Warentest zieht Bilanz

Johanniskraut: Besser aus der Apotheke

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Berlin -

Gerade in den Wintermonaten leiden viele Menschen unter depressiven Verstimmungen. Der „Herbstblues“ kommt jedes Jahr aufs Neue, wenn die Tage kürzer werden und Sonnenlicht zur Mangelware wird. Als pflanzliche Behandlungsoption hat sich Johanniskraut bewährt. Mittlerweile sind zahlreiche Präparate und Darreichungsformen auf dem Markt. Stiftung Warentest hat einige dieser Mittel genauer unter die Lupe genommen und fällt ein klares Urteil.

Warentest hat insgesamt 18 Präparate mit Johanniskraut getestet. Zehn davon kamen aus der Apotheke. Von diesen unterliegen drei der Rezeptpflicht und fünf sind als traditionelles Arzneimittel zugelassen. Geprüft wurde, ob der Nutzen des Präparates mit wissenschaftlicher Evidenz belegt ist. Basis der Begutachtung waren Studien nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand. Auch der Gehalt an Pyrrolizidinalkaloiden wurde im Labor geprüft. Im Tierversuch wirken diese Substanzen krebserregend und erbgutschädigend. Warentest hat Produkte mit einem hohen Gehalt dieser Pflanzengifte herabgewertet.

Apothekenprodukte führen

Folgende drei Rx-Präparate wurden getestet: Laif 900, Neuroplant und Jarsin Rx 300mg. Jarsin und Neuroplant überzeugten vor allem bei den Pyrrolizidinalkaloid-Werten – sie zeigten die niedrigsten im Test. Indiziert sind alle drei Präparate zur Behandlung einer leichten oder mittelschweren depressiven Phase. Warentest stuft die Medikamente als geeignet ein, da die Tabletten in den genannten Indikationen ähnlich effektiv wirken wie chemische Antidepressiva und ausreichend hoch dosiert sind.

Anders sieht es bei Johanniskraut-Präparaten aus der Drogerie aus. Die Drogeriekette dm bietet unter der Eigenmarke Mivolis Johanniskraut Dragees mit nur 180 mg Trockenextrakt an. Hier ist die Dosierung laut Warentest zu gering. Auch die beworbene Indikation wird bemängelt: Das Mittel von dm, aber auch Präparate von Kneipp und Tetesept sollen bei „vorübergehender geistiger Erschöpfung“ helfen. Die therapeutische Wirksamkeit hierfür sei aber nicht ausreichend belegt, kritisiert Warentest. Preislich liegen die frei verkäuflichen Varianten weit unter den apothekenpflichtigen Produkten. 90 Kneipp Johanniskraut Dragees H von Kneipp mit 300 mg Johanniskraut-Pulver pro Einzeldosis kosten beispielsweise 4,70 Euro. Im Vergleich dazu kosten 100 Tabletten Neuroplant 300 mg Novo mit 300 mg Trockenextrakt je Einzeldosis 35,38 Euro.

Johanniskraut kann auch als Tee getrunken werden. Hier soll die Droge zur „unterstützenden Behandlung von nervöser Unruhe und Schlafstörungen“ beitragen. Im Test waren Produkte der drei bekanntesten Teehersteller aus Apotheken: Sidroga, H&S und Bombastus. Überzeugen konnte keiner drei Tees: Warentest verweist auf die besser belegte Wirksamkeit von Baldrian in dieser Indikation. Laut Warentest liegt die empfohlene Dosierung des Bombastus-Tees über der maximalen Tagesdosis der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA). Bei einer längerfristigen Überdosierung könnte die Gefahr von Wechselwirkungen steigen, so Warentest.

Wechselwirkungen durch CYP450

Johanniskraut ist ein Induktor von CYP450, geht zahlreiche Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln ein und sollte mit folgenden Wirkstoffen oder Präparaten nicht kombiniert werden:

  • Vitamin-K-Antagonisten (Phenprocoumon oder Warfarin)
  • Antidepressiva, vor allem Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (Gefahr eines Serotonin-Syndroms)
  • Insuline, bestimmte Diabetes-Medikamente (Glicazid)
  • Statine (Simvastatin)
  • ASS und Omeprazol (weniger Wirkung durch beschleunigten Abbau)
  • Immunsuppressiva, wie Ciclosporin, Tacrolimus oder Sirolimus
  • einige HIV-Medikamente
  • Zytostatika wie Imatinib oder Irinotecan
  • orale Kontrazeptiva

Empfohlen ist eine Dosierung von 900 mg pro Tag. Die Wirkung baut sich zu Beginn der Behandlung auf und erreicht nach etwa 14 Tagen ihr Optimum. Patienten sollten über den verzögerten Wirkeintritt informiert werden, um einen vorzeitigen Therapieabbruch zu vermeiden. Die antidepressiven, angstlösenden und stimmungsaufhellenden Eigenschaften der Pflanze können auf Hyperforin zurückgeführt werden. Der Inhaltsstoff soll die Wiederaufnahme bestimmter Botenstoffe wie Serotonin und Noradrenalin in die präsynaptische Nervenzelle hemmen und deren Abbau verhindern.

 

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