Der Markt der Läusemittel ist hart umkämpft. Rund ein Dutzend Produkte konkurrieren in einem 10,6 Millionen Euro schweren Markt. Etwas schwer hatte es zuletzt Almirall mit seinem Produkt Jacutin Pedicul liquid. Jetzt geht der Hersteller in die Offensive und versorgt die Apotheken mit mehrsprachigen Werbemitteln. Die Teams in der Offizin sollten allerdings wissen, dass das Mittel nicht erstattungsfähig ist.
Jacutin Pedicul hat nach aktuellen Zahlen nur noch einen Marktanteil von etwa 5 Prozent. Den Großteil der Umsätze sichern sich Marktführer Pohl-Boskamp mit Nyda (35 Prozent) und Wepa mit Mosquito (23 Prozent). Vor Almirall liegen auch noch Hennig mit Licener und Infectopharm mit Infectipedicul. Neben der Wirksamkeit sind Anwendungsdauer, Risiken und die Erstattungsfähigkeit wichtige Kriterien für den Erfolg.
Almirall lockt die Apotheken jetzt ein mit Einkaufsrabatten und umfangreichen Werbemitteln. Wer die Lösung im halben oder vollen Dutzend bestellt, bekommt bis zu 15 Prozent Rabatt und kann zusätzlich Informationsflyer für Eltern, ein Comic zum Thema sowie eine „Läuse-Poster“ bestellen. Almirall wirbt vor allen damit, dass Jacutin Pedicul eine Anwendungszeit von nur zehn Minuten hat.
Der Hersteller hat sich Mühe gegeben: Eltern betroffener Kinder werden umfassend über Läusebefall aufgeklärt. Dieser sei kein Zeichen mangelnder Hygiene. „Also kein Grund, sich zu schämen.“ Auch mit dem Mythos, Läuse könnten springen oder fliegen, wird aufgeräumt. Dazu gibt es Tipps zur Anwendung des Mittels, dem Gebrauch des Nissenkamms sowie weiteren Maßnahmen im Haushalt. Der Merkzettel ist sogar auf russisch und türkisch übersetzt.
Almirall vergisst nicht, auf das sehr gute Abschneiden bei Ökotest und die behördliche Anerkennung nach dem Infektionsschutzgesetz hinzuweisen. Worüber sich ein Apotheker aus Dortmund neben all den bunten Werbeinformationen für Eltern allerdings gefreut hätte, wäre ein Hinweis auf die fehlende Erstattungsfähigkeit gewesen.
Zwar sei die Erstattungsfähigkeit aller Läusemittel in der Software hinterlegt, bei einem Barverkauf werde dies in der EDV aber nicht angezeigt, berichtet der Apotheker. So kam es, dass ein Vater im Nachtdienst Jacutin kaufte und sich am nächsten Tag ein Rezept vom Kinderarzt besorgen wollte. „Der Arzt hat ihm natürlich gesagt, wir hätten das falsche Mittel abgegeben“, beklagt der Apotheker. Der Kunde habe sich tatsächlich beschwert.
Der Apotheker wiederum hat gegenüber Almirall seinen Unmut bekundet. Der Hersteller gab zurück, man habe die Apotheken doch ausführlich informiert, als Jacutin von der Ausnahmeliste des Gemeinsamen Bundesausschusses genommen wurde. Der Streit um die Erstattungsfähigkeit war bis vor das Bundessozialgericht (BSG) gegangen.
Hennig hatte im Oktober 2013 sein Licener mit dem Alleinstellungsmerkmal eingeführt, als einziges Läusemittel Nissen und Läuse schon nach einer einzigen zehnminütigen Anwendung abzutöten. Damit hat es das Unternehmen auf Rang 3 geschafft.
Wepa reagierte prompt und brachte im Juni 2014 mit „Mosquito med Läuseshampoo 10“ ein Nachfolgeprodukt zu seinem 1995 eingeführten Klassiker auf den Markt, das ebenfalls innerhalb von zehn Minuten wirkt. Für den Produktvorteil opferte Wepa sogar die Erstattungsfähigkeit, was sogar schon zu Retaxationen führte.
Genau diesen Innovationsvorsprung will Marktführer Pohl-Boskamp jetzt mit dem Launch von Nyda Express einholen. Wie das 2006 eingeführte Original ist auch Nyda Express ein Medizinprodukt, das seine Wirkung auf physikalischem Weg entfaltet (Dimeticon). Der Hersteller konnte mit Studien nachgewiesen, dass für die Wirkung eine zehnminütige Anwendung ausreicht. Dass nicht einfach das alte Produkt ersetzt wurde, hängt mit der Erstattungsfähigkeit zusammen. Der Aufwand, das überarbeitete Produkt im Leistungskatalog zu behalten, wäre zu groß gewesen. Damit ist Nyda erstattungsfähig, Nyda Plus und Nyda Express dagegen nicht.
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