OTC-Produkte dürfen nur dann unter derselben Dachmarke vertrieben werden, wenn sie hinsichtlich des Wirkstoffs identisch sind. Dies hat das Verwaltungsgericht Köln entschieden. Konkret ging es um das Herpesmittel „Fenistil Pencivir bei Lippenherpes“ (Penciclovir) des schweizerischen Pharmakonzerns Novartis.
Novartis hatte Mitte 2005 für das Produkt beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) einen OTC-Switch angemeldet und gleichzeitig einen Änderungsantrag eingereicht, um den Namen „Vectavir“ abzulösen und in die Dachmarke Fenistil einzugliedern.
Das BfArM lehnte den neuen Produktnamen ab. Obwohl der Wirkstoff Dimetinden in dem Präparat nicht enthalten sei, suggeriere die Bezeichnung „Fenistil Pencivir bei Lippenherpes“ eine Wirkung durch ein Antihistaminikum. Ansonsten gehören zur Fenistil-Gruppe neben den Dimetinden-Produkten Crémes mit Hydrocortison sowie ein Wundheilgel und ein Kühl-Roll-on ohne Wirkstoff.
Novartis vertreibt das Präparat seitdem auf eigenes Risiko unter dem neuen Namen. Der Konzern argumentiert, pharmazeutische Unternehmen seien in der Wahl von Produktbezeichnungen grundsätzlich frei. Die Dachmarke Fenistil sei Patienten verständlich und geläufig, der Zusatz „Pencivir“ gewährleiste die Unterscheidbarkeit zu Präparaten mit dem Wirkstoff Dimentindenmaleat. Eine Verwechslung sei auch aufgrund des Namenszusatzes „bei Lippenherpes“ unwahrscheinlich.
Das Gericht entschied zu Gunsten des BfArM. In der Urteilsbegründung verwiesen die Richter unter anderem auf Verwechslungsgefahren für die Verbraucher: Durch die Wirkstoffnennung zusätzlich zur Hauptbezeichnung könne der Eindruck erweckt werden, dass das Herpesmittel einen zusätzlichen Wirkstoff enthalte. Patienten erwarteten, dass Arzneimittel einer Serie unter der gleichen Hauptbezeichnung auch den gleichen Wirkstoff enthielten.
Auch eine Beratung durch die Apothekenmitarbeiter schützt nach Ansicht der Richter nicht vor Missverständnissen: „Ungeachtet neuer Vertriebswege wie dem Versand über Internet-Apotheken findet regelmäßig kein oder nur ein sehr eingeschränktes Informationsgespräch zwischen Käufer und Apotheker statt.“
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Gericht ließ die Berufung zu; die Frage, ob wirkstoffverschiedene Arzneimittel unter einer einheitlichen Dachmarke zusammengefasst werden dürfen, sei von grundsätzlicher Bedeutung. Bei Novartis war bislang niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.
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