Greifer-Konkurrenz aus Verona Alexander Müller, 13.08.2014 11:28 Uhr
Der Markt für Kommissionierautomaten in deutschen Apotheken ist umkämpft. Hinter dem Marktführer Rowa haben sich mit Apostore, Gollmann, KLS oder Mach4 weitere Hersteller in der Offizin etabliert. Jetzt versucht ein Neuling den Aufschlag: Pharmathek hat hierzulande zwar erst zwei Automaten aufgestellt, dafür aber einen echten Prinzen als Inhaber und zwei „alte Hasen“ für den Vertrieb.
Pharmathek wurde 2007 gegründet und hat seinen Sitz im italienischen Verona. Das ist auch der Wohnsitz des Inhabers, Prinz Alexander von und zu Liechtenstein. Der gelernte Banker hat eine Schwäche für alles, was mit Automatisierung und dem Ingenieurwesen im Allgemeinen zu tun hat. Etwa 150 Kommissionierer stehen nach Unternehmensangaben bereits in Apotheken in Italien, Spanien und Frankreich.
Jetzt soll der deutschsprachige Raum inklusive Österreich und der Schweiz erschlossen werden. Diese Aufgabe übernimmt Geschäftsführer Roland Huber vom baden-württembergischen Standort Lauffen aus. Huber hatte bis zum Jahreswechsel für das Softwarehaus Lauer-Fischer die Vertriebsaktivitäten im Süden und Südwesten koordiniert. Ihm zur Seite steht Vertriebsleiter Manfred Ezel, der früher für Konkurrent Rowa tätig war.
Seit Anfang des Jahres ist Pharmathek in Deutschland aktiv. Im vergangenen Jahr wurden Software und Bedienungsanleitung ins Deutsche übersetzt. Die Kommissionierer sind baugleich mit denen, die in den anderen Märkten zum Einsatz kommen – das Rad muss also nicht neu erfunden werden. Lediglich die Höhe der Regale variiert wegen der verschiedenen Packungsgrößen je nach Markt.
Technisch ähneln die Automaten auf den ersten Blick denen von Rowa. Die Gehäuse sind länglich geschnitten, ein Greifer holt die Packungen aus den Regalen. Eine automatische Einlagerung gibt es ebenfalls. Über die ADAS-Schnittstelle funktionieren auch die Pharmathek-Kommissionierer mit jeder gängigen Apothekensoftware.
Ein Vorteil ist laut Huber, dass die Historie aus der Warenwirtschaft sofort übernommen werden kann. Damit müsse der Automat nicht erst im laufenden Betrieb lernen, was Schnell- und Langsamdreher sind. „Der Automat weiß vom ersten Tag an, was er zu tun hat“, so Ezel.
Auf der Expopharm sollen die Kommissionierer offiziell vorgestellt werden. Im Vertrieb dürfte der süddeutsche Raum vorerst Schwerpunkt bleiben, schon aus praktischen Gründen: Wie für alle Newcomer wird der Service eine große Herausforderung für Pharmathek. Die Techniker müssen möglichst ausgelastet sein, trotzdem sind kurze Anfahrtszeiten im Kommissioniergeschäft essenziell – falls einmal ein Automat komplett ausfällt. 80 Prozent der Probleme ließen sich aber durch Fernwartung klären, sagt Ezel. Und die Mitarbeiter in der Servicezentrale in Verona könnten sich nicht nur auf Italienisch verständigen.
Aktuell gibt es hierzulande zwei laufende Projekte – in Regensburg und Radebeul – und zwei in Österreich. Zielmarken hat man sich in Lauffen nicht gesetzt, jedenfalls werden sie nicht kommuniziert. „Wir wollen ein gesundes Wachstum. Wichtig ist, dass es keine Reklamationen gibt“, sagt Huber.
Über Kampfpreise soll der Markt nicht aufgebrochen werden: Ein Kommissionierer mit Platz für 9000 Packungen soll inklusive Aufbau und Schulung rund 75.000 Euro kosten. Da vor allem Platzhirsch Rowa den Mitbewerbern aktuell gehörig Druck mache, sei der Zeitpunkt für einen Markteintritt ehrgeizig, sagen Insider.
Huber und Ezel setzen deshalb auf ihre Erfahrung im Markt und wollen den Apotheken eine umfassende Beratung bieten. „Die Organisation in der Apotheke muss komplett umgestellt werden“, sagt Ezel, der das Geschäft seit 13 Jahren kennt. Die meisten Apotheken arbeiteten so weiter wie bisher, weshalb die Automaten kaum je richtig genutzt würden.
Bei Pharmathek gehört daher zu jeder Installation eine zweitägige „Unternehmensberatung“, bei der sämtliche Abläufe durchgesprochen werden sollen. Nach einem halben Jahr gibt es eine weitere Schulung.