Wenn Hersteller auf ihren Websites zu Versandapotheken verlinken, ist für viele Apotheker eine Grenze überschritten. Immerhin gibt es andere Anbieter, die ihrem Handelspartner die Treue halten. Beim Wort & Bild Verlag weiß man um die Befindlichkeiten der eigenen Kundschaft. Um Ärger zu vermeiden, gibt es strenge Vorschriften, welche Anzeigen in der Apotheken Umschau abgedruckt werden und welche nicht. Jetzt haben die Sicherungsmechanismen zum ersten Mal versagt.
So sehr sich viele Apotheker über die Kosten ärgern: Mit seinen Heften treibt der Wort & Bild Verlag zahlreiche Kunden in die Apotheken. Aktuell werden pro Monat rund 9,5 Millionen Exemplare verteilt; rein rechnerisch kauft jede Apotheke dem Verlag knapp 230 Exemplare pro Ausgabe ab. Dazu kommen noch einmal knapp 250 Hefte von „Diabetes Ratgeber“ und „Senioren Ratgeber“ sowie „Baby und Familie“ und „Medizini“ pro Monat.
Der Verlag weiß um seine Verantwortung für die eigene Klientel. Nicht nur die redaktionellen Beiträge werden von Experten auf ihren fachlichen Gehalt geprüft, sondern auch die Anzeigen. „Die Apotheke verlässt sich darauf, dass unsere Magazine unbedenkliche Inhalte transportieren“, erklärt Dr. Dennis Ballwieser, Geschäftsführer Redaktion. „Deshalb prüfen wir jede Ausgabe über das Notwendige hinaus.“
Rund 1400 Werbeplätze hat der Wort & Bild Verlag pro Jahr zu vergeben. Anzeigenleiterin Brigitta Hackmann und ihr elfköpfiges Team sehen jeden Entwurf durch – und fragten bei Zweifeln in der Fachredaktion im eigenen Haus auf. „Wir können natürlich nicht alle Aussagen zu den beworbenen Produkten prüfen. Aber wir wollen keine Plattform für inhaltlich grob fahrlässige Botschaften bieten oder solche, die den Interessen der Apotheken zuwiderlaufen.“ Dies sei man sich selbst, aber auch den Apothekern und den Lesern schuldig.
In seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) behält sich der Verlag daher vor, Anzeigen abzulehnen, „deren Inhalt gegen Gesetze oder behördliche Bestimmungen verstößt oder deren Veröffentlichung für den Verlag unzumutbar ist“. Beihefter, Beikleber und Beilagen, die den Eindruck eines Bestandteils der Zeitung oder Zeitschrift erwecken oder Fremdanzeigen enthalten, werden nicht angenommen.
Doch nicht nur mögliche Verstöße gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG) hat man in Baierbrunn im Blick, sondern auch strategische Stolperstellen. Denn solange die Apotheker die Umschau bezahlen, müssen deren Interessen berücksichtigt werden. Aus diesem Grund gibt es in den AGB einen eigenen Punkt, der die Anzeigenkunden gegenüber den Abnehmern verpflichtet.
Wörtlich heißt es: „Die Anzeigen dürfen den Interessen der Verteiler nicht widersprechen. Stellt sich erst nach Erscheinen der Werbung heraus, dass die Anzeigen von den Verteilern nicht erwünscht sind, so hat der Verlag auch nachträglich das Recht, von der Abwicklung des Vertrages sofort zurückzutreten.“
Ein Augenmerk haben die Mitarbeiter in Baierbrunn beispielsweise darauf, dass bei beworbenen Aktionen alle Apotheken mitmachen können. Auch Hinweise auf Versandapotheken und Webshops der Hersteller soll es in Umschau & Co. nicht geben. Laut Hackmann sind die Firmen für die Hinweise des Verlags sogar dankbar: Auch der Industrie sei schließlich die Apotheke vor Ort wichtig.
Wird eine Anzeige für unzumutbar befunden, tritt Hackmann zuerst mit dem Anzeigenkunden in Kontakt. „Wir erklären, wo der Schuh drückt.“, sagt sie. Wenn keine Einigung möglich sei, werde der Auftrag storniert. Immerhin: Ein halbes Dutzend Mal komme es in zwölf Monaten vor, dass Anzeigen abgelehnt würden, so Hackmann.
Juristisch sei der Ausschluss nicht einfach, man müsse dabei jeden Problemfall einzeln prüfen. Wichtig sei, dass die Anzeigen „nach einheitlichen, sachlich gerechtfertigten Grundsätzen“ bewertet würden, so Hackmann. Am Ende sei man aber als Verlag in der Pflicht: „Wenn die Interessen unserer Leser und Kunden verletzt werden, dann können wir nicht nur reagieren, sondern wir müssen es auch.“
Aller Sorgfalt zum Trotz: Aktuell ist eine Anzeige des Herstellers Dr. Döllefeld aus Hamburg für sein Nahrungsergänzungsmittel Re-Load Vital durchgerutscht, bei der auf die Bestellmöglichkeit im Internet hingewiesen wird. Teil der ganzseitigen Anzeige auf Seite 19 der aktuellen Umschau ist ein Sonderangebot: 10 Prozent Rabatt gibt es demnach nicht nur „in jeder teilnehmenden Apotheke“, sondern auch auf der Internetseite des Herstellers. Dort wird zu Apo-Rot verlinkt.
In einem Schreiben an die Kunden entschuldigen sich Ballwieser und Roger Schwarz, Geschäftsführer IT, Online und Herstellung, am Wochenende für den Fehler, der nicht hätte passieren dürfen. Das Anzeigenmotiv verstoße eindeutig gegen die geltenden Regeln und Geschäftsbedingungen des Wort & Bild Verlages und hätte so nicht erscheinen dürfen. „Wir können leider die bereits ausgelieferte Ausgabe der Apotheken Umschau nicht mehr verändern. Wir würden Ihnen gerne einen Aufkleber zum Überkleben der Anzeige ausliefern, dies ist leider wegen der hohen Auflage der Apotheken Umschau nicht mehr rechtzeitig möglich“, heißt es in dem Schreiben.
Laut Schwarz hat sich der offene Umgang mit dem Fehler gelohnt: Man habe viele positive Reaktionen erhalten, die Verständnis für die Panne zum Ausdruck gebracht hätten, so Schwarz. Man werde dafür sorgen, dass sich ein solcher Vorfall nicht noch einmal wiederhole.
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