Prozent den Preiskampf befeuert“, sagt er. „Damit macht man genau das, was man nicht machen sollte: Man nimmt die Ware Arzneimittel und setzt sie mit allen anderen Waren gleich. Es geht dann nur noch um den Preis, nicht um Beratung und Qualität.“ Er selbst habe deshalb schon eine vorläufige Entscheidung getroffen: Er bleibe zwar noch Kunde, habe Gesund.de aber erst einmal an den Nagel gehängt. Er nutze vorerst weiterhin Deine Apotheke, denn seine Kunden kämens damit gut zurecht und das System funktioniere gut.

„Wir wissen noch nicht, ob wir bei Gesund.de bleiben“, sagt Graé. „Wenn sich das so fortsetzt, werden wir den Vertrag kündigen. Wir testen weiter bis Jahresende und wenn es bis dahin nicht besser geworden ist, steigen wir aus, denn wir wollen damit ja auch keine Kunden vergraulen.“ Schließlich sei es ein großes Problem, wenn er Kunden die Plattform an die Hand gibt und sie dann nicht richtig funktioniert – speziell, wenn sie bei ihm bestellen wollen, seine Apotheke aber als nicht lieferfähig angezeigt wird. „Wir werden erst Kunden für Gesund.de akquirieren, wenn es auch richtig funktioniert. Ansonsten schauen wir uns nach anderen Apps und Plattformen um, die wir den Kunden anbieten können“, so Graé.

Sein Kollege aus Rheinland-Pfalz geht nicht ganz so weit, hat dafür aber eine konkrete Forderung. „Ich will nicht kündigen, sondern ich will akute Hilfe und die schriftliche Zusage, dass das künftig richtig läuft“, sagt er. „Außerdem bin ich nicht bereit, für den Oktober einen einzigen Cent zu bezahlen, und erwarte einen weiteren kostenlosen Testmonat.“

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