Die Monopolkommission lehnt ein Rx-Versandverbot ab, der Sachverständigenrat im Gesundheitswesen auch und das 2hm-Gutachten sowieso. Kürzlich hat sich auch noch das Bundeskartellamt zu Wort gemeldet und den Versandhandel auf eine Stufe mit den Vor-Ort-Apotheken gestellt. Mehr noch: DocMorris bescheinigten die Wettbewerbshüter im Zusammenhang mit der Übernahme des Konkurrenten Apo-Rot, keine Gefahr für den Wettbewerb im deutschen Apothekenmarkt zu sein. Verbraucher könnten ja woanders bestellen oder sich ins Auto setzen und zur nächsten Apotheken fahren.
Beurteilen musste das Bundeskartellamt im Frühjahr die Übernahme von Apo-Rot: Im Mai hatte der DocMorris-Mutterkonzern Zur Rose angekündigt, das Versandhandelsgeschäft des Hamburger Apothekenverbunds zu übernehmen und künftig von den Niederlanden aus zu betreiben. Zusätzlich wollen DocMorris und Apo-Rot im Rahmen einer strategischen Zusammenarbeit gemeinsam das bestehende Omni-Channel-Konzept ausbauen sowie inhaltlich weiterentwickeln. 80 Mitarbeiter der Marketing- und Service-Teams von Apo-Rot sowie der allgemeinen Verwaltung werden in eine neue Gesellschaft mit Sitz in Hamburg überführt. Der Web-Shop soll weiter von dort aus vermarktet werden.
Einen guten Monat später gaben die Wettbewerbshüter grünes Licht für den Deal. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, erklärte dazu: „Das Zusammenschlussvorhaben ist wettbewerblich unbedenklich. Versandapotheken stehen im direkten Wettbewerb mit den stationären Apotheken. Bei deutschlandweiter Betrachtung liegt der Marktanteil aller Versandapotheken insgesamt derzeit bei rund 1,3 Prozent bei den verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und bei rund 13,4 Prozent bei nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimitteln.“
Darüber hinaus hält der Kartellamtschef Versandapotheken für versorgungsrelevant: „Versandapotheken stellen für die Verbraucher eine zusätzliche Möglichkeit dar, ihren Bedarf mit rezeptpflichtigen und nicht rezeptpflichtigen Medikamenten zu decken.“ Auch wenn mit DocMorris die größte Versandapotheke den Konkurrenten Apo-Rot übernehme, lägen die gemeinsamen Marktanteile der beiden Unternehmen bundesweit bei unter 1 Prozent an dem Umsatzvolumen der rezeptpflichtigen Medikamente und unter 5 Prozent bei den nicht rezeptpflichtigen Medikamenten.
„Selbst in Postleitzahlengebieten mit nur einer stationären Apotheke, ist die gemeinsame Marktposition der Zusammenschlussbeteiligten wettbewerblich unbedenklich, da den Verbrauchern sowohl zahlreiche andere Versandapotheken, als auch stationäre Apotheken in benachbarten Regionen für ihre Medikamentenversorgung zur Verfügung stehen“, so das Kartellamt in seinem Genehmigungsbescheid. Damit teilen die Wettbewerbshüter ausdrücklich nicht die Position der ABDA, die im Versandhandel eine Gefahr für die flächendeckende Arzneimittelversorgung in Deutschland sehen.
Mit dem Deal wird DocMorris seine Marktposition weiter ausbauen, vor allem im OTC-Markt. Nach der Übernahme dürfte sich der DocMorris-Umsatz um 100 Millionen Euro pro Jahr erhöhen. Im ersten Halbjahr hat bei DocMorris das OTC- das Rx-Geschäft erstmals überholt. Die Versandapotheke aus Heerlen ist nach Angaben des Mutterkonzerns Zur Rose derzeit Marktführer in Deutschland. Insgesamt kam DocMorris in den ersten sechs Monaten auf Erlöse von 291 Millionen Euro, das waren 38 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Dabei ist Apo-Rot noch nicht mitgerechnet.
158 Millionen Euro entfielen auf OTC- und freiverkäufliche Präparate – ein Plus von 78 Prozent, für das auch die Übernahmen von Vitalsana und Eurapon verantwortlich waren. Das Rx-Geschäft wuchs trotz Rx-Boni – wie im schon gesamten Vorjahr – nur um 10 Prozent auf aktuell 133 Millionen Euro. Damit hat sich das Verhältnis gedreht: Traditionell war bei DocMorris das Rx-Geschäft viel größer.
Steil bergauf ist es in Deutschland auch mit der Zahl der Kunden gegangen: Die ist in den vergangenen zwölf Monaten um 66 Prozent auf über 3 Millionen gestiegen. Voran gehe es auch mit der Konsolidierung in Deutschland.
Bis Ende des Jahres soll die gesamte Logistik von Apo-Rot nach Heerlen überführt werden. „Damit unternimmt die Zur Rose-Gruppe den ersten Schritt, um ihre gesamten Versandaktivitäten im deutschen Markt in Heerlen zu bündeln“, so das Unternehmen.
Dazu wird auch gebaut: Der Verwaltungsrat hat den Ausbau der Logistikinfrastruktur und die Errichtung eines Neubaus mit 20.000 Quadratmetern angrenzend zum bestehenden Gebäude in Heerlen beschlossen, das im ersten Halbjahr 2020 bezugsbereit sein soll. Damit werde die Versandkapazität des Standorts auf ein Volumen von 30 Millionen Paketen pro Jahr verdreifacht. In einer weiteren Ausbauphase könne gar auf ein Paketvolumen von 50 Millionen erhöht werden.
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