Kommentar

Großhandel auf Identitätssuche

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Berlin -

Als Ludwig Merckle vor drei Jahren Ratiopharm verkaufte, um unter

anderem Phoenix zu retten, staunten Beobachter nicht schlecht. Sicher,

das Generikageschäft sei schwierig, hieß es. Aber im Großhandel sei doch

erst recht kein Geld zu verdienen. Das gilt heute mehr denn je zuvor.

Bei dem Versuch, sich neu zu erfinden und aus der Sandwich-Position zu

befreien, drohen einige Unternehmen ihre Identität und damit Mitarbeiter

und Kunden zu verlieren.

Genauso wie die Apotheken steht auch der Großhandel mit dem Rücken zur Wand. Die gesetzlich zugestandenen Margen sind auf ein Minimalmaß gestutzt, dazu kommt der Wettbewerbsdruck. Was aber bleibt als Ausweg, solange Apothekenketten verboten sind? Die Antwort bei Alliance, Celesio, und Phoenix lautet: Sparprogramm und neue Dienstleistungen.

Schon vor Jahren hatten die Großhändler entdeckt, dass man nicht nur zu den Apotheken freundlich sein muss, sondern dass auch die Pharmahersteller Kunden sein können. Neben Logistiksparten für Firmen, die eine direkte Kundenbeziehung zur Apotheke wünschten, gab es Marketingabteilungen und Verpackungsdienstleister, Leihaußendienstler und Markeinführungsexperten, Organisationsbüros für klinische Studien und vieles mehr.

Doch irgendwie kamen die neuen Geschäftsmodelle nicht so recht voran, und so mistete beispielsweise der neue Celesio-Chef Markus Pinger erst einmal aus, bevor er sein neues Konzept „End-to-end-Supply-Chain“ präsentierte. Das unterscheidet sich zwar inhaltlich gar nicht so sehr vom alten Modell, doch das Maß der Verzahnung ist ein anderes.

Anstelle von Einkäufern auf der einen und Vertriebsmitarbeitern auf der anderen Seite sollen künftig Kundenbetreuer den kompletten Weg des Arzneimittels steuern. Ganz nach dem Vorbild von Fullservice-Anbietern wie Arvato kann der Hersteller selbst entscheiden, welche Dienstleistungen er in Anspruch nimmt und welche nicht. Von außen lässt sich gar nicht mehr erkennen, was outgesourct ist und was nicht.

Nach demselben Prinzip wandeln sich derzeit alle drei Pharmahandelskonzerne vom reinen Großhändler zur Logistikagentur mit integriertem Ansatz. „One“ heißt das Konzept bei Celesio, „All-in-one“ bei Phoenix, schlicht „Manufacturer Services“ bei Stefano Pessinas Alliance.

Doch nicht nur die potenziellen Kunden sind noch zurückhaltend, auch die Angestellten in den Unternehmen selbst sind kritisch. Vor allem die neuen Strukturen und Hierarchien drohen viele altbewährte Mitarbeiter zu überfordern.

Bei den Apothekern wiederum wächst die Befürchtung, neben Benu, Boots und Lloyds auf einen Nebenrolle reduziert zu werden. Man biete Herstellern eine effiziente Distribution, warb Pinger bei der letzten Hauptversammlung in Stuttgart. Und einen „besseren Zugang zu den Endkunden“.

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