Eine Tour am Tag, 3 Prozent Rabatt auf (fast) alles. Mit diesem neuen
Ansatz will der Newcomer „AEP direkt“ für Bewegung am Großhandelsmarkt
sorgen – zur Not eben erst dann, wenn die allgemeine Rabattschlacht
irgendwann endet und die Konditionen wieder in den Keller gehen. Auch
wenn die Mitbewerber sich betont gelassen geben: Die Branche sieht bei
AEP ganz genau hin. Vielleicht kommt der neue Konkurrent auch gar nicht
überall ungelegen.
„Vollkommen überflüssig“, lautet der Kommentar der etablierten Großhändler zu AEP unisono. Wenn die Apotheken weniger Lieferungen bräuchten, könnten sie das gerne haben – dafür bräuchte es keinen neuen Anbieter am Markt. In den vergangenen Jahrzehnten habe es trotz ähnlicher Vorstöße jedenfalls keine Entwicklung in diese Richtung gegeben.
Das ist freilich nur die halbe Wahrheit, denn mit 126 Niederlassungen steckt die Branche in der Kostenfalle: Eine Tour am Tag würde nicht nur so manche PKA den Job kosten, sondern auch das geschäftliche Treiben in den Vertriebszentren auf schmale Zeitkorridore reduzieren. Wer nur einmal liefert, kann seine Mitarbeiter zeitig nach Hause schicken und die Lagerhallen zusperren. Doch das wäre natürlich nicht im Sinne der Auslastung.
Schon vor drei Jahren lehnte Phagro-Chef Dr. Thomas Trümper die Idee einer Tourenreduktion als ökonomischen Unsinn ab: Würde der Großhandel weniger oft in die Apotheken fahren, müsste dort der Lagervorrat erhöht werden. Der damalige Celesio-CEO Dr. Fritz Oesterle wiederum klagte 2008 über Überkapazitäten in der Branche. Seitdem stieg die Zahl der Großhandelsniederlassungen – während gleichzeitig die Zahl der Apotheken sank.
Vielleicht markiert ausgerechnet der Auftritt von AEP einen Wendepunkt, der am Ende auch für die Apotheken unerwartete Folgen haben könnte. Denn wenn das Modell tatsächlich salonfähig wird, könnte auch der eine oder andere Mitbewerber in Versuchung geraten.
Dann könnten nämlich unrentable Vertriebszentren aufgegeben werden, ohne dass gleich weiße Flecken auf der Landkarte entstehen. Eine Tour am Tag lässt sich auch über größere Entfernungen realisieren.
Gehe-Chef André Blümel macht zumindest Andeutungen, dass die Debatte ihm nicht gänzlich ungelegen kommt. Gerade beim Stuttgarter Großhändler halten sich hartnäckig Gerüchte, dass sich im Osten längst nicht mehr jeder Standort lohnt. Der neue Eigentümer des Mutterkonzerns zeigt, wie man mit 44 Niederlassungen einen ganzen Kontinent beliefern kann.
Auch wenn es bei Gehe angeblich keine Schließungspläne gibt: Angesichts der angespannten Ertragslage könnte ein Befreiungsschlag irgendwann unvermeidlich sein, und zwar nicht nur bei der Celesio-Tochter. Am Ende bestimmt die Nachfrage das Angebot.
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