Preisforderungen an Krankenkassen

Kartellverfahren gegen Hilfsmittelverbände

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Berlin -

Das Bundeskartellamt hat ein Verwaltungsverfahren gegen Hilfsmittel-Verbände wegen gemeinsamer Preisaufschläge zu Lasten von Krankenkassen eingeleitet. Die in einer Arbeitsgemeinschaft (Arge) organisierten Verbände repräsentieren insbesondere Sanitätshäuser und orthopädische Werkstätten, wie die Behörde am Mittwoch in Bonn berichtete.

Bei einer gemeinsamen Verhandlung von Preisaufschlägen im Rahmen der Arge könnte es sich um kartellrechtlich verbotenes Verhalten handeln, sagte der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt. Zwar würden für Vereinbarungen zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen im Gesundheitswesen gewisse sozialrechtliche Sondervorschriften gelten, die Ausnahmen vom Kartellverbot begründen könnten – vieles deute aber daraufhin, „dass diese Ausnahmen hier nicht greifen“.

Kollektivverhandlungen von Sanitätshäusern und anderen Hilfsmittelanbietern durch ihre jeweiligen Verbände können laut Kartellamt im Verhältnis zu den Krankenkassen erforderlich sein, damit eine Hilfsmittelversorgung auf bundesweiter Ebene sichergestellt werden kann. Eine zusätzliche, übergreifende Absprache aller dieser Verbände – wie in diesem Fall durch die Schaffung der Arge – könne jedoch zu einem faktischen Angebotsmonopol führen, das den Wettbewerb schädige und letztlich die Erfüllung des gesetzlichen Versorgungsauftrags durch die Krankenkassen gefährde. Das wäre weder im Sinne des Kartellrechts noch im Sinne des Sozialversicherungsrechts.“

Die Arge repräsentiere den Großteil aller Leistungserbringer für Hilfsmittel im Bereich Reha und Pflege, auf die die Patientinnen und Patienten in Deutschland angewiesen seien. „Neben dem Kartellverbot prüfen wir mit unserem Verfahren deshalb auch, ob ein verbotener Missbrauch von Marktmacht vorliegt, so Mundt weiter. Zu den Hilfsmitteln zählen etwa Rollstühle, Gehhilfen oder Pflegebetten.

Laut Bundeskartellamt hatten die Verbände im September 2021 in einem Rundschreiben mehrere Krankenkassen auf gestiegene Fracht-, Liefer- und Rohstoffkosten infolge der Corona-Pandemie hingewiesen. Zum Ausgleich hätten sie für die bestehenden Verträge einheitlich bestimmte Preisaufschläge gefordert. Gleichzeitig seien Vertragskündigungen in Aussicht gestellt und teilweise auch ausgesprochen worden. Mehrere Krankenkassen hätten daraufhin Preiserhöhungen zugestimmt.

Ein Behördensprecher betonte, dass es sich nicht um ein Kartellbußgeldverfahren, sondern um ein Kartellverwaltungsverfahren handle. Am Ende könnte das Verhalten der Verbände untersagt werden.

Unabhängig von der Frage, ob Preisanpassungen wegen gestiegener Lieferkosten im konkreten Einzelfall sachlich gerechtfertigt sind, könnte das koordinierte Vorgehen der Anbieterseite sowie die gemeinsame pauschale Forderung einheitlicher Preiserhöhungen für unterschiedliche Hilfsmittel und Verträge ein kartellrechtlich verbotenes Verhalten darstellen. Ob dies der Fall ist, prüft das Amt nach ersten Vorermittlung im Rahmen des eingeleiteten Kartellverwaltungsverfahrens.

Dazu wurden bereits die Arge-Mitglieder und rund 30 der größten Kassenbefragt. Im nächsten Schritt wird die Behörde von den Mitgliedern weitere Auskünfte anfordern. Dem Bundeskartellamt liegen nach eigenen Angaben außerdem Hinweise vor, dass auch in Bezug auf weitere Hilfsmittelgruppen eine vergleichbare Konzentration auf Seiten der Leistungserbringer angestrebt wird. Man werde diese Bestrebungen ebenfalls genau im Blick behalten.

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