13.000 Euro Vorkasse verlangte die Bertelsmann-Tochter Arvato von Apotheken für eine Monatsdosis von Orkambi. Der Hersteller Vertex stellt jetzt klar, dass es „ein Missverständnis bezüglich unserer Geschäftspraxis zu geben scheint“.
„Dieses Missverständnis wurde scheinbar durch einzelne E-Mails verursacht, die unser Vertriebspartner an Apotheken in Deutschland verschickt hat“, erklärt eine Sprecherin. „Diese E-Mails wurden dahingehend fehlinterpretiert, dass es von unserer Seite eine einheitliche Vorauszahlungspraxis für alle Apotheken gibt. Wir möchten dringend darauf hinweisen, dass dies nicht korrekt ist.“
Die langfristige und bestmögliche Versorgung von Patienten mit Cystischer Fibrose (CF) stehe bei Vertex an erster Stelle, holt die Sprecherin aus. „Als Unternehmen ist uns an einer langfristigen und sicheren Geschäftsbeziehung mit unseren Partnern gelegen und wir möchten eine langfristige Zahlungssicherheit garantieren. Daher ist es gängige Geschäftspraxis, Bonitätsprüfungen durchzuführen, auf deren Basis Kreditrahmen anzubieten oder sich das Recht vorzubehalten, Kredite anzubieten.“
Für den Fall, dass es nicht möglich sei, einen Kredit anzubieten, könnten Vorauszahlungen erforderlich sein, räumt die Sprecherin ein. „Vertex möchte, dass alle Patienten so schnell wie möglich mit den ihn verschriebenen CF-Medikamenten versorgt werden können, da das Wohl der Patienten für uns oberste Priorität hat. Deshalb ist es uns ein Anliegen, allen Apotheken, wo immer möglich, einen Kredit anzubieten, um die Versorgung aller Patienten sicherzustellen.“
In den vergangenen Tagen hatten mehrere Apotheken eine Nachricht von Arvato im Auftrag von Vertex erhalten: „Gerne informieren wir Sie hiermit über die Änderung der Zahlungsbedingung auf Vorkasse. Bei zukünftigen Bestellungen erhalten Sie eine Proformarechnung. Damit wir die bestellte Ware versenden können, bitten wir Sie diese Rechnung auszugleichen. Sobald die Zahlung verbucht werden konnte, erhalten Sie von uns eine Auftragsbestätigung. Für weitere Fragen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.“
Zwei Apotheker hatten erklärt, dass Vorkasse für sie nicht in Frage kommt, schon gar nicht bei solchen Beträgen. „Aus diesem Grund müssen wir, obwohl ich das eigentlich ethisch nicht vertreten kann, den Patienten an eine andere Apotheke verweisen“, so Dr. Arnold Hertzsch von der Augustus-Apotheke in Dresden. „Bitte überdenken Sie diese auch und gerade für den sehr schwer kranken Patienten unseriöse und unethische Handlungsweise.“
Auch Dr. Axel Pricken von der Apotheke am Gätenbach in Neubrandenburg war empört über die Umstellung der Zahlungsbedingungen: „Alle vorherigen Rechnungen haben wir zwar ohne Skonto – wurde nicht angeboten – jedoch pünktlich bezahlt. Der Firma habe ich mitgeteilt, dass ich mit diesen Bedingungen nicht einverstanden bin. Ob ich dann mit einem grundsätzlichen Lieferstopp versehen werde?“
Die Deutschlandzentrale von Vertex sitzt in München und hat rund 30 Mitarbeiter, davon ein Drittel im Vertrieb. In den vergangenen Jahren hat es mehrere Veränderungen in der Geschäftsführung gegeben. Vertex bietet in Deutschland nur eine Handvoll Präparate an: Kalydeco (Ivacaftor), Orcambi (Ivacaftor/Lumacaftor), Symkevi (Ivacaftor/Tezacaftor) und Kaftrio (Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor). Alle Präparate liegen im Preissegment zwischen 6000 und 16.000 Euro und sind nicht über den Großhandel zu beziehen. 2019 summierten sich die Umsatzerlöse auf 230 Millionen Euro.
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