Interview Jens Graefe (AEP)

„Absichtlich zu verlieren, ist nicht in unserer DNA“

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Berlin -

Der Großhändler AEP direkt hat die erste Runde im Skonto-Streit für sich entschieden: Das Landgericht Aschaffenburg hat die Klage der Wettbewerbszentrale abgewiesen. AEP-Geschäftsführer Jens Graefe erklärt im Interview mit APOTHEKE ADHOC, warum der Großhändler im Prozess seine eigene Marge infrage stellt, warum man das Verfahren besser beenden sollte und was er jetzt vom Phagro erwartet.

ADHOC: Die erste Runde geht an Sie. Wie bewerten Sie die Entscheidung?
GRAEFE: Wir freuen uns, dass jetzt Klarheit herrscht und die „reine Lehre des Skonto“ hergestellt ist. Richtig zufrieden kann man bei dem Thema nur sein, wenn es endgültig vorbei ist. Denn wir sind nicht glücklich, dass wir uns überhaupt damit befassen müssen. Aber jetzt ist die erste Etappe in unserem Sinne abgeschlossen und das ist gut, vor allem für die Apotheker, letztlich aber auch für die gesamte Branche.

ADHOC: Wieso hat AEP eine Diskussion angezettelt, dass die 70 Cent aus der Großhandelsmarge rabattiert werden können?
GRAEFE: Das haben wir nicht. Wir sind verklagt worden. Dann blieb uns nichts anderes übrig, als sämtliche rechtliche Pfade zu durchdenken. Wir wollten dieses Verfahren nicht. Aber wenn Sie herausgefordert werden, müssen Sie sich wehren, und das so gut wie möglich.

ADHOC: Haben Sie damit gerechnet, auch in diesem Punkt recht zu bekommen?
GRAEFE: Ja, das hatte sich in der mündlichen Verhandlung bereits abgezeichnet. Und wer sich ernsthaft mit der Arzneimittelpreisverordnung befasst, muss zu diesem Schluss kommen. Im Gesetz ist von einem Mindestpreis beim Großhandel nirgendwo die Rede.

ADHOC: Sie hätten darauf abstellen können, dass Skonti keine Rabatte sind.
GRAEFE: Das haben wir getan und das Gericht hat das ebenso gesehen. Davon konnte man aber vorher nicht mit Sicherheit ausgehen. Deshalb mussten wir auch die Rabattierbarkeit der 70 Cent beleuchten, sozusagen als zweite Sicherung. Wer immer den Prozess im Hintergrund betreibt, hat so weit vermutlich nicht gedacht. Wir haben jetzt diese Stellungnahme vom Landgericht Aschaffenburg. Die Angreifer sollten sich überlegen, ob sie sich das auch noch von einem Oberlandesgericht oder dem Bundesgerichtshof bestätigen lassen wollen. Ich rate noch einmal dringend dazu, auch im Sinne der Apotheker, dieses sinnlose Verfahren an dieser Stelle zu beenden.

ADHOC: Haben Sie noch ernstlich Hoffnung, dass das Verfahren eingestellt wird?
GRAEFE: Ehrlich gesagt, nicht mehr. Am Anfang hatte ich noch das Gefühl, dass Vernunft einkehren könnte. Doch nach allem, was passiert ist und geäußert wurde in diesem Zusammenhang, glaube ich nicht mehr, dass die Angreifer sich zurückziehen.

ADHOC: Vielleicht sollen Sie den Prozess ja verlieren. Nehmen Sie nicht eine Verschlechterung der Bedingungen für die ganze Branche in Kauf?
GRAEFE: Absichtlich zu verlieren, ist in unserer DNA nicht vorgesehen. Auch wenn ich mich wiederhole: Wir wollten diesen Prozess nicht, aber wenn wir kämpfen müssen, ist Verlieren keine Option.

ADHOC: Angenommen das Urteil hat Bestand: Gibt AEP dann mehr als 3 Prozent Rabatt?
GRAEFE: Darüber haben wir uns bisher noch keine Gedanken gemacht, Ehrlichkeit und Gesetzestreue sind für uns zentral. Allerdings arbeitet der Wettbewerb schon heute deutlich in die 70 Cent hinein. Noweda bietet relativ transparent „3+3“ als Kondition auf bestimmte Sortimente an, Gehe etwas zurückhaltender mit dem „7bis7“ bei Niedrigpreisern. Solche Angebote kommen jede Woche in die Apotheken. Wir wären die Letzten, die in diesen Bereich gehen würden.

ADHOC: Sie könnten den Wettbewerb trotzdem verschärfen.
GRAEFE: Die Rechtslage hat sich mit der Entscheidung des Landgerichts doch nicht geändert. Unsere Konditionen sind transparent und zulässig. Ich würde die Konkurrenz trotzdem bitten, sich der Bedeutung der 70 Cent bewusst zu sein. Der Prozess wird auch in Berlin verfolgt.

ADHOC: Welche Signale hören Sie denn aus der Politik?
GRAEFE: Wir sind da ja nicht lobbymäßig vertreten, insofern kann ich dazu nichts sagen. Aber es wäre wohl nicht besonders schlau, der Politik zu signalisieren, dass die 70 Cent Pauschale aus der Großhandelsvergütung weitergegeben werden. Deswegen nochmal der Hinweis, das Ding jetzt lieber ruhen zu lassen und nicht weiter zu verfolgen. Das Ganze ist einfach nicht zu Ende gedacht.

ADHOC: Und wenn das Verfahren, wonach es aussieht, doch weiter geht?
GRAEFE: Das liegt nicht in unserer Hand. Was da lag, haben wir erledigt. Wenn das Verfahren weiter geht, werden wir mitgehen, und das weiterhin professionell und emotionslos.

ADHOC: Sie sind bei dem Thema emotionslos?
GRAEFE: Am Ende ist es eine juristische Frage. Der Fall verträgt nicht viele Emotionen. Aber Sie haben recht, in der Gesamtgemengelage bin ich nicht emotionslos. Dafür ist für uns zu offensichtlich, dass dieses Verfahren angezettelt wurde, um das Geschäftsmodell der AEP zu behindern.

ADHOC: Sie verdächtigen regelmäßig den Phagro. Haben Sie irgendeinen Beweis?
GRAEFE: Nein, einen konkreten Beweis haben wir nicht. Aber ich glaube auch nicht an Zufälle. Nicht an so viele. Die Indizien sprechen dafür, dass der Wettbewerb sich mit diesem Verfahren gegen uns positioniert. Wir hatten den Phagro mehrfach eingeladen, dem Prozess beizutreten. Das blieb jeweils ohne jede Reaktion.

ADHOC: Wie soll das auch gehen, wenn Sie verklagt werden?
GRAEFE: Beitreten meine ich nicht im juristischen Sinne. Aber der Phagro hätte sich an den Kosten beteiligen können oder sich zumindest klar äußern: dass man den Angriff auf den Großhandel nicht versteht und AEP hier stellvertretend für die gesamte Branche die marktüblichen Konditionen verteidigt. Es heißt immer: Apotheker und Großhändler sitzen in einem Boot. Hier wäre mal eine gute Gelegenheit gewesen, das zu beweisen.

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