Kartellverstoß

Versandapotheken wollen Wala verklagen Alexander Müller, 06.08.2013 09:44 Uhr

Berlin - 

Nachdem das Bundeskartellamt gegen Wala ein Bußgeld von 6,5 Millionen Euro verhängt hat, droht dem Kosmetik- und Arzneimittelhersteller jetzt neuer Ärger: Nach Informationen von APOTHEKE ADHOC planen mehrere Versandapotheken Schadensersatzklagen gegen das Unternehmen, von dem sie zum Teil jahrelang geschnitten wurden. Die EU will solche Klagen erleichtern.

Im Sommer 2009 hatte das Kartellamt die Geschäftsräume von Wala durchsucht. Dem Hersteller wurde vorgeworfen, mit seinen Depotverträge eine vertikale Preisbindung bei Hauschka-Produkten durchgesetzt zu haben. Jetzt hat sich der Hersteller mit der Behörde geeinigt und das Bußgeld akzeptiert.

Die Deutsche Internet Apotheke (DIA) will jetzt den nächsten Schritt gehen: Mit Hilfe der renommierten Wettbewerbsökonomin Professor Dr. Doris Hildebrand will die Versandapotheke Wala auf Schadensersatz verklagen. Derzeit rechnet die Versandabteilung der Kölner Martinus-Apotheke noch aus, welchen Verlust sie durch den Lieferboykott des Herstellers erlitten haben könnte.

DIA hatte sich wie viele Versender nicht an die unverbindliche Preisempfehlung (UVP) von Wala gehalten und die Hauschka-Produkte mit Rabatten angeboten. Im Juli 2007 hatte der Hersteller die Versandapotheke nach deren Angaben gesperrt und überhaupt nicht mehr beliefert. DIA war einer der Beschwerdeführer im Kartellverfahren gegen Wala.

Ein Anhaltspunkt zur Berechnung der Ausfälle ist, wie oft die Wala-Produkte vor der Sperre verkauft wurden. DIA zufolge zählte Hauschka zudem zu den Schlüsselprodukten: Demnach gingen weitere Umsätze mit anderen Herstellern verloren. Die Versandapotheke will dies mit zahlreichen Kundenzuschriften belegen, die man nach der Sperre erhalten habe. Der gutachterlich belegte Schaden muss schließlich vor Gericht überprüft werden.

Aufgrund einer Initiative der EU-Kommission wird es leichter, den Schaden konkret zu beziffern. Die Brüsseler Behörde hat hierzu einen umfangreichen Leitfaden zur Berechnung vorgelegt. Mitte Juni hatte die Kommission dem Europäischen Parlament einen Verordnungsentwurf vorgelegt, damit Geschädigte „tatsächlich Ersatz für den erlittenen Schaden erlangen können“. Das Recht hierauf bestehe zwar schon, seine Durchsetzung werde aber vielfach erschwert, heißt es.

Der Vorstoß der EU zeigt Hildebrand zufolge schon Wirkung: „Ich kenne im Moment kein Kartell, bei dem nicht im Nachhinein geklagt wird“, so die Ökonomin, die ein Buch über vertikale Kartelle geschrieben hat.

Während bei horizontalen Kartellen Konkurrenten ihre Preise absprechen, diktiert bei einem vertikalen Kartell ein Hersteller die Preise der Handelsstufen. Dies kann sogar zulässig sein, wenn davon die Verbraucher profitieren. Der Vorteil – etwa eine fachliche Beratung – muss vom Hersteller allerdings quantifiziert werden.

Wala war dies im Fall der eigenen Depotverträge samt Preisbindungsstrategie offenbar nicht gelungen – sonst hätte das Bundeskartellamt kein Bußgeld verhängt. Mit dem nunmehr festgestellten Kartellverstoß hat DIA eine Grundlage für die Schadensersatzklage. Je nach Berechnung könnte es für den Hersteller noch einmal teuer werden: „Meistens ist das Bußgeld im Verhältnis zum Schaden eher gering“, sagt Hildebrand mit Blick auf vergleichbare Fälle.

Auch eine kleine Gruppe weiterer Versandapotheken plant eine gemeinsame Klage gegen Wala. Wie konkret dieser Vorstoß ist, war auf Nachfrage nicht zu erfahren. Die meisten Anbieter wollen aber ohnehin auf einen Neuanfang setzen und mit dem Wala-Außendienst das Gespräch suchen.