Lynparza bleibt im Versand stecken

Krebsmedikament: Therapieabbruch wegen Direktvertrieb Laura Schulz, 22.08.2024 15:03 Uhr

Apotheker Dr. Berthold Pohl bemängelt die Wege des Spezialversands. Nach neun Tagen Lieferzeit kam es bei seinem Patienten zur Therapieunterbrechung. Foto: Max-Weber-Platz-Apotheke
Berlin - 

Dr. Berthold Pohl von der Max-Weber-Platz-Apotheke in München bestellte für einen Patienten das Krebsmittel Lynparza (Olaparib). Das geht in Deutschland nur über die Phoenix-Tochter Virion; diese wiederum versendet nur mit dem Dienstleister Trans-o-flex. Für den Apotheker eine Konstruktion, die eigentlich unwürdig für das deutsche Gesundheitssystem ist. Denn: Aufgrund von Lieferverzögerungen bei Trans-o-flex kam es nun zu einer Therapieunterbrechung seines Patienten.

Lynparza zur oralen Tumortherapie von AstraZeneca sei nur über Virion zu bekommen und die Phoenix-Tochter habe auch keine anderen Möglichkeiten, als mit dem Vertragspartner Trans-o-flex zu liefern, so die Aussage, die der Apotheker vom Spezialhändler bekam. Hier hakte er nach, als die Bestellung nach einigen Tagen immer noch beim Versanddienstleister fest hing. „Ich habe am 13. August bestellt und heute immer noch keine Lieferung“, berichtet Pohl eine Woche später.

„Es ist jetzt de facto zu einer Therapieunterbrechung gekommen und damit auch zu einer Gefährdung des Patienten“, so der Apotheker verärgert. „Therapieabbruch – das kann schlimmste Konsequenzen haben für den Patienten. Dabei haben wir doch ein funktionierendes Großhandelsnetz!“ Zudem habe er von Virion die Aussage erhalten, dass es noch mehr Apotheken gebe, die warteten.

Spezialgeschäft gefährdet Patienten

„Eine Weltfirma wie AstraZeneca beschränkt sich auf einen Großhändler und der wiederum auf einen Logistiker – das finde ich einen absoluten Skandal“, moniert Pohl. Es sei Sache des Gesetzgebers, zu handeln und solchen Fällen vorzubeugen. Dass hier nicht ausnahmsweise auch mal ein Paket schnell an einen anderen Dienstleister übergeben werden könne, ist für den Pharmazeuten schwer nachvollziehbar.

„Das funktioniert so nicht. Das ist ein absolutes No-Go!“ Dieser Fall samt Therapieunterbrechung habe erneut gezeigt, dass hier umgedacht werden müsse. Da seien Arzneimittel schon lieferbar, beim normalen vollversorgenden Großhandel laufe alles – und dann gebe es solche Probleme mit Spezialmedikamenten, die am üblichen Versorgungsnetz vorbeigingen – „das ist einer G7-Nation nicht würdig“, befindet Pohl.

Hier sei „Verbohrtheit und Engstirnigkeit“ im System, wobei nach seinem Empfinden nur ein Beteiligter das Problem auf einen anderen schieben würde. Dabei könne solch ein Fall schwerwiegende gesundheitliche Folgen mit sich bringen. „Warum läuft das nicht über die regulären vollversorgenden Großhändler?“ Eine Notwendigkeit für die Einbindung solcher Spezialversender sieht Pohl nicht, von der Arbeitserleichterung in den Apotheken ohne diese zusätzlichen Bestellungen mal ganz abgesehen.

Sendung eingetroffen – nach neun Tagen

„Heute ist es dann eingetroffen“, meldet sich Pohl – neun Tage nach Bestellung. „Das hier war eine Katastrophe.“

Angesprochen auf diesen Fall heißt es von Virion: „Es kommt vereinzelt vor, dass wir durch eine Meldung aus einer Apotheke über Eilbedürftigkeit informiert werden, zum Beispiel aufgrund einer nicht vermeidbaren Lieferverzögerung in Verbindung mit akuter Versorgungsrelevanz für einen Patienten. In solch einem Fall bieten wir als Virion kulant und auf unsere Kosten eine Express-Kurierlieferung an, die das benötigte Arzneimittel im Regelfall innerhalb weniger Stunden in die jeweilige Apotheke bringt.“

Aus diesem Grund seien Apotheken in diesen Fällen aufgerufen, sich persönlich zu melden – was Pohl auch gemacht hat. Von einer Express-Kurierlieferung war seinen Angaben zufolge keine Rede.

Trans-o-flex: Apotheker hat alles richtig gemacht

Neben dem Apotheker vermeldete auch Trans-o-flex heute Vormittag eine erfolgreiche Zustellung. Pohl habe „absolut richtig gehandelt und sein Vorgehen ist auch anderen Apothekern zu empfehlen“: Wessen Lieferung sich verzögere, der solle das Unternehmen anrufen, bei dem die Bestellung aufgegeben worden sei. „Da der Versender zu jeder Bestellung die Sendungsnummer hat, kann der direkt in der Sendungsverfolgung von Trans-o-flex den jeweiligen Sendungsverlauf einsehen.“

Auch der Versender könne sich direkt bei seinem persönlichen Ansprechpartner im Kundenservice nach der offenen Sendung erkundigen, ebenso wie die Apotheker:innen. Auch hier hat Pohl sich erkundigt, ohne eine hilfreiche Antwort zu bekommen. „Am leichtesten ist es, wenn der Apotheker die Sendungsnummer von Trans-o-flex nennen kann“, heißt es weiter zu solchen Verzögerungen vom Versanddienstleister. Ein generelles Problem seien solche Verzögerungen nicht.

Konkrete Hinweise oder Erklärungen zu den Vorkommnissen im aktuellen Fall gibt es nicht, weder von Virion noch von Trans-o-flex.

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