Aspecton-Hersteller

Krewel Meuselbach ist insolvent

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Berlin -

Krewel Meuselbach ist insolvent. Der Hersteller von Erkältungsmarken wie Aspecton, Bromhexin und Mallebrin hat einen Antrag auf Sanierung in vorläufiger Eigenverwaltung gestellt und hofft, dass die Kehrtwende noch gelingt. Der Geschäftsbetrieb, die Produktion und die Distribution liefen uneingeschränkt weiter, auch die Löhne und Gehälter der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien vollständig gesichert.

Das Unternehmen stellt unter anderem Aspecton her.Foto: APOTHEKE ADHOC

Das Unternehmen mit Sitz in Eitorf in Nordrhein-Westfalen hat beim Amtsgericht Bonn einen Antrag auf Durchführung eines vorläufigen Eigenverwaltungsverfahrens gestellt, der Beschluss wurde bereits erteilt. Geschäftsführer Torsten Förster nennt die Entscheidung einen „wichtigen Schritt in die richtige Richtung“. Ziel sei es, das Unternehmen wirtschaftlich zu stabilisieren und auf dem Markt neu aufzustellen.

Als Grund nennt der Hersteller aktuelle Herausforderungen wie gestiegene Energiekosten und die Nachwirkungen der Pandemie. Allerdings zeichnete sich der Niedergang seit Jahren ab. Nach dem Tod von Firmenchefin Ingeborg Viefhues im Juni 2011 hatte man zunächst versucht, die Marken neu zu positionieren und das Geschäft zu Wachstum zu führen. Die Investitionen in Marketing und Vertrieb kosteten Geld, und so gab es die ersten Jahre mit Verlusten.

Vertriebsrechte verkauft

2018 wurde die Strategie gewechselt: Für 14,5 Millionen Euro übernahm Hermes unter Geschäftsführer Jörg Wieczorek die Zulassungen und Vertriebsrechte für den deutschen Markt. Doch der erhoffte Befreiungsschlag blieb aus: Erst gingen Millionenbeträge für Abfindungen drauf, 50 der ursprünglich 200 Stellen fielen weg. Dann ließ die Pandemie die Nachfrage nach OTC-Mitteln einbrechen.

Auch Bromhexin gehört zum Portfolio.Foto: APOTHEKE ADHOC

Die seit Kriegsbeginn stark steigenden Kosten ließen sich mit den schmalen Margen aus der Lohnherstellung nicht mehr kompensieren; gleichzeitig waren Umbauten der in die Jahre gekommenen Produktion dringend notwendig. Obwohl 2022 wegen Zuwächsen auf der Einnahmenseite noch einmal mit einem positiven Ergebnis endete, waren für 2023 neuerliche Verluste von vornherein eingeplant.

Russland als Risiko

Erschwerend hinzu aber kommt, dass vor dem Krieg mehr als ein Drittel des Umsatzes in Russland erzielt wurde – der Angriff auf die Ukraine wurde daher schon vor zwei Jahren als bestandsgefährdendes Risiko ausgemacht: Während die Kosten für die Auslieferung und die Unsicherheiten mit Blick auf mögliche Zahlungsausfälle stiegen, blieben durch den Verfall des Rubel kaum Erträge übrig. Schon 2022 musste Krewel Meuselbach einen Millionenbetrag abschreiben.

Noch hoffen Management und Berater, dass die Sanierung gelingen wird. Die Einleitung des vorläufigen Eigenverwaltungsverfahrens habe jedenfalls keine Auswirkungen auf den laufenden Geschäftsbetrieb. Die Produktion in Eitorf sowie in Gehren in Thüringen würden vollumfänglich weitergeführt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden laufend über die Entwicklungen informiert, die Löhne und Gehälter seien durch das Insolvenzgeld gesichert. Das ermögliche dem Unternehmen die Bildung von Rücklagen und sei ein wichtiger erster Schritt im Sanierungsprozess.

Im Sanierungsverfahren soll die Kehrtwende gelingen.Foto: APOTHEKE ADHOC

Als Sanierungsexperten begleiten Jens Lieser und Dr. Martin Kaltwasser von der Kanzlei Lieser Rechtsanwälte das Verfahren als Generalhandlungsbevollmächtigte. Dr. Jens M. Schmidt von Runkel Rechtsanwälte wurde vom Gericht als vorläufiger Sachwalter bestellt. In den kommenden Wochen will das Unternehmen gemeinsam mit den Sanierungsexperten die Schritte für eine nachhaltige und wirtschaftlich tragfähige Neuaufstellung ausarbeiten und schrittweise umsetzen.

„Ein vorläufiges Verfahren in Eigenverwaltung bietet den Vorteil, dass die Sanierungsmaßnahmen effizient und im Interesse der Gläubiger durchgeführt werden können, während der Geschäftsbetrieb normal weiterläuft“, so Lieser. Kaltwasser ergänzt: „Durch die Antragstellung wird nun frühzeitig proaktiv gehandelt, dazu werden die Geschäftsabläufe umfassend analysiert sowie mit der Geschäftsführung der Krewel Meuselbach GmbH notwendige Anpassungen erarbeitet.“

Ingeborg Viefhues, Tochter des Firmengründers, hatte verfügt, dass die Firma nicht verkauft werden darf.Foto: Krewel Meuselbach

Noch in Familienbesitz

Krewel Meuselbach gehört zu den ältesten Pharmaherstellern in Deutschland. Während Krewel 1923 am heutigen Standort gegründet wurde, wurde die 1991 übernommene Firma Meuselbach aus Thüringen bereits 1745 erstmals urkundlich erwähnt. Auch nach dem Tod von Viefhues ist der Hersteller in Familienbesitz. In ihrem Testament hatte die Tochter von Firmengründer Dr. Ernst Georg Blank verfügt, dass das Unternehmen in wirtschaftlicher Selbstständigkeit fortzuführen sei. Über die Geschicke wachte bislang ein Beirat, zu dem neben einem Unternehmensberater und einem Apotheker auch Dr. Günther Auerbach von Dr. Pfleger gehört.

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