Johanniskraut-Präparate

Kira kommt zurück

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Berlin -

Einen besseren Zeitpunkt hätte Andreas Niehaus sich für den Launch von Kira nicht aussuchen können: Platzhirsch Laif (Steigerwald/Bayer) ist seit Monaten nicht lieferbar, auch Jarsin (Klosterfrau) ist an der Belastungsgrenze. Eigentlich hätte sich der Pharmaunternehmer für das Comeback der Traditionsmarke aber weniger Unwägbarkeiten gewünscht.

Kira war nach Kwai das zweite Produkt von Lichtwer – und gilt als Schwesterprodukt der hochdosierten Variante Jarsin als eines der am besten erforschten Johanniskraut-Präparate überhaupt. Lichtwer hatte das Präparat 1992 vom Düsseldorfer Unternehmen Roleca übernommen und zu seiner späteren Größe gebracht. Als eines der Leitprodukte des Herstellers aus Berlin war Kira in den 1990er Jahren sogar in den USA erfolgreich.

Während Jarsin bei der Zerschlagung von Lichtwer an Klosterfrau ging, wurden die Rechte für Kira in Deutschland 2003 zusammen mit anderen Produkten an Riemser verkauft. In den folgenden Jahren fristete der Klassiker ein Schattendasein; nur im Ausland, wo Klosterfrau die Vertriebsrechte hat, gab es noch eine gewisse Präsenz. Im vergangenen Jahr verschlug es Kira – abermals als Teil eines Produktpakets – zum Spezialanbieter Carinopharm, der dafür allerdings auch keine Verwendung hatte. Niehaus erkannte die Gelegenheit und übernahm Zulassung und Markenrechte.

Der Pharmaunternehmer war schon seit längerem an der Marke interessiert. Er will dem alten Schatz jetzt zu neuem Glanz verhelfen. Dass Kira mit 600 Milligramm geringer dosiert ist als Laif, stört ihn nicht: Er findet es überhaupt nicht notwendig, dass pflanzliche Arzneimittel in der Höchstdosierung vermarktet werden.

Dass Laif nicht lieferbar ist, könnte für Niehaus ein glücklicher Umstand sein. Kira wird in den alten Lichtwer-Hallen vom Lohnhersteller Advance produziert, der zur Aristo-Gruppe gehört. Allerdings hätte sich Niehaus weniger turbulentes Fahrwasser gewünscht: „So weiß man nie, was passieren wird“, sagt er.

Kalkulierbar für Niehaus ist dagegen die Risikosituation: Johanniskraut hat gerade erst ein jahrelanges Stufenplanverfahren hinter sich gebracht. Ab Dezember soll es neue Kontraindikationen geben, Antikoagulanzien sollen künftig kontraindiziert sein, Antidepressiva dafür nicht mehr. Präparate mit Johanniskraut und Kontrazeptiva dürfen trotz bestehender Wechselwirkungen auch in Zukunft parallel eingenommen werden. Die Rezeptpflicht hängt bei Johanniskraut ohnehin nicht am Gehalt, sondern an der Indikation: Während Produkte zur Behandlung mittelschwerer Depressionen durch den Arzt verordnet werden müssen, sind Präparate mit der Indikation „leichte vorübergehende depressive Störungen“ rezeptfrei.

Kira ist für Niehaus das dritte Produkt. Der Firmenchef hatte 2012 seinen Job als Vertriebsleiter bei Boehringer Ingelheim an den Nagel gehängt und sich selbstständig gemacht. Zunächst feierte er mit dem Passionsblumen-Monopräparat Lioran erste Erfolge. Ende 2014 brachte das pflanzliche Magenmittel Gasteo auf den Markt brachte, das auf der Erfolgswelle des Topsellers Iberogast – ebenfalls von Steigerwald/Bayer – reiten sollte.

Allerdings ist das Geschäft stark vom Anzeigenvolumen getrieben. Im vergangenen Jahr brachen die Umsätze von Lioran wegen zurückgefahrener Werbeausgaben um 19 Prozent auf 10 Millionen Euro auf Basis der Apothekenverkaufspreise (AVP) ein. Gasteo fuhr 1,8 Millionen Euro ein – weit entfernt von dem, was Niehaus sich erhofft hat. Auch mit Kira muss er auf die nächste Saison warten, die erst im Herbst wieder beginnt.

„Da muss man durch“, sagt der Pharmaunternehmer. Jedenfalls macht er sich keine Illusionen, in „derselben Liga“ wie der Münchener Hersteller Dr. Clemens Fischer zu spielen: Fernsehwerbung ist für Niehaus nicht drin, er setzt auf Anzeigen in Frauenzeitschriften. Und er weiß, dass er auch die Apotheker überzeugen muss.

Angst davor, sich mit Branchenriesen wie Bayer anzulegen, hat er nicht. Zugute kommen Niehaus seine jahrelange Erfahrungen: Vor seinem Wechsel in den Vertrieb hatte er von 2006 bis 2008 bei Boehringer als Marketingleiter im Bereich der Selbstmedikation gearbeitet. 2000 hatte er als Produktgrupppenleiter unter anderem den OTC-Switch von Mucosolvan begleitet. Begonnen hatte Niehaus seine Karriere 1992 bei der Deutschen Chefaro, wo er unter anderem für Ibutop und Azaron zuständig war. Von 1995 bis 2000 war er bei Klosterfrau für Melissengeist und Franzbranntwein verantwortlich.

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