Neuer Ärger für Bayer: Wegen der Aktienkursverluste im Zuge des Glyphosat-Rechtsstreits klagen Investoren auf Schadenersatz. Ein entsprechender Fall ist anhängig, wie die Anwaltskanzlei Tilp der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX am Freitag sagte. Zuvor hatte die „Wirtschaftswoche” berichtet, dass die Kanzleien Tilp und Hausfeld im Auftrag verschiedener Investoren vor dem Landgericht Köln gegen den Konzern klagen. Bayer wehrt sich gegen die Vorwürfe.
„Wir halten die Klagen für unbegründet und werden uns entsprechend verteidigen”, hieß es vom Dax-Konzern. „Wir sind überzeugt, dass unser Unternehmen und seine Führungskräfte im Zusammenhang mit den in den Klagen aufgestellten Behauptungen jederzeit im Einklang mit den Verpflichtungen und gemäß den geltenden Gesetzen gehandelt haben und dass Bayer eine angemessene Due Diligence in Bezug auf die Akquisition durchgeführt hat”, hieß es weiter. Das hätten auch die Untersuchungen unabhängiger Experten bestätigt.
Bayer hatte 2018 die mehr als 60 Milliarden US-Dollar teure Übernahme des US-Konzerns Monsanto abgeschlossen. Mit der Übernahme des Herstellers von Saatgut und Unkrautvernichtern holten sich die Leverkusener jedoch auch enorme Rechtsrisiken ins Haus. Drei Prozesse wegen angeblicher Krebsrisiken des Unkrautvernichters Glyphosat gingen in den USA verloren. Der Konzern wurde zu Schadenersatz in Millionenhöhe verdonnert, wogegen er allerdings vorgeht. Die Rechtsmittel sind hier noch nicht ausgeschöpft.
Zehntausende weitere Klagen waren oder sind in den USA noch anhängig. Um die Sache aus der Welt zu schaffen, hatte Bayer im Sommer 2020 einen groß angelegten, milliardenteuren Vergleich angekündigt. Dabei betonte das Unternehmen aber, dass dies kein Schuldeingeständnis sei.
Die rechtliche Unsicherheit lastete in den vergangenen Jahren schwer auf der Bayer-Aktie. Aktuell kostet ein Bayer-Papier rund 44 Prozent weniger als vor dem ersten Urteil gegen den Konzern im Sommer 2018. Große Investoren und Kleinanleger kritisieren die Konzernführung um Bayer-Chef Werner Baumann daher hart für den Monsanto-Kauf. Das Rechtsrisiko sei unterschätzt und nicht klar kommuniziert worden.
Die Kanzlei Tilp rechnet mit vielen weiteren Klagen von Aktionären wegen der Kursverluste und hält in diesem Zusammenhang letztendlich auch ein Kapitalanleger-Musterverfahren für möglich. Allerdings sei alles noch in einer sehr frühen Phase, sagte ein Tilp-Sprecher.
Derweil stützt sich Bayer auf eine Sonderprüfung durch Professor Hans-Joachim Böcking, deren Ergebnisse der Konzern im März des vergangenen Jahres vorgelegt hatte. Der Experte für Wirtschaftsprüfung und Corporate Governance erklärte, dass die Unternehmensprozesse bei Übernahme und Fusion angemessen seien.
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