Kommentar

Der Kuckuck und die Zechpreller

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Berlin -

Rx-Boni waren lange umstritten. Waren, Präteritum. Heute könnte die Rechtslage kaum klarer sein: Die Elite der Jurisprudenz – der Gemeinsame Senat der obersten Bundesgerichte – entschied schon 2012, dass gleiches Recht für alle gilt. Der Gesetzgeber hat noch einmal klar formuliert, dass sich auch Versandapotheken aus dem Ausland an die Spielregeln halten müssen. DocMorris sieht das nicht ein, lässt sich immer wieder verklagen – und prellt dann die Zeche.

DocMorris hat wie jeder andere das Recht, das eigene Geschäftsmodell vor Gericht zu verteidigen. Die Niederländer machen das auch leidenschaftlich gern. Nur fühlt man sich in Heerlen offenbar nicht an Gerichtsentscheidungen gebunden, die entgegen der eigenen Interessen ausfallen.

Immer wieder und meistens relativ unverhohlen verstößt die Versandapotheke gegen das Boni-Verbot, immer wieder verhängen zusehends genervte Gerichte deswegen Ordnungsgelder, in Summe 850.000 Euro sind es zur Stunde. Ob sich das überhaupt noch lohnt, fragen sich Apotheker hierzulande und rechnen ihre eigenen Umsätze hoch. DocMorris hat eine Antwort: Es lohnt sich, solange man einfach nicht zahlt.

Juristen sehen es als Strickfehler im Versandapothekengesetz der damaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), dass ausländische Versender hierzulande keine Zulassung beantragen müssen. Notorischen Rechtsbrechern wie DocMorris wäre ansonsten schon längst verboten worden, Patienten zu versorgen: Approbation und Betriebserlaubnis hängen an der Zuverlässigkeit.

Bei DocMorris klaffen Anspruch und Wirklichkeit immer weiter auseinander: Im Berliner Politikbetrieb versucht sich die Versandapotheke mit neuen Konzepten als die bessere Apotheke zu verkaufen. Doch Scheininnovationen wie Busse und Video-Chats zünden nicht, deshalb klammert sich DocMorris so verzweifelt an den Rezeptbonus. Nach der Gesetzesklarstellung zu den Boni soll Europas führende Versandapotheke 80 Prozent ihrer Neukunden verloren haben, hieß es 2013. Außer illegalen Rabatten hat DocMorris seinen Kunden anscheinend nicht viel zu bieten.

Überhaupt hat das Image der Marke in den vergangenen Jahren Schaden genommen: Seit der Pleite vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Sachen Fremdbesitzverbot gibt es wenig Positives zu vermelden. Zwar mag die Versandapotheke am Markt erfolgreich sein, ob dahinter auch ein betriebswirtschaftlicher Erfolg steht, ist aber eine ganz andere Frage. Auf dem Papier steht nur, dass Celesio den Laden mit hohen Verlusten wieder verscherbelt hat.

Wie es um den eigenen Ruf bestellt sein wird, wenn demnächst Gerichtsvollzieher bei den deutschen Geschäftspartnern von DocMorris vorbeischauen und den „Kuckuck“ kleben, kann sich jeder selbst ausrechnen. Entsprechend dünnhäutig reagiert man bei DocMorris auf Nachfragen zu den Vollstreckungsmaßnahmen: Strategiechef Max Müller weiß nach eigenen Angaben nicht, ob Ordnungsgelder bezahlt würden oder nicht. Und wenn er es wüsste, würde er es nicht sagen. Das sagt eigentlich alles.

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