Apo-Rot, Eurapon, Medpex – ehemals führende deutsche Versandapotheken und heute allesamt unter dem Dach der Schweizer Zur Rose und damit Schwestern des niederländischen Branchenprimus DocMorris. Die Konsolidierung des Marktes schreitet schnell voran, begünstigt von einer politisch-rechtlichen Schieflage. Doch vor einer zu hohen Marktkonzentration hat man zumindest beim Kartellamt offenbar keine Angst.
Das Kartellamt hat der Übernahme von Apo-Rot Anfang Juli zugestimmt – ohne ein sogenanntes „vertieftes Hauptprüfverfahren“. Der Grund: Der Onlinehandel mit Medikamenten wird bei den Wettbewerbshütern nicht separat betrachtet. Demnach kommen die Versandapotheken bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nur auf einen Marktanteil von 1,3 Prozent und im nichtverschreibungspflichtigen Markt bei 13,4 Prozent. Selbst in Gebieten mit nur noch einer Dorfapotheke ist der Wettbewerb damit aus Sicht des Kartellamts gesichert.
Nach dieser Logik wäre es kartellrechtlich möglich, dass sich DocMorris und Shop-Apotheke den Versandmarkt eines Tages komplett aufteilen, selbst ein Monopol wäre denkbar, schließlich gäbe es Stand jetzt noch knapp 20.000 Mitbewerber. In einem detaillierten Beschluss würde die Marktabgrenzung zwar genauer betrachtet, das ändert aber nicht an der derzeitigen Systematik, Online und vor Ort über einen Kamm zu scheren. Und so lange das so ist, sind alle Versandfusionen aus Sicht des Kartellamts unkritisch.
Ein pauschaler Freifahrtschein ist das allerdings nicht, wie der Zusammenschluss von Karstadt und Kaufhof zeigt. Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) hatte Kartellamtschef Andreas Mundt im September erklärt, man stelle sich auf ein extrem umfangreiches und aufwendiges Prüfverfahren ein. Es müssten sowohl die Folgen für die Kunden als auch für die Lieferanten geprüft werden. Dabei müsse man nicht nur den stationären Handel berücksichtigen, sondern auch den Online-Handel. „Wir hatten bisher noch keinen Fall, in dem wir uns in diesem Umfang mit diesen Fragen auseinandersetzen mussten“, so Mundt.
Das Verhältnis zwischen stationärem und Onlinehandel war bei der Akzente-Übernahme durch Douglas ebenfalls Thema. Die Parfümeriekette durfte den Konkurrenten samt dessen Onlineshop Parfumdreams übernehmen. Im Bericht des Kartellamts werden andere Mitbewerber dahingehend zitiert, der Wettbewerbsdruck von Onlinehändlern auf den stationären Handel sei ausgesprochen stark und werde weiter zunehmen. „Umgekehrt wurde der vom stationären Handel auf den Onlinehandel ausgehende Wettbewerbsdruck ganz überwiegend als deutlich weniger stark bewertet“, so der Bericht des Kartellamts.
Diese Erkenntnis hat das Kartellamt offenbar bislang nicht auf den Arzneimittelmarkt übertragen, oder er soll aus anderen Erwägungen hier nicht gelten. Im Geschäft mit Kosmetikprodukten beläuft sich der Umsatzanteil des Onlinehandels nach Recherchen des Kartellamts auf rund 11 Prozent – was in etwa dem Versandanteil im OTC-Geschäft entspricht. Doch eingehender hat sich das Kartellamt mit dieser Abgrenzung im Fall Douglas nicht befasst: „Im Ergebnis konnte offen bleiben, inwieweit stationärer Handel und Onlinehandel mit Parfümerieprodukten des Prestige-Segments inzwischen einen einheitlichen Markt im wettbewerbsrechtlichen Sinne darstellen, da das Fusionsvorhaben unter Zugrundelegung jeder Abgrenzung freizugeben war“, heißt es im Bericht.
Und auch nach der Fusion blieben sowohl im Online-Vertrieb von Parfümerieprodukten des Prestige-Segments als auch in den betroffenen lokalen stationären Märkten jeweils genügend wesentliche Wettbewerber, so das Fazit. Die Konsolidierung bei den Versandapotheken hat aus Sicht des Kartellamts noch keine Abgrenzung erfordert. Die gemeinsamen Marktanteile von DocMorris und Apo-Rot lägen bundesweit schließlich bei unter 1 Prozent im Rx-Markt und unter 5 Prozent bei nicht-rezeptpflichtigen Medikamenten. „Angesichts dieser Ergebnisse konnte das Vorhaben ohne vertieftes Hauptprüfverfahren freigeben werden“, so der Bericht.
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