Kuck holt die Sonnenstühle vom Deck Alexander Müller, 25.11.2020 18:00 Uhr
Noweda-Chef Dr. Michael Kuck hat die Mitglieder über die geplante Dividendenkürzung informiert und gleichzeitig eine aktivere Beteiligung am Zukunftspakt eingefordert. Die Generalversammlung wurde in diesem Jahr Corona-bedingt digital durchgeführt.
Unter dem Strich bleibt der Noweda ein Bilanzgewinn in Höhe von 34,2 Millionen Euro. Das hätte laut Kuck auch in diesem Jahr gereicht, um eine Dividende in der gewohnten Höhe auszuschütten. Trotzdem haben Aufsichtsrat und Vorstand eine Kürzung von 11 auf 8,5 Prozent vorgeschlagen, investierende Mitglieder sollen 50 Prozent der Dividende erhalten.
Diese Absenkung wird vermutlich von Dauer sein: „Wir sind der Auffassung, dass die Dividendenhöhe in diesem, aber auch in den kommenden Jahren moderat niedriger ausfallen sollte als bisher“, so Kuck. Das sei übrigens aus dem Mitgliederkreis immer wieder vorgeschlagen worden. Man freue sich dort zwar über die Ausschüttungen, sie seien aber eigentlich in dieser Höhe nicht mehr angemessen. Der Durchschnitt der Bardividende der 30 DAX-Unternehmen liege in diesem Jahr bei unter 3 Prozent.
Hintergrund ist laut Kuck zum einen die traditionell hohe und weiter steigende Ausschüttungsquote von zuletzt 72 Prozent. Kuck verwies zum Vergleich abermals auf die Quoten der deutschen DAX-Unternehmen von durchschnittlich 41 Prozent. „Steigt die Ausschüttungsquote jedoch zu stark, verhindert das auf Dauer notwendige Investitionen in den Geschäftsbetrieb und die angemessene Stärkung der Rücklagen“, so Kuck. Vorsichtig sein will die Noweda aber auch, weil nicht klar sei, wie stark sich der Versandhandel in der Corona-Krise entwickeln werde: „Werden die Menschen dann ihre Arzneimittel weiterhin vor allem in der Apotheke beziehen?“, fragt sich Kuck auch mit Blick auf die Aktivitäten von Amazon. Wenn man eine schwarze Wolkenwand zusegele, sei nicht der Moment, die Liegestühle an Deck zu holen, sondern das Schiff sturmfest zu machen.
Ein weiteres Risiko sieht er in der AvP-Insolvenz: Im Durchschnitt schuldet das insolvente Rechenzentrum den betroffenen Apotheken 120.000 Euro. Bis Geld aus dem Insolvenzverfahren fließen, könne sich für betroffene Apotheken die Existenzfrage stellen. „In diesem Fall wären Auswirkungen auf die Lieferanten und damit auch auf die Noweda wahrscheinlich. Um es ganz klar zu sagen: In keinem Fall besteht ein existentielles Risiko für die Noweda. Wir müssen aber auch feststellen, dass eine genaue Quantifizierung möglicher Ausfälle aufgrund der nach wie vor ungeklärten Situation nicht möglich ist.“
Einige Nachfragen der Mitglieder zur gesenkten Dividende gab es schon: Diese sei immerhin fester Bestandteil seiner Großhandelskondition und eben keine Kapitalanlage, sagte ein Mitglied. Andere stießen sich daran, dass es keine ausführliche Begründung im Geschäftsbericht gegeben habe. Kuck räumte diesen Fehler ein. Trotzdem wurde der Vorschlag schließlich mehrheitlich angenommen: Knapp 74 Prozent der rund 190 digital zugeschalteten Mitglieder stimmten dafür, knapp 22 Prozent dagegen, der Rest enthielt sich.
Investiert hat Noweda auch weiter in den Zukunftspakt. Der Großteil der Investitionen für immaterielle Vermögensgegenstände von 6,2 Millionen Euro floss in die Erstellung der Plattform IhreApotheken.de. Mit der Aktivität ist Kuck erkennbar noch nicht zufrieden. Genaue Zahlen nannte er nicht, aber „tausende Bestellungen jeden Monat“ klingen in der Tat nicht herausragend bei rund 7000 teilnehmenden Apotheken. Kuck sprach zwar von Steigerungen im Bereich von 10 bis 15 Prozent, appellierte aber dennoch eindringlich an die Mitglieder, selbst aktiv zu werden: „Ohne die Unterstützung und ohne die Mithilfe der Apotheken kann der Zukunftspakt nicht funktionieren. Apotheken müssen sich kümmern, sie müssen gemeinsam mit uns Aufbauarbeit leisten.“
Die Entwicklung des Zukunftspakts sei auf mehrere Jahre angelegt. „Wer nichts tut, aber sich beschwert, dass es in seiner Apotheke noch zu wenig Bestellungen gibt, wer sich zurücklehnt und sagt, ich kann mich ja später immer noch beteiligen, wer meint, dass andere die Kastanien aus dem Feuer holen, der hat noch nicht verstanden, dass wir alle in einem Boot sitzen“, so Kuck.
Als positive Entwicklung vermerkte Kuck, dass die Softwarehäuser Pharmatechnik und CGM Lauer bereits an die Plattform angebunden seien, die weiteren Systeme würden in den kommenden Monaten folgen. Zumindest für ADG dürfte das allerdings zweifelhaft sein, da die Phoenix-Tochter derzeit mit Noventi an einer eigenen Plattform arbeitet im Umfeld der Initiative Pro AvO.
Apropos Pro AvO: Warum denn die Sanacorp nicht beim Zukunftspakt dabei sei, wollte ein Mitglied in der Fragerunde wissen. Die andere Genossenschaft sei tatsächlich 2018 gefragt worden, berichtete Kuck, habe sich dann aber mit Gehe zusammengeschlossen. Warum, wisse er nicht, der Zukunftspakt bleibe aber offen für alle, die sich der inhabergeführten Apotheke verschrieben hätten.
Die Fusion von Gehe und Alliance Healthcare Deutschland (AHD) hatte Aufsichtsratschef Dr. Matthias Lempka als „historische Umwälzung“ des Großhandelsmarktes bezeichnet. Er geht davon aus, dass die Kunden der beiden Konkurrenten unter den vermutlich anstehenden Einsparungen leiden könnten und umwarb die Kollegen: „Kommen Sie zu uns. Kommen Sie in den sicheren Hafen, den Ihnen nur ein apothekereigenes Unternehmen bieten kann.“
Die Noweda habe sich in einem herausfordernden Markt „gut geschlagen“, so Lempka in seinem Bericht. Und dies trotz rückläufiger Spannen aufgrund der immer mehr Hochpreiser, steigender Kosten aufgrund politischer Entscheidungen, ausbleibender Honoraranpassungen und einem weiter steigenden Direktgeschäft. Letzteres liege inzwischen bei 16,5 Prozent. „Daran sind wir alle nicht unschuldig“, mahnte Lempka. Natürlich sei das Bestellverhalten immer auch eine unternehmerische Entscheidung, trotzdem sollten die Apotheker nicht an dem Ast sägen, auf dem sie sitzen und wann immer möglich bei der Noweda bestellen.
Die Noweda zählt jetzt 9327 Mitglied der, 311 Apotheker sind neu dazu gekommen. 286 Mitlgieder haben die Noweda verlassen, 86 von ihnen unfreiwillig, weil sie seit mehr als einem Jahr nicht mehr beim Großhändler bestellt haben.