Buchtipp

Klosterfrau: Wie warmherzig war die Nonne hinter dem Melissengeist?

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Berlin -

Klosterfrau kennt jeder, aber nur wenige Menschen wissen, dass der Kölner OTC-Hersteller tatsächlich auf eine Nonne zurückgeht. Jetzt wurde die Lebensgeschichte von Maria Clementine Martin in Buchform aufgearbeitet – als „kritischer Rückblick“, wie die Autoren sagen.

Wilhelmine Martin, so der bürgerliche Name, wurde 1775 als Offizierstochter in Brüssel geboren und wuchs später in Jever auf. Im Alter von 16 Jahren trat sie in das Kloster St. Anna in Coesfeld ein, später kam sie nach Glane. Als das dortige Kloster Marienflucht 1811 aufgelöst wurde, zog sie nach Tirlemont in die Nähe von Waterloo, ehe sie in Münster eine neue Heimat fand.

1826 begann sie am Fuß des Doms in Köln damit, Kölnisch Wasser und Melissengeist herzustellen. Als Startkapital diente ihr eine jährliche Rente von 160 Goldtalern, die sie für ihren Einsatz als Sanitäterin auf dem Schlachtfeld von Waterloo 1815 vom preußischen König Friedrich Wilhelm III zuerkannt bekommen hatte. Die Unternehmerin gewordene Geistliche ist erfolgreich; als sie 1843 stirbt, erbt ihr ehemaliger Gehilfe Peter Gustav Schaeben die Firma.

In ihrem Buch „Kölnisch Wasser und Melissengeist“, erschienen in der Reihe „Persönlichkeit im Zeitgeschehen“ des LIT-Verlags, widmen Georg Schwedt und Helmut Heckelmann der bewegten Lebensgeschichte der ehemaligen Ordensfrau. Anhand verschiedener Quellen spannen die Autoren den Bogen von Elternhaus und Jugend über die Zeit im Kloster und als Sanitäterin bis hin zur unternehmerischen Tätigkeit in Köln. Beleuchtet werden die Erfindung des Melissengeistes und die damit verbundenen Rechtsstreitigkeiten sowie die mutmaßliche Zusammenarbeit mit der Apothekerfamilie Franck.

Anders als andere Autoren kommen die beiden Verfasser in ihrer „kritischen Rückschau“ zu dem Ergebnis, dass Martin eine wenige warmherzige Frau war. Mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln habe sie ihr Geschäft gegen die Konkurrenz verteidigt. Auch gegen Kritiker der katholischen Kirche sei sie rigoros vorgegangen. Sogar eine gewisse Verbitterung wollen die Autoren aus den Quellen herausgelesen haben.

Die kritische Distanz kommt nicht von ungefähr: Heckelmann ist Jurist, er vertrat in den 70er-Jahren einen Mandanten, dem Klosterfrau auf juristischem Weg eine Rezeptur abnehmen wollte. Seitdem ließ ihn das Thema nicht mehr los, 2014 promovierte er in Regensburg zur Gründerin. Schwedt ist Lebensmittelchemiker und Autor zahlreicher Fachbücher.

Ebenfalls vor kurzem erschien als Neuauflage „Schwester Melisse: Die Klosterfrau von Köln“ im Verlag St. Benno. In dem biografischen Roman der Kölner Autorin Tanja Schurkus, erstmals erschienen 2014 im Brunnen-Verlag, geht es vor allem um jene Jahre, die die Gründerin in Köln verbracht hat. Um diese Periode drehte sich auch das 2008 erschienene Werk „Die Klosterfrau“ von Magdalena Imig. Das jetzt neu herausgegebene Buch endet mit dem Zitat: „Ich bin nur eine arme, alte Nonne, die in stürmischen Zeiten lebt.“

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