Die Apotheken bangen um ihre Einkaufskonditionen. Der Bundesgerichtshof (BGH) wird sich demnächst mit der Frage befassen, ob Skonti im bisher üblichen Rahmen mit dem Preisrecht vereinbar sind. Vor dem Oberlandesgericht Bamberg (OLG) hat sich die Wettbewerbszentrale gegen den Großhändler AEP durchgesetzt. APOTHEKE ADHOC sprach mit Geschäftsführer Jens Graefe über den Prozess, „Manndeckung“ im Außendienst und warum AEP das Discount-Image ablegen will.
ADHOC: Laut dem „Zwischenurteil“ des OLG sind Ihre Konditionen unzulässig. Was stimmt Sie zuversichtlich für das weitere Verfahren?
GRAEFE: Zu allererst mal: Nicht nur unsere! Aber zur Sache: Die Argumentation des OLG ist aus meiner Sicht sehr lückenhaft. Eine Unterscheidung zwischen „echten“ und „unechten“ Skonti, die Mand und weitere Gutachter vornehmen, hat das Gericht überhaupt nicht berücksichtigt. Dabei kommt es genau auf dieses Äquivalenzprinzip an. Mit unserem Skonto wird ein echter Mehrwert geschaffen, die vorfällige Zahlung wird adäquat abgegolten. Damit hat sich das Gericht leider überhaupt nicht befasst. Deshalb gehe ich davon aus, dass der Bundesgerichtshof (BGH) dieses berücksichtigt und entsprechend entscheidet.
ADHOC: Und falls nicht? Haben Sie mit dem Thema mal bei der Politik vorgesprochen?
GRAEFE: Die Politik verweist auf das laufende Verfahren. Aber die Signale waren im Vorfeld doch eindeutig: Laut dem Bundeswirtschaftsministerium sind Skonto und Rabatt nicht dasselbe. Das Urteil des OLG hat daher Freund, Feind und Beobachter überrascht. Wir werden auf jeden Fall Revision einlegen und gehen nach wie vor davon aus, dass es am Ende nicht so kommt, wie vom OLG beschieden.
ADHOC: Die Noweda drückt Ihnen jedenfalls die Daumen.
GRAEFE: Wir freuen uns, dass die Noweda unsere Rechtsauffassung teilt. Alles andere wäre angesichts der Konditionen im Markt allerdings auch unbegreiflich. Denn sollten wir verlieren, müssten alle Mitbewerber ihre Rabattmodelle umstellen. Zumindest würde ich erwarten, dass die Wettbewerbszentrale dann auch dafür Sorge trägt, dass das entsprechende Urteil aus Wettbewerbsgründen für alle anwendbar ist. Uns wundert allerdings, dass Herr Hollmann uns für das Verfahren verantwortlich macht. Die Noweda hat lange vor uns ihre 3+3-Angebote an tausende Apotheken verschickt und macht das bis heute. Und wir haben die Klage sicherlich nicht initiiert – die Noweda aber sicherlich auch nicht!
ADHOC: Die Einheitskondition ist Ihr Markenzeichen. Reicht das nicht mehr aus in der Kommunikation?
GRAEFE: Es stimmt, dass wir mit dem Thema Kondition zentral in den Markt gegangen sind. Wir haben nach den ersten Jahren gelernt, dass unsere Kunden die Konditionen inzwischen als gegeben ansehen, ihnen aber die Transparenz, Klarheit und Einfachheit mindestens genauso wichtig ist. Deshalb stellen wir neben den Konditionen jetzt die weiteren Vorteile in den Vordergrund. Dazu zählen die gute Warenverfügbarkeit in unserem Zentrallager, eine optimierten Vereinnahmung in der Apotheke durch konzentrierte Lieferungen, einfache Rechnungen oder ein Top-Service.
ADHOC: Steht AEP nicht eher für Schmalspurservice?
GRAEFE: Das sehe ich nicht so. Von uns bekommen Apotheker z.B. am Samstagmorgen BtM und Kühlware geliefert. Das Schaffen nicht alle Mitbewerber, zumindest nicht überall. Bei Retouren haben wir eine 100 Prozent Quote ohne jeden Abzug. Alle Belege und Rechnungen sind im Online-Archiv jederzeit einsehbar. Unsere Kunden sprechen jedenfalls von einer vertrauensvollen Beziehung. Und darunter sind immerhin 300 bis 400 Apotheken, die uns als klaren Hauptlieferanten haben.
ADHOC: Haben Sie das Problem in den Griff bekommen, dass Apotheken nur Hochpreiser über AEP beziehen?
GRAEFE: Selektives Kaufen bei den Mittelpreisern war vor etwa einem Jahr ein Thema, nicht bei den Hochpreisern. Wir haben viele Gespräche geführt und notfalls auch zu härteren Mitteln gegriffen und die Geschäftsbeziehung zu einigen Apotheken beendet. Unsere Konditionen sind fair, wir denken ein Handelsspannenausgleich ist nicht fair. Aber wer selektiv bei uns einkauft, der ist auch nicht fair. Das wird aber immer im Einzelfall entschieden. Am Anfang sind wir tolerant, aber das Muster erkennen unsere Systeme innerhalb kürzester Zeit. Und wir lassen uns nicht ausnutzen. Da diese Apotheken offensichtlich einen Hauptlieferanten haben, ist auch die Belieferungspflicht kein Thema. Aber das Problem hat sich wie gesagt entschärft.
ADHOC: Wie sieht der typische AEP-Kunde aus?
GRAEFE: Mittelgroße Apotheke, oft selbstbewusste Inhaberin, die unabhängig sein will und auf die ganze „Manndeckung“ von Außendienstlern weder Lust noch Zeit hat. Die braucht keine emotionale Massage, sondern will für ihre Kunden da sein und vom Großhandel Ware beziehen. Punkt! Sie will die Rechnung verstehen und nicht etwas vermeintlich Tolles abschließen, das dann doch nicht eingehalten oder vier Wochen später zurückgenommen wird.
ADHOC: Wie viele Apotheken davon gibt es? Anders gefragt: Was sind Ihre Ziele?
GRAEFE: Am Ende des Jahres wollen wir 20 Prozent der Apotheken beliefern und 500 Millionen Euro Umsatz übertreffen. An der „Skonto-Front“ setzen wir uns natürlich weiter für den Erhalt unserer Konditionen ein, auch für die Apotheken.
ADHOC: Ist AEP profitabel?
GRAEFE: Wir sind break even! Nicht gigantisch, aber schwarz. Alles unter Kontrolle.
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