Interview Ordermed

„Der Kunde wählt die Beratung“

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Berlin -

Laut dem Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) müssen Apotheken beim Botendienst auf jeden Fall beraten – entweder vorab in der Apotheke oder bei Lieferung. Der Chef des Bestellportals Ordermed, Markus Bönig, kritisiert die Entscheidung – sieht aber keine Auswirkungen auf sein Geschäft. Mit APOTHEKE ADHOC sprach er über Beratungspflichten, die Bedürfnisse von Chronikern und die Feindbilder der Apotheker.

ADHOC: Welche Bedeutung hat das Pillentaxi-Urteil für Ihr Geschäft?
BÖNIG: Für unser System hat das überhaupt keine Konsequenz. Jede Apotheke kann weiterhin ohne medizinisches Fachpersonal Arzneimittel ausliefern, wenn der Kunde auf eine Beratung verzichtet. Bei Ordermed gibt es schon lange eine Einstellung, mit der sich der Kunde aktiv für oder gegen eine Beratung entscheidet.

ADHOC: Und wenn eine Beratung erwünscht ist, fährt pharmazeutisch geschultes Personal die Arzneimittel aus?
BÖNIG: Nein, das ist aus unserer Sicht auch nicht nötig. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird klar darauf verwiesen, dass eine Beratung per Telefon jederzeit möglich ist. Und es gibt bei der Beratungspflicht im Gesetz keine Unterscheidung zum Versandhandel – das hat das OLG Düsseldorf leider übersehen. Das wäre im Übrigen eine weitere systematische Schwächung der Apotheke vor Ort gegenüber dem Versandhandel. Ich wundere mich, dass die Apotheken sich das gefallen lassen.

ADHOC: Das Argument der Richter ist: Vor-Ort-Apotheken sollen beraten. Was ist daran auszusetzen?
BÖNIG: Überhaupt nichts. Aber die Diskussion um die Beratung geht völlig ins Leere, weil es zwei unterschiedliche Perspektiven gibt: Wenn ein Chroniker zum 100. Mal sein Humaninsulin bekommt, braucht er keine Erklärung mehr zur Anwendung. Die Beratung geht weg vom Einzelpräparat zur Gesamtmedikationsprüfung. Dieses eigentliche Ziel der Apothekenbetriebsordnung erfüllen wir durch die vollständige Online-Dokumentation des Medikationsplans.
Etwas vollkommen anderes ist es, wenn ein Patient akut und zum ersten Mal ein Antibiotikum benötigt. In diesem Fall ist eine Beratung unerlässlich. Das wäre bei Ordermed aber genauso. Denn kein Arzt würde ein solches Rezept ausstellen, ohne den Patienten gesehen zu haben. In unserem Fokus sind die Folgerezepte.

ADHOC: Werden OTC-Medikamente ohne Beratung geliefert?
BÖNIG: Mehr als 90 Prozent der Bestellungen über Ordermed sind verschreibungspflichtige Arzneimittel. Der Dienst wird tatsächlich am meisten genutzt, um Wartezeiten in der Praxis und Apotheke zu vermeiden. Die Arzneimittel zu Folgerezepten werden vorbestellt und in den meisten Fällen in der Apotheke abgeholt. OTC-Bestellungen kommen quasi nicht vor. Diese Stoßrichtung werden wir – auch in Kooperation mit Pillentaxi – sicher stärken, im Moment ist das ein Nebenkriegsschauplatz.

ADHOC: Was unterscheidet Sie von Versandapotheken?
BÖNIG: Unsere einzige Gemeinsamkeit mit Versandapotheken ist, dass wir das Internet als Kommunikationsinstrument nutzen. Wir bieten eine Plattform an, die einfach nützlich ist für Apotheken.

ADHOC: Für den Rezept-Köder „Pille2go“ gab es trotzdem Prügel von den Apotheken. Erklärung?
BÖNIG: Die Freund-Feind-Erkennung der Apotheker funktioniert derzeit nicht besonders gut. Der Clou bei Pille2go ist, dass wir den Mechanismus von Ordermed unter diesem „Deckmantel“ erklären können: Wir sprechen online Menschen an, die sich wie Chroniker verhalten, ohne krank zu sein.

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