„Die Finanzgemeinde ist nicht in Panik.“ Derart betont optimistisch reagierte Walter Oberhänsli, CEO von Zur Rose, am 7. Februar auf die Tatsache, dass es das Rx-Versandverbot in letzter Minute noch in den Koalitionsvertrag geschafft hatte. Am selben Nachmittag stürzte der Börsenkurs trotzdem ab. Doch mittlerweile ist die Delle fast wieder ausgemerzt – wohl nicht nur wegen der politischen Lage.
Anfang Februar rutschte die Aktie von Zur Rose ab, um mehr als 20 Prozent auf umgerechnet 90 Euro. Doch seit Mitte April zieht der Kurs wieder an, aktuell liegt er mit 107 Euro nur noch wenig unter dem Niveau vor dem Absturz.
Eine Erklärung liefern wohl die guten Quartalszahlen: Das Umsatzwachstum von knapp 30 Prozent lag leicht über den Erwartungen von Finanzexperten; selbst ohne positiven Währungseffekt lag das Plus – dank der Übernahme von Vitalsana und Eurapon – noch bei 24 Prozent. Auch der sich abzeichnende fehlende politische Wille zur Umsetzung des Rx-Versandverbots macht eine Wette auf die Wachstumsstory wieder interessanter.
Andererseits ist bei Shop-Apotheke kein vergleichbarer Effekt zu beobachten – und das obwohl der Konkurrent aus Venlo seinen Umsatz im ersten Quartal – durch die Integration der Europa Apotheek – sogar um 118 Prozent steigerte. Was also läuft in Frauenfeld besser als in Venlo?
In Finanzkreisen gibt es zwei Erklärungsversuche: Einerseits, so heißt es, könnte Zur Rose demnächst wieder zukaufen. Das wäre freilich keine große Überraschung, denn Oberhänsli hatte zuletzt wiederholt Akquisitionen in Aussicht gestellt. Und auch Shop-Apotheke sieht sich als „aktiven Konsolidierer“ am Markt – und hat sich kürzlich noch einmal 100 Millionen Euro an frischem Kapital organisiert, um zukaufen zu können. Entscheidend für den Aktienkurs wäre daher eher die Frage, welcher der beiden Konkurrenten dem anderen den attraktiveren Übernahmekandidaten wegschnappen kann. Als große Player im deutschen Markt wären wohl am ehesten Medikamente-per-Klick, Medpex, Apotal, Apo-Rot und Apo-Discounter interessant.
Spannend klingt aber auch die zweite Theorie, nach der es bei Zur Rose demnächst Veränderungen im Aktionariat geben könnte. Im vergangenen Sommer war die Gruppe an die Börse gegangen. 72 Prozent der Anteile befinden sich seitdem in Streubesitz, Großaktionäre sind die Unternehmerfamilie Frey mit 14,5 Prozent und das saudische Königshaus mit 5,8 Prozent. Das Management hält 7,2 Prozent.
Zugegriffen hatten beim Börsengang laut Zur Rose institutionelle Investoren aus Europa – vor allem der Schweiz, Deutschland und Großbritannien – und den USA sowie Privatanleger aus der Schweiz. Gut denkbar, dass bei einem guten Angebot viele von ihnen zugreifen würden. Bei einem aktuellen Kurs von rund 110 Euro wird die Gruppe mit knapp 800 Millionen Franken bewertet.
Bei Shop-Apotheke liegt der Streubesitz derzeit bei 69 Prozent, den Rest halten Management und Alteigentümer. Das Unternehmen hatte sein Rx-Geschäft vorübergehend abgespaltet und war im Herbst 2016 an die Börse gegangen. Im vergangenen Jahr waren Gerüchte aufgetaucht, dass Amazon in fortgeschrittenen Gesprächen über eine Übernahme der Versandapotheke sei. Das Management stellte umgehend klar: Aktuell gebe es keinerlei Gespräche oder Verhandlungen mit Amazon. Ein echtes Dementi klingt anders. Auch eine Übernahme von DocMorris soll Amazon geprüft haben, hieß es damals.
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