Interview Thomas Worch (Parmapharm)

„Kooperationen brauchen keine Schläfer“

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Berlin -

Die Parmapharm feiert in diesem Jahr ihr 20-jähriges Jubiläum. Einst eine der größten Kooperationen in Deutschland, ist heute nur noch jeder dritte Apotheker an Bord. Dazu kamen Probleme mit ehemaligen Mitgliedern und Partnern. Jetzt plant das Management eine neue Offensive. Im Interview mit APOTHEKE ADHOC erklärt Geschäftsführer Thomas Worch, warum kleine Verbünde besser funktionieren als große Kooperationen und welche Rolle Eigenmarken spielen können.

ADHOC: Warum ist es so still um die Parmapharm geworden?
WORCH: Wir haben uns intern neu aufgestellt und versuchen, enger mit den Apothekern zusammenzuarbeiten. Früher hatten wir 1000 sehr heterogene Mitglieder, das ist von der Größe her sehr schwierig zu organisieren. Jetzt haben wir 350 Apotheken und deutlich mehr Durchschlagkraft. Wir werden 2013 einen hervorragenden Abschluss haben, obwohl uns Belastungen wie die Gesine-Insolvenz oder die Pleite von Frank Füßl viel Geld gekostet haben.

ADHOC: Was waren die Gründe für den Aderlass?
WORCH: Als Celesio DocMorris übernommen hat, haben wir uns komplett von Gehe abgewendet. Große Gesellschafter, die sehr eng mit dem Großhändler verbunden waren, haben diese strategische Entscheidung nicht mitgetragen. Dasselbe passierte, als wir unsere Kooperation mit Awinta starteten. Große EDV-Anbieter wie Pharmatechnik liefen damals Sturm. Es wurde behauptet, die Parmapharm zwinge ihre Mitglieder zum Wechsel. Das war zwar falsch, aber die Apotheker reagieren sehr sensibel, wenn es um so etwas geht. Wir hatten richtig Bambule hier im Haus. Diese beiden Fälle haben uns fast 400 Mitglieder gekostet. Wegen der Einführung des Bonusprogramms Happy Digits haben uns weitere 100 Apotheker verlassen.

ADHOC: Fühlen Sie sich heute gesund geschrumpft?
WORCH: Wir haben lange gebraucht, um die Probleme abzuarbeiten. Aus meiner Sicht war es aber die richtige Entscheidung, diese Mitglieder ziehen zu lassen. Kooperationen funktionieren nur mit Apothekern, die mitmachen und keine Schläfer sind.

ADHOC: Sie haben aber auch prominente Zugpferde verloren.
WORCH: Kooperationen haben immer das Problem, dass einzelne Apotheker sie als Plattform für ihren eigene Ideen nutzen wollen. Das kann Sinn machen, wenn alle Mitglieder profitieren und dahinter stehen. Das war bei uns nicht immer der Fall. Bei den Eigenmarken wiederum mussten wir uns von unseren Partnern Axea und Axicorp trennen, weil diese eigene Interessen verfolgten. Auch das hat uns viel Geld gekostet.

ADHOC: Wozu brauchen Apotheken überhaupt Eigenmarken?
WORCH: Wenn Hersteller und Zwischenhändler wegfallen, bleibt die gesamte Spanne bei der Apotheke. Bei unserer Kosmetik liegt die Marge weit über 100 Prozent, an unseren Schwangerschaftstest verdient der Apotheker rund 9 Euro. Bei Arzneimitteln ist der Aufschlag natürlich etwas niedriger. Der Apotheker kann sich mit dem Sortiment außerdem in seinem Umfeld gegenüber Mitbewerbern abgrenzen.

AHOC: Was sagt die Industrie zur neuen Konkurrenz?
WORCH: Wenn man den Lebensmitteleinzelhandel betrachtet, sieht man, dass das Zusammenspiel zwischen Marken und Eigenmarken gut funktioniert. Anfangs waren die Hersteller trotzdem „not amused“. Es hat viele Gespräche gegeben. Unseren besten Partnern haben wir zugesichert, dass wir auf deren Angebot Rücksicht nehmen werden. Wir werden beispielsweise Hexal keine Konkurrenz machen.

ADHOC: Machen Eigenmarken das Markengeschäft kaputt?
WORCH: Nein. Das Zusammenspiel funktioniert: Eine gute Eigenmarke kann die Marke im Preis schützen. Der Apotheker wird dem Kunden auf Wunsch natürlich immer das Markenprodukt geben. Wenn er aber einen preissensiblen Patienten hat, kann er eine günstige Alternative empfehlen.

ADHOC: Gehören Eigenmarken in die Sichtwahl oder in die Schublade?
WORCH: Unsere Eigenmarken sollten schon in der Sichtwahl stehen – direkt neben der Marke als zusätzliches Angebot. Wir möchten aber unser gesamtes Sortiment bekannter machen und schlagen deshalb ein extra Eigenmarken-Regal vor.

ADHOC: Sie waren sieben Jahre bei Bayer, sind Eigenmarken Ihr Steckenpferd?
WORCH: Die Idee kam von den Mitgliedern, am Ende müssen wir als Zentrale aber die Überzeugungsarbeit leisten. Heute bieten rund 200 Apotheker unsere Eigenmarken an, wobei nicht immer das gesamte Portfolio darunter ist. Es gibt Apotheker, die noch nicht mitziehen. Das ist eine Herausforderung für uns. Wir sind heute aber schon viel weiter als vor drei oder vier Jahren.

ADHOC: Warum zögern Apotheker?
WORCH: Die Eigenmarken sind keine Selbstläufer, sondern brauchen Beratung. Der Inhaber muss sich aktiv dafür entscheiden und auch dem Team klar machen, was die Eigenmarken bedeuten. Wir können als Systemzentrale nicht endlos Rabatte oder Verkaufshilfen geben. Der Inhaber muss sein Team zur Abgabe der Eigenmarken motivieren. Da muss sich viel in den Köpfen bewegen.

ADHOC: Welche Produkte eignen sich für Eigenmarken?
WORCH: 2008 haben wir mit Ibuprofen, Xylometazolin und Paracetamol angefangen, da es sich dabei Standardzulassungen handelt. Das sind klassische Schnelldreher, die im Markt als Wirkstoffe etabliert sind. Wir wollten aber auch Nischen bedienen und bieten ein breites Portfolio an – von Salbeibonbons über Schwangerschaftstests bis zu Schüßler-Salzen und Kosmetik.

ADHOC: Was ist im Rx-Bereich schief gelaufen?
WORCH: Wir hatten 2010 Clopidogrel und Omeprazol in die Apotheken gebracht, aber das hat nicht funktioniert. Wir wurden damals zu diesem Schritt überredet, weil einige Apotheker dachten, dass der OTC-Bereich ein zu kleines Volumen hat. Die Idee war, dass es außerhalb der Rabattverträge für einige Wirkstoffe kleine Zeitfenster gibt. Wir haben hier geblutet, da wir eine gesamte Charge nicht loswerden konnten und sie letztlich abschreiben mussten. Viele Mitglieder hatten nur ein Lippenbekenntnis abgelegt und die Produkte nicht abgegeben. Diese Apotheker sind heute auch nicht mehr bei uns.

ADHOC: Wie werden sich Eigenmarken entwickeln?
WORCH: Ich glaube, andere Kooperationen werden nachziehen. Wir haben als Lohnhersteller Anfragen von kleinen Verbünden. Eigenmarken werden sich in Apotheken aber nie so stark wie im Einzelhandel durchsetzen können, da in unserem Markt neben Markenprodukten auch Generika eine starke Rolle spielen und längst einen festen Platz eingenommen haben.

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