Klosterfrau will nach dem Urteil des Landgerichts Köln zu seinem Indikationstisch nicht in Revision gehen – sondern das Konzept ändern: „Wir behalten uns vor, den Indikationstisch in anderer und zulässiger Form weiter zu nutzen“, sagt Vertriebsleiter Dr. Thomas Biegert. Details verraten will er noch nicht.
Der Kölner Hersteller hatte vor einem Jahr begonnen, in Apotheken sogenannte Indikationstische mit Leerpackungen von apothekenpflichtigen Produkten wie Neo-Angin, Soldeum und Nasic aufzustellen. Die Dummies konnten Apothekenkunden am HV-Tisch gegen Originalware eintauschen. Zuletzt war der Aufsteller in rund 2000 Apotheken vor allem in Ballungsräumen zu finden. Die Wettbewerbszentrale hatte die Aktion abgemahnt.
Die Richter erklärten das Modell „in der konkret beanstandeten Form“ für unzulässig: Weil Arzneimittel ohnehin oft nur ein geringes Gewicht hätten, habe der Kunde gerade nicht das Gefühl, lediglich eine Karte in der Hand zu haben – sondern vielmehr das Gefühl, „ein Originalprodukt ausgewählt zu haben, dessen Inhalt an der Kasse lediglich vervollständigt wird“. Dem Kunden werde „bewusst suggeriert, er habe sich das Arzneimittel ausgesucht, auch wenn es sich lediglich um eine Leerverpackung handelt“, heißt es in der Urteilsbegründung.
Klosterfrau hatte argumentiert, bei den OTC-Dummies handele es sich lediglich um „bewegliche Werbung“. Unabhängig davon, dass man eine andere Rechtsauffassung habe, werde man gegen das Urteil keine Berufung einlegen, so Biegert.
Da die Richter ihre Bedenken aus Sicht von Klosterfrau explizit an den Leerpackungen festgemacht haben, sucht man in Köln nun nach neuen Wegen, um die eigenen OTC-Produkte in der Freiwahl platzieren zu können. Wie das neue Konzept aussehen wird und wann es vorgestellt werden soll, will Biegert aus Wettbewerbsaspekten noch nicht verraten. Denkbar, dass der Hersteller die Idee der OTC-Coupons von Apo.take aufgreifen will.
Tatsächlich hatten die Richter den Anwälten von Klosterfrau in der Verhandlung ziemlich deutlich signalisiert, wo für sie die Schmerzgrenze liegt: Zumindest in dieser Form gehe das Konzept nicht – anders sehe die Sache womöglich aus, wenn anstelle der Leerpackungen die Produkte anhand von Steckkarten beworben würden. „Ihre Idee ist nicht schlecht, sie ist innovativ. Aber an ihr muss noch gearbeitet werden”, so der Vorsitzender Richter.
Aus den Urteilsgründen erschließt sich diese Abgrenzung von Selbstbedienung und Werbung nicht zwangsläufig: Durch den Indikationstisch werde der Kunde dazu animiert, „seine Kaufentscheidung ohne vorherige Beratung durch den Apotheker allein aufgrund der offensiven Bewerbung auf dem Weg zur Apothekentheke zu treffen“, heißt es. Dadurch sei der Kunde womöglich weniger empfänglich für eine etwaige anschließende Beratung – so der Apotheker denn überhaupt noch auf eine solche hinwirke.
Der Apotheker werde es schwer haben, den Kunden von einem Produkt einer anderen Marke oder anderer Wirkstärke zu überzeugen, zumal er ihm ja auch auf der anderen Seite gerade die Möglichkeit gebe, selbst eine Entscheidung zu treffen. Wer Indikationstische aufstelle, erhoffe sich selbst „Impulskäufe“, so die Richter.
Ob Steckkarten dem „elementaren Zweck des Selbstbedienungsverbots, nämlich die Verhinderung, dass die Kaufentscheidung der Beratung vorgelagert wird“, entsprechen, wird womöglich wieder vor Gericht geklärt werden müssen.
Vielleicht springen aber jetzt auch andere Hersteller auf. Der Anwalt von Klosterfrau, der ehemalige Geschäftsführer Hans-Georg Hoffmann, der lange Vorsitzender des Branchenverbands BAH war, hatte in der Verhandlung bestätigt, dass das Konzept schnell Nachahmer finden könnte. Das Interesse sei groß, die Branche halte sich wegen des laufenden Verfahrens noch zurück.
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