Kommentar

Am Graumarkt gescheitert

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Berlin -

Apothekenkosmetik wird es künftig bei dm nicht mehr geben. Das ist eine gute Nachricht für Apotheken. Denn die Hersteller sparen bei den vermeintlich apothekenexklusiven Produkten nicht mit TV-Werbung und Anzeigen in populären Frauenmagazinen. Der Rückzug könnte Kundschaft und Umsatz zurück in die Offizin bringen. Die Drogeriekette musste erfahren, dass der Graumarkt offensichtlich Lücken hat – und zwingt sich zu einer radikalen Entscheidung. Die Apotheken können nur gewinnen. Anders die Hersteller. Ein Kommentar von Carolin Bauer.

Auch wenn Kosmetik in eine Drogerie gehört, hat sich dm lange sehr selbstverständlich als Anbieter apothekenexklusiver Ware präsentiert. Fragen zu den Bezugsquellen wurden von der dm-Führung einfach weggelächelt. Nur in einem Punkt ließ man in Karlsruhe keine Zweifel aufkommen: Dass genug Ware im Markt verfügbar sei, um den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Ziel war keine Aktionsschütte mit Apothekenprodukten, sondern ein breites und tiefes Sortiment der gefragten Kosmetiklinien.

Und tatsächlich standen Apotheker oft staunend vor den Regalen und konnten die Packungen kaum zählen. Das weckte Misstrauen gegenüber den Herstellern. Die verteufeln offiziell den Graumarkt und fühlen sich zuvorderst als Leidtragende. Die einhellige Meinung: Es gibt nur einen kleinen Handlungsspielraum, um gegen Ware auf Abwegen vorzugehen. So schob die Industrie Apothekern oder Großhändlern die Schuld in die Schuhe.

Ob Depotverträge, 2D-Codes auf Packungen oder GPS-Sender in Kisten – dem Graumarkt schien lange Zeit nicht beizukommen. Doch jetzt zeigen die internen strengen Kontrollen großer Anbieter offenbar Wirkung: dm kann nicht mehr genug Ware aus dem Markt saugen, um in der Fläche präsent zu sein. Es spricht für das Selbstverständnis des Marktführers, dann lieber konsequent die Finger davon zu lassen.

Ein Grund dürfte die geringe Marge im Graumarkt sein. Denn wenn Zwischenhändler zum Herstellerabgabepreis ein- und weiterverkaufen, bleibt angesichts der Niedrigpreisstrategie der Drogerie wenig hängen. Die Händler müssen also auf Masse gehen, um die geringe Marge auszugleichen. Nur werden ihre Bestellungen mittlerweile von extra zusammengestellten Teams beim Hersteller aufmerksam verfolgt.

Damit setzt sich das Dilemma in der Drogerie fort: Marge oder Masse. Natürlich gibt es auch in diesen Märkten Prestigeprodukte, bei denen nicht so genau auf die Spanne geschaut wird. Aber dm hat ohnehin ein breites Sortiment und ein sehr stringentes und professionelles Produktmanagement. Was sich nicht rechnet, fliegt raus. Und offenbar gehen Kundinnen, die für eine gute Beratung einen entsprechenden Preis zahlen, doch lieber in die Apotheke.

Die Entscheidung aus Karlsruhe kommt trotzdem überraschend: Immerhin hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren vehement versucht, sich ein Image als hochwertiger Kosmetikanbieter aufzubauen. Nur die Lieferungen gingen eben zuletzt nicht mehr so verlässlich ein, wie sich das Management das vorgestellt hat.

Die Hersteller müsste diese Entscheidung freuen. Immerhin haben sie immer gepredigt, die beratungsintensive Kosmetik gehöre in die Apotheke. Ob die Freude über den Rückzug tatsächlich groß ist, wird sich zeigen. Falls die preisverwöhnte Drogeriekundin weder Einkaufsort noch Kosmetikbudget ändern will, könnte den Unternehmen letztlich Umsatzverlust drohen. Für Apotheker und Hersteller gilt jedoch gleichermaßen, dass der Spuk mit dem dm-Rückzug nicht vorbei ist: Rossmann, Müller & Co. sowie Online-Discounter bleiben.

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