Das abgelaufene Geschäftsjahr hätte schlechter laufen können für den Automatenhersteller Rowa: Erstmals wurden nach Unternehmensangaben in einem Jahr mehr als 600 neue Anlagen verkauft, der Umsatz sei um mehr als 10 Prozent gestiegen. Doch während man in Apotheken hierzulande unangefochten Marktführer ist, steckt das Geschäft mit Krankenhäusern noch in den Anfängen. Jetzt ist Rowa mit einem Großprojekt in der Mainzer Uniklinik ein erster großer Schritt in diesem Wachstumsmarkt gelungen.
15 Meter lang und 4 Meter breit – die Universitätsklinik in Mainz verfügt jetzt über den größte Kommissionierer in einer deutschen Krankenhausapotheke. Die einzelnen Kliniken und Institute fordern täglich 4000 Packungen in der Apotheken an, rund 80 Prozent davon erhalten sie ab sofort vollautomatisch aus zwei Rowa Vmax-Kommissionierern.
Die Universitätsmedizin Mainz besteht aus über 60 Fachkliniken mit insgesamt rund 1500 Betten. Dort werden jährlich über 65.000 Patienten stationär versorgt. Die Arzneimittelanforderungen der Stationen gehen auf elektronischem Wege bei der Apotheke ein. Dort kontrollieren die Mitarbeiter die Order und leiten sie an den Kommissionierer weiter. Der Roboter rechnet dann selbstständig aus, wie viele der genormten Transportboxen für die Bestellung benötigt werden. Die Boxen sind mit einem Barcode versehen, um eine eindeutige Zuordnung jederzeit zu ermöglichen.
Die Leiterin der Arzneimittelausgabe, Dr. Mareike Kunkel, freut sich darüber, dass der Kommissionierer die automatische Einlagerung übernimmt und diese nicht mehr manuell erfolgen muss. Der zweite große Vorteil ist laut Kunkel die Verfallskontrolle: Mussten früher alle Packungen zweimal jährlich einzeln herausgenommen und kontrolliert werden, kann verfallkritische Ware jetzt automatisch ausgelagert werden.
Weil jede Packung vor der Einlagerung gescannt wird, ist auch ein Chargenrückruf möglich. Die betroffenen Arzneimittel können per Knopfdruck automatisch ausgelagert werden. Das ist vor allem für Arzneimittel mit Dokumentationspflicht von Bedeutung. Zu den chargenpflichtigen Produkten zählen etwa Blutgerinnungsfaktoren, Immunglobuline und andere Arzneimittel, die aus Blutspenden hergestellt werden.
Auch die Inventur geht bei mehr als 50.000 Artikeln natürlich bequemer. Das Apothekenteam soll sich so künftig deutlich mehr mit der Beratung befassen können. Die Verwaltung der Aufträge und Bestände soll ebenfalls vereinfacht werden, weil das Lagerverwaltungssystem über ein automatisches Berichtswesen verfügt.
Die Universitätsmedizin hat sich für zwei identische Kommissionierautomaten – und somit für eine gespiegelte Anlage – entschieden. „Wenn einer der beiden Kommissionierautomaten ausfällt, steht immer noch der andere zur Verfügung“, sagt die Direktorin der Apotheke der Universitätsmedizin Mainz, Professor Dr. Irene Krämer. Bei dem Vorgängermodell, einem Halbautomaten, mussten die Mitarbeiter der Apotheke morgens immer noch die Schächte selbst befüllen.
Die Arzneimittel sind in den beiden neuen Automaten auf 22 Grad Celsius klimatisiert. Kühlpflichtige Ware und Betäubungsmittel (BtM) müssen aber nach wie vor per Hand kommissioniert werden. Die Fehlerquote des Roboters liegt laut Rowa bei unter 0,1 Prozent.
Der erste vollautomatische Kommissionierer, der die Ware sowohl ein- als auch auslagert, wurde 1995 im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf installiert. Der Hersteller KHT mit der Tochter Apostore ist Marktführer in diesem Segment.
Rowa hat erst vereinzelt Roboter in Kliniken stehen, allerdings war man im Ausland aktiver, vor allem in Großbritannien. Und die Firma aus Kelberg sieht in dem Segment – wie auch im Geschäft mit Großhändlern – einen Wachstumsmarkt. Immerhin kommt auch Care Fusion aus dem Klinikbereich. Der US-Medizintechnikkonzern aus Kalifornien hatte Rowa 2011 übernommen und ist auf Produkte und Dienstleistungen für Krankenhäusern spezialisiert.
APOTHEKE ADHOC Debatte