Apotheker Günter Kraus will seinen Kunden nicht nur in seiner Apotheke am Markt in Pforzheim Kosmetikprodukte der Marke Dr. Hauschka anbieten, sondern auch über die beiden dazugehörigen Versandapotheken. Doch der Hersteller Wala hat ein Problem mit der „Bodyguardapotheke.com“ und „Versandapotheke.de“. Kraus wurde aufgefordert, die Kosmetikprodukte nicht mehr online zu verkaufen. Der Apotheker wehrt sich und droht mit dem Bundeskartellamt.
Wala hatte Kraus Ende Januar mitgeteilt, dass eine Autorisierung der beiden Webshops für den Verkauf der Dr. Hauschka Serie nicht erfolgen könne. Als Grund wurde unter anderem das Konzept des „virtuellen Schaufensters“ genannt: Nach dem Markenpartnerverträgen des Kosmetikherstellers dürfen Apotheken die Produkte nur im Internet verkaufen, wenn der Webshop genauso heißt wie die Apotheke vor Ort. Wala hatte diese Praxis auf Nachfrage bestätigt.
Die Apothekerfamilie Kraus war von der Absage überrascht, denn bislang hatte es mit Wala keine Probleme gegeben. Die erneute Autorisierung hatte man nur beantragt, weil die Versandapotheken innerhalb der Familiengruppe formal den Inhaber gewechselt hatten.
Auf das Schreiben aus Bad Boll hat Kraus nun seinerseits seinen Anwalt Philipp Brauns von der Kanzlei Diekmann aus Hamburg angesetzt. Kraus weist die Forderung von Wala „ausdrücklich zurück“, die Hauschka-Produkte nicht mehr online anzubieten. Der Hersteller soll sich verpflichten, ihn weiterhin zu beliefern.
Die im Markenpartnervertrag genannten „Qualitätskriterien“ stellten nur einen untauglichen Versuch da, einen offenbar unliebsamen Vertriebskanal auszuschalten, heißt es im Schreiben der Anwälte. Denn sachliche Gründe für die Sperre gebe es nicht. Allein ein unterschiedlicher Name habe noch keinen Einfluss auf die Produktpräsentation, ebenso wenig auf die Qualität der Beratung.
Das Beratungsargument von Wala lassen Kraus' Anwälte ohnehin nicht gelten: Wenn der Gesetzgeber schon den Versand verschreibungs- und apothekenpflichtiger Arzneimittel erlaube, ohne besondere Anforderungen an den Onlineauftritt der Apotheke zu stellen, müsse dies für Kosmetikprodukte erst recht gelten.
Zudem stehe bei beiden Versandapotheken die Apotheke am Markt als Betreiber im Impressum, sei also auch von den Kunden leicht zu ermitteln. In diesem Zusammenhang weist Kraus Anwalt auch noch darauf hin, dass es Wala mit der Namenskontrolle selbst offenbar nicht so genau nehme. Abweichende Namen gebe es etwa bei Medpex (Stifts-Apotheke), Besamex (Löwen-Apotheke), Shop-Apotheke (Europa Apotheek Venlo), Bioapo (Pestalozzi Apotheke) oder Fixmedika (Aartal Apotheke). Alle hätten Dr. Hauschka-Produkte im Sortiment.
Ein Internetvertriebsverbot habe überdies schon der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Jahr 2011 für unzulässig erklärt, so Anwalt Brauns. Weder das Prestige einer Marke noch die Notwendigkeit einer individuellen Beratung des Kunden und seines Schutzes vor einer falschen Anwendung der Ware könnten eine solche Einschränkung des Wettbewerbs rechtfertigen. Letztere sei bei Kosmetikprodukten sowieso unwahrscheinlich.
Die Regelungen sind daher aus Sicht der Rechtsanwälte kartellrechtswidrig und damit unwirksam. Man gehe daher davon aus, dass Wala nicht länger an der Aufforderung festhalte, den Verkauf über die Onlineshops binnen vier Wochen einzustellen.
Wala soll sich seinerseits mit Frist schriftlich erklären, dass die Apotheke am Markt auch weiterhin mit Ware beliefert werde, die für den Versand bestimmt ist. Ansonsten werde Kraus das Bundeskartellamt einschalten, das bekanntlich schon mehrfach wettbewerbsbeschränkende Klauseln in den Lieferverträgen moniert habe, heißt es.
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