Kommentar

Pick-aus

, Uhr
Berlin -

Petra Schäfer hatte es auf den Punkt gebracht: Für dm bedeuteten Pick-up-Stellen vor allem eines: Imagegewinn. Verriet die Geschäftsführerin schon 2010. Seit Anfang des Monats ist sie nicht mehr bei dm, Pick-up-Stellen demnächst auch nicht mehr. Das Ende einer Geschäftsidee.

Lange und hart hatte die Drogeriekette für ihre Rezept-Sammel-Arzneimittel-Abhol-Stellen gekämpft. Die Gerichte gaben schließlich grünes Licht, die Politiker gaben den Apothekern jahrelang leere Versprechungen. So hitzig gestritten wurde, so still ist es heute. Über Pick-up-Stellen reden nur noch die Krankenkassen gelegentlich, wenn sie die Apotheker ärgern wollen.

Schäfer hatte relativ offenherzig erklärt, dass es bei der Kooperation mit Versandapotheken gar nicht so sehr ums Geld gehe. Was die Drogeriekette vor allem wollte: endlich Teil der Gesundheitsversorgung werden. Wäre das Fremdbesitzverbot gefallen, hätte vielleicht auch die Apothekenpflicht gewackelt, dann hätte dm eine exzellente Ausgangsposition im Markt gehabt. Und Shop-in-Shop-Systeme mit einem Rx-Counter in einer Ecke der Filiale wären dann eine wirkliche Bedrohung für die Apothekenlandschaft gewesen.

Doch die radikale Liberalisierung kam nicht. Und damit war das rechtlich schon grenzwertige Pick-up-Konzept in der Praxis von jeher zu kompliziert. Wer glaubt, dass ein selbsterklärender Touchscreen heute ausreicht, muss sich nur einmal die Gesichter der Kunden an den Self-Checkout-Kassen in Testsupermärkten ansehen. Gegenüber Apotheken war und ist der Pharma Punkt einfach nicht konkurrenzfähig.

Dabei ließen sich anfangs viele von dem scheinbar schnellen Geld locken, der Markt zeigte teilweise skurrile Auswüchse: In Tankstellen wurden vorübergehend Rezepte gesammelt, in Edeka-Märkten, Blumenläden, Textilreinigungen und in einer Ikea-Kommode. Die Drogerien fanden das plötzlich selbst unheimlich und forderten prompt die Drogeriepflicht für Pick-up-Stellen. Ein Sachkundenachweis für Arzneimittel als maßgebliches Qualitätskriterium – für dumm verkaufen ließ sich der Gesetzgeber nicht.

Trotzdem starben die meisten Konzepte schnell wieder aus. Mit der Insolvenz der Drogeriekette Schlecker verlor auch die hauseigene Versandapotheke Vitalsana ihre Bestellpunkte. Konkurrent Rossmann hatte nie auf Pick-up-Stellen gesetzt, die Versandapotheke DocMorris nur einen halbherzigen Testballon in Schleswig-Holstein steigen lassen. Und das Pick-up-Konzept „Vorteil24“ in Apotheken war schlicht und einfach illegal.

Nur dm hielt noch lange an der Idee fest. Nach der Flucht oder dem Abschuss der Europa Apotheek Venlo (EAV), durfte sich „Zur Rose“ als Partner versuchen. Ob die anfänglichen Engpässe tatsächlich dem euphorisch beklagten Kundenansturm oder der eigenen Unfähigkeit geschuldet waren, ist heute nicht mehr von Belang.

Jetzt verschwinden die Pharma Punkte aus den Filialen. Denn gerade bei optimierten Shopsystemen wie dm ist jeder Quadratmeter Laden- und Regalfläche bares Geld wert. Nur an der Kasse darf der Abholzettel des Versenders noch abgegeben werden, zusammen mit der Payback-Karte und dem Schnipsel für die Urlaubsfotos. Statt einer „Apotheke-Light“ ist dm zum Paketshop geworden in Sachen Arzneimittelversorgung.

Eine „apo-im-dm“ bleibt: Die URL verlinkt noch heute auf die Homepage der Europa Apotheek Venlo – als Zeugnis langsam verblassender Träume.

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