Dinxperlo

Kaffeefahrt zur Bonus-Apotheke

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Berlin -

Nicht nur DocMorris & Co. profitieren seit einem Jahr vom Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), der Rx-Boni für ausländische Versender zuließ. In Dinxperlo gleich hinter der deutsch-niederländischen Grenze hat sich eine Apotheke auf deutsche Kunden spezialisiert. Regelmäßig pilgern aus dem benachbarten Bocholt nicht nur Rentner über die Grenze zur A3 Apotheke, weil es dort billiger ist.

„Wir geben Bonus auf jedes Kassenrezept! 50 Prozent garantiert. Bis zu 15 Euro pro Rezept sparen.“ So wirbt die Apotheke seit über einem Jahr ungeniert auf ihrer Internetseite. Und das Geschäft floriert, wie das Anzeigenblatt „Bocholt-Report“ berichtet: „Montagmorgen 9 Uhr. Eine kleine Gruppe Rentner trifft sich zum Kaffee in den Bocholter Shopping-Arkaden.“ Einmal im Monat treffen sich die Senioren, sammeln ihre Rezepte und schicken ein Mitglied aus der Gruppe nach Dinxperlo zur A3 Apotheke. Während der rüstige Rentner-Bote dort die Arzneimittel holt, halten die anderen in Bocholt fröhlich Kaffeekränzchen.

Nicht nur das: Damit der Bote selbst nicht zu kurz kommt, hat die A3 Apotheke für ihre deutschen Kunden auch ein Kaffee-Raum eingerichtet, um die Wartezeit für die Zusammenstellung der umfänglichen Arzneimittellieferung angenehm zu gestalten. „So sind wir Niederländer nunmal“, so Apotheker Dr. Jan van der Linde: „Wir trinken immer gerne ein Kopje Koffie dabei.“

Eine aus der Rentner-Gang ist Bernadette Üffink: „Wir brauchen alle unsere Medikamente“, erklärt die 77-jährige im Bocholt-Report: „Und das geht ganz schön ins Geld.“ Irgendwann habe jemand im Rentnerclub über die preiswerte Einkaufsmöglichkeit hinter der Grenze berichtet. Damit war die Idee geboren: „Damit nicht jeder fahren muss, wird sich abgewechselt“, erzählt sie. Wir halten Kaffeekränzchen und einer muss los.“

Beim ersten Mal seien sie noch nervös gewesen. Doch das war nicht notwendig: Denn die niederländische A3 Apotheke ist in Wirklichkeit eine deutsche Apotheke hinter der grünen Grenze. Sprachprobleme gibt es keine. Man spricht dort deutsch. Es werden deutsche Arzneimittel angeboten.

„Unser Team besteht nur aus deutschen PTA“, so van der Linde: „Wir sind eine deutsche Apotheke auf holländischen Boden.“ Er habe keine niederländischen, sondern nur deutsche Kunden. Niederländische Rezepte nehme er gar nicht erst an. Das sei aber gar kein Problem, denn gleich gegenüber gebe es die nächste Apotheke für die Einwohner von Dinxperlo. Niederländische Rezepte annehmen und bedienen darf die A3 Apotheke gar nicht. Denn weil sie deutsche Arzneimittel anbietet, darf sie nach niederländischem Recht auch nur deutsche Kunden bedienen. Seit zwei Jahren geht das schon so.

Dass er seine Arzneimittel preiswerter abgeben kann, liegt auch am niedrigeren Mehrwertsteuersatz von nur 6 Prozent. Das mache sich vor allem bei OTC-Produkten bemerkbar, erzählt van der Linde. Das Geschäft lief auch schon vor dem EuGH-Urteil gut. Der Apotheker ist nur angestellt; hinter der Apotheke steht Bert Hesselink, der entlang der deutsch-niederländischen Grenze mehrere Drogerien unter dem Namen „Die Grenze“ betreibt.

Nach seien Angaben bringen viele Kunden wie die Rentner gleich mehrere Rezepte mit – von Freunden oder Familienangehörigen. So lohnt sich die Fahrt über die Grenze erst recht. Allerdings: „Wer individuell beraten werden möchte, sollte sich selbst auf den Weg machen.“ Wer nicht lange warten möchte, kann auch per Mail oder Whatsapp das Rezept übermitteln.

In die A3 Apotheke kommen auch viele deutsche Frauen, die hier ihre Anti-Babypillen kaufen – und dabei kräftig sparen wollen. „Man muss nur einmal ein Rezept einreichen und bekommt dann regelmäßig die Pille“, so der Apotheker – auf Wunsch für drei, sechs oder sogar zwölf Monate. Natürlich weiß van der Linde, dass er nicht mit DocMorris oder der Shop-Apotheke konkurrieren kann. Aber er hat im Land der Rx-Boni seine Nische gefunden: „Hier unmittelbar an der Grenze hat man die Möglichkeit, sich persönlich beraten zu lassen.“

In Zusammenhang mit dem Konzept „Vorteil24“ war Dinxperlo vor Jahren schon einmal in die Schlagzeilen geraten. Kunden der Montanus-Apotheke konnten einen Bestellschein ausfüllen, der angeblich an den gleichnamigen Ableger in der niederländischen Gemeinde weitergeleitet wurde. Die Präparate wurden entweder von einem Kurier abgeholt oder konnten hierzulande in der Apotheke abgeholt werden. Damit wurde nach Ansicht der Betreiber nur der niedrigere niederländischen Mehrwertsteuersatz fällig. Der Bundesgerichtshof (BGH) verbot diese Konstruktion.

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