Bayer hat bei seinem Johanniskrautpräparat Laif 900 gleich zwei Baustellen: Neben Schwierigkeiten bei der Rohstoffqualität gibt es auch Probleme mit aufgequollenen Tabletten. Um die Ware stabiler zu machen, arbeitet man in Leverkusen an einer neuen Formulierung.
Eine Apothekerin hatte sich an Bayer gewandt, nachdem sie in ihrem Lager eine Packung mit aufgequollenen Tabletten im versiegelten Blister gefunden hatte. Das Qualitätsmanagement des Konzerns betonte in seiner Antwort zwar, dass die betreffende Charge „keine Auffälligkeiten bezüglich des beschriebenen Fehlers“ gezeigt habe. Vielmehr sei es wahrscheinlich, dass der Artikel unsachgemäß gelagert oder verwendet wurde, wodurch die Blister-Folie beschädigt worden und Feuchtigkeit eingedrungen sei.
Dann räumt Bayer aber doch ein, dass die Probleme bekannt sind. Der Konzern verweist auf die chemische Eigenschaft der verwendeten Rohstoffe, wodurch Laif-Tabletten „gegenüber Feuchtigkeit empfindlich“ seien. Um dies künftig zu verhindern, habe man bereits „Maßnahmen zur Minimierung der Feuchteempfindlichkeit“ eingeleitet. Eine neue Formulierung werde für das 4. Quartal erwartet.
Bayer kennt das Problem schon länger: „Bei der Marke Laif sind in der Vergangenheit vereinzelt Reklamationen an uns herangetragen worden. Diese betrafen überwiegend Bruch oder Aufquellen der Tabletten“, sagt ein Sprecher, der erneut auf die Notwendigkeit der korrekten Lagerung hinweist: „Auf der Umverpackung sind deutliche Hinweise für die sachgerechte Lagerung prominent aufgebracht.“ Auf die Frage, wie das Problem jetzt konkret bekämpft werde, wurde er nicht konkret. Man habe „Maßnahmen zur Optimierung des Produktes“ vorgenommen, die „in Kürze in die Produktion einfließen“, so der Sprecher.
Beobachtern zufolge hat Bayer die Probleme bei der Übernahme von Steigerwald falsch eingeschätzt: „900 Milligramm Wirkstoff sind sehr viel, normalerweise müssten die Tabletten noch viel größer sein“, sagt ein Experte. Seiner Meinung nach müsste Bayer von der Filmtablette auf Dragees umsteigen, dann werde das Produkt noch dicker – und teurer. Außerdem sei der Farbstoff ein Problem.
Schon seit Längerem ist Laif 900 immer wieder defekt. Eigentlich sollte die Engpässe bis Sommer behoben sein, doch jetzt wird ein neuer Termin erst für Oktober in Aussicht gestellt. Man arbeite „mit Hochdruck“ daran, die Situation zu verbessern und sei „zuversichtlich“, Laif bald wieder in vollem Umfang zur Verfügung stellen zu können, so der Sprecher.
Grund für die Lieferengpässe waren laut Bayer Probleme mit der Qualität des Rohstoffs, der in verschiedenen Ländern eingekauft werde. Besitze das pflanzliche Rohmaterial zu wenig Wirkstoff, könne der Extrakt nicht die gewünschte Qualität erreichen, so der Sprecher. Fertige Präparate hätten so gleich nach der Produktion wieder in die Vernichtung gehen müssen.
Zu einer möglichen Verunreinigung wollte sich Bayer nicht konkret äußern. In der Branche hält sich hartnäckig das Gerücht, dass ein zu hoher Gehalt an Pyrrolizidinalkaloiden (PA) zu den Engpässen geführt hat. Bayer bezieht Johanniskraut nicht nur aus GACP-kontrolliertem Anbau, sondern auch aus Wildsammlungen. Oft wachsen Korbblütler in der Nähe, vor allem bei Jakobskreuzkraut ist die Verwechslungsgefahr groß.
Laif ist mit 900 Milligramm das höchstdosierte Johanniskrautpräparat am Markt. Die Lieferschwierigkeiten haben der 1998 eingeführten Marke zugesetzt. Der Marktanteil ist zum Jahresanfang eingebrochen: Im Januar wurde in den Apotheken noch Ware im Wert von 615.000 Euro abgegeben, in den Monaten danach waren es 350.000 Euro. Nur im März, als Bayer die Großhändler mit Teillieferungen bedienen konnte, kletterten die Erlöse auf 470.000 Euro.
Knapp 30 Prozent seines Geschäfts hat der Konzern im Vorjahresvergleich eingebüßt. Die Konkurrenz hat von den Einbußen profitieren können, allen voran die Nummer 2, Jarsin von Klosterfrau, und Aliud mit Zuwachsraten von rund 60 Prozent. Schwabe konnte bei Neuroplant seinen Umsatz um ein Drittel steigern, Hexal legte mit Felis um ein Viertel zu. Weniger erfolgreich war mit plus 7 Prozent die Nummer 2, Neurapas (Pascoe), die neben Johanniskraut auch Baldrian und Passionsblume enthält. Insgesamt wurden mit Stimmungsaufhellern in den ersten fünf Monaten wie im Vorjahr knapp 12 Millionen Euro erlöst, pro Jahr werden rund 28 Millionen Euro auf AVP-Basis umgesetzt und rund 1,2 Millionen Packungen abgegeben. Der Markt ist überschaubar, aber seit Jahren stabil.
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