Konditionenkürzung: Noweda zieht die Notbremse Alexander Müller, 21.03.2022 10:30 Uhr
Noweda kürzt den Apotheken die Konditionen. In einem Schreiben, das offenbar Apotheken im gesamten Bundesgebiet erhalten haben, werden Einschnitte ab Juni angekündigt. Der Großhändler begründet die Sparmaßnahmen ausführlich mit gestiegenen Lohn- und Energiekosten und dem wachsenden Anteil an Hochpreisern, die die Marge der Großhändler angreifen.
Nachdem in den vergangenen Wochen und Monaten bereits andere Großhändler Kürzungen angekündigt oder umgesetzt hatten, sieht sich nun auch die Noweda dazu gezwungen. Laut Vertriebsvorstand Udo Harneit wurden alle internen Sparmaßnahmen ausgeschöpft, es gebe „keine andere Möglichkeit“ als die Geschäftsbeziehung anzupassen. Die Noweda könne absehbar die zusätzlichen Belastungen wirtschaftlich nicht mehr auffangen kann, anderenfalls drohten „deutliche Leistungseinbußen“.
In welchem Umfang die Kürzungen erfolgen, lässt sich noch schwer abschätzen, da es sich um individuelle Vereinbarungen handelt. Ein Sprecher der Genossenschaft bestätigte gegenüber APOTHEKE ADHOC lediglich, dass entsprechende Schreiben an Apotheken verschickt wurden. Was sich abzeichnet, ist ein Mix aus Maßnahmen, mit denen die Apotheken ab Juni belastet werden sollen:
- Mindestlohn- und Energiekostenausgleich
- Anpassung des Rx-Packungsausgleichs (auch bekannt als Handelsspannenausgleich)
- Kürzung beim Skonto
- Kürzung der OTC-Konditionen
Zuletzt hatten schon mehrere Großhändler angekündigt, die steigenden Energiekosten auf die Apotheken umzulegen. Auch die Noweda verweist jetzt auf die Dieselpreise, die im Jahresvergleich deutlich über 30 Prozent gestiegen seien. Hinzu kämen die ebenfalls stark steigenden Gas- und Strompreise. Immerhin erzeugt Noweda nach eigenen Angaben mittlerweile rund 15 Prozent des eigenen Strombedarfs selbst, beispielsweise mit Solaranlagen auf den Dächern der Niederlassungen.
Noweda unter Druck
Doch das reicht offenbar nicht mehr aus. Die Noweda sieht „mit Blick auf die Gesamtsituation […] keine andere Möglichkeit, als unsere Geschäftsbeziehungen anzupassen“. Die Genossenschaft betont, keinen Dritten verpflichtet zu sein: „Es gibt niemanden, der von Noweda profitiert – außer Apothekerinnen und Apotheker.“
Zwar haben auch die Großhändler in der Corona-Pandemie mit der Impfstofflogistik neue Einnahmen erzielen können. Doch das hat laut Noweda „nur kurzfristige Entspannung“ gebracht. Die Organisation sei überdies mit einem erheblichen Ressourceneinsatz verbunden gewesen. Weil immerhin die Vergütung „angemessen“ gewesen sei, hätten „zumindest temporär ausreichende Ergebnisse erzielt werden“ können. Doch mit der stark sinkenden Zahl der Impfungen brechen auch diese Erträge weg. Das Problem mit den Sondereffekten im Ergebnis kennen die Apotheken selbst sehr gut.
Mindestlohn belastet Großhändler
Die Noweda begründet die jetzt anstehenden Kürzungen recht ausführlich. Die Umsetzung der EU-Fälschungsrichtlinie und der GDP-Leitlinien etwa habe die laufenden jährlichen Betriebskosten in die Höhe getrieben. Auch die bereits erfolgten Erhöhungen des gesetzlichen Mindestlohns hätten zu zusätzlichen Aufwendungen geführt. Und im Oktober steht ein größerer Sprung auf dann 12 Euro an. Schon seit Jahren beklagen die Großhändler eine Zunahme der Hochpreisartikel, die aufgrund des gedeckelten Honorars auf die Marge drücken.
Die Noweda hatte 2020 erstmals nach mehr als 30 Jahren bereits die Dividende für die Mitglieder gekürzt. Zwar sind 8,5 Prozent immer noch mehr als beachtlich, bis dahin waren aber 11 Prozent quasi in Stein gemeißelt. Der neue Wert wurde auch im vergangenen Jahr beibehalten. Der Jahresüberschuss lag bei 40 Millionen Euro, etwa die Hälfte davon war an die 9341 Mitglieder ausgeschüttet worden.
Eigentlich wollte der Großhandelsverband Phagro angesichts der seit Jahren unveränderten Rahmenbedingungen bei der Politik mit dem Wunsch nach einer Honorarerhöhung vorsprechen. Doch der Zeitpunkt dafür scheint denkbar ungünstig: Im Bundesgesundheitsministerium (BMG) wird derzeit am ersten Sparpaket der Ampel-Koalition im Gesundheitswesen gestrickt. Die Großhändler sind davon zwar nicht betroffen, dürften aber kaum mit eigenen Forderungen durchdringen. Schlecht für die Apotheken: Sie werden von der Politik womöglich mit einer Erhöhung des Kassenabschlags belastet und von der anderen Seite mit schlechteren Konditionen.