„Ohne Zwischenhändler wird es teurer“ Carolin Bauer, 15.04.2013 13:07 Uhr
Gefälschtes Omeprazol in der Lieferkette. Die Plagiate sollen dem Großhandel über wechselnde Firmenidentitäten angeboten worden sein. Der Skandal stellt die Sicherheit der Einkaufswege in Frage. Der Anteil der Arzneimittel, die über Zwischenhändler gekauft werden, sei gering, sagt Karl-Heinz Berschet. Der ehemalige Gehe-Geschäftsführer war 33 Jahre beim Stuttgarter Großhändler und zuletzt für den Bereich Trading verantwortlich. Im Interview mit APOTHEKE ADHOC spricht er über den Einkauf, die Vorteile von Zwischenhändlern und deren Kontrolle.
ADHOC: Hat der Großhandel durch Omeprazol jetzt ein Imageproblem?
BERSCHET: Nein, die Apotheken können dem Großhandel immer vertrauen. Für Qualitätssicherung wird alles getan. Täglich werden Millionen von Packungen in die Apotheken geliefert.
ADHOC: Wie kauft der Großhandel ein?
BERSCHET: Es gibt den strategischen und den operativen Einkauf. Im operativen sind rund 1300 Lieferanten gelistet. Davon machen 20 Prozent etwa 80 Prozent des Umsatzes aus. Die Bestellungen gehen wöchentlich, 14-tägig oder monatlich fast vollautomatisch an die Lieferanten. Dies ist abhängig von der Klassifizierung in A-, B- oder C-Lieferanten.
A entspräche beispielsweise Novartis oder Bayer, deren Schnelldreher wöchentlich bestellt werden. Katheder kauft man dagegen weniger oft. Der Großhandel arbeitet mit einem Warenwirtschaftssystem, welches permanent optimiert wird, um zum richtigen Zeitpunkt die richtige Menge an Produkten zu bestellen.
ADHOC: Was ist dann der Job des Einkäufers?
BERSCHET: Das System schlägt anhand der Bestände und Abverkäufe optimale Bestellmengen vor. Das System bestellt in etwa 90 Prozent der Artikel vollautomatisch. Ein guter Disponent kennt saisonale Schwankungen und weiß, wie er hier eingreifen und bevorraten muss. Zusätzlich gibt es Absprachen mit der Industrie über weitere Bestellmöglichkeiten.
ADHOC: Was bedeutet strategischer Einkauf?
BERSCHET: Der Großhandel ist ein unerlässlicher Dienstleister zwischen Industrie und Apotheke. Wir schließen mit den Herstellern Jahres-Rahmenvereinbarungen. Zusätzlich besprechen wir die aktive Vermarktung der Artikel in den Apotheken und erarbeiten gemeinsam Jahresmarketingpläne. Rückrufmodalitäten, die Einführung von Neuprodukten in den Apotheken oder rechtliche Themen wie die Großhandelserlaubnis von Zwischenhändlern gehören ebenfalls in diesen Bereich.
ADHOC: Der Großhandel prüft also seine Zwischenhändler?
BERSCHET: Der Großhandel ist verpflichtet, sich vor einer Geschäftsbeziehung die Großhandelserlaubnis bestätigen zu lassen. Darüber hinaus gibt es natürlich weitere Rahmenbedingungen, die geprüft werden müssen: Liegt ein funktionierendes Qualitätsmanagementsystem vor? Wie aktiv ist die Geschäftsleitung des Zwischenhändlers in das Qualitätsmanagement eingebunden? In vielen Fällen fahren Mitarbeiter sogar zu den Händlern und schauen sich die Betriebe an.
ADHOC: Gibt es schwarze Schafe?
BERSCHET: Der Anteil der Arzneimittel, den der Großhandel über diesen Weg erwirbt, ist jedoch relativ gering und liegt vermutlich unter 10 Prozent. Aus meiner Sicht gibt es nur seriöse Zwischenhändler. In Deutschland gibt es sechs bis acht relevante Zwischenhändler.
ADHOC: Warum gibt es Zwischenhändler?
BERSCHET: Der Weg ist grundsätzlich Industrie – Großhandel – Apotheke. Es gibt Hersteller, die über Zwischenhändler zum Beispiel Kurzläufer in den Markt bringen. Diese verkaufen die Medikamente an den Großhandel oder direkt an Apotheken. Manche Lieferanten übernehmen für den Hersteller auch logistische Leistungen. Der Zwischenhändler lebt von der Nische, was er anbietet ist nicht vorhersehbar.
ADHOC: Warum kaufen die Großhändler dann dort?
BERSCHET: Beim Zwischenhändler gibt es ein gutes, meist einmaliges Angebot für eine fest definierte Menge. Als Händler versucht man Produkte zu kaufen, die preislich attraktiv sind. Wenn ein Großhändler diese nicht kauft, begibt er sich in einen Preisnachteil gegenüber dem Wettbewerb.
ADHOC: Kennen Sie Cito Med?
BERSCHET: Ich kenne Cito Med als seriösen Händler mit Großhandelserlaubnis. Ich gehe davon aus, dass die Firmen im Omeprazol-Fall von den Fälschungen überrascht wurden. Die Plagiate sollen wie Originale ausgesehen haben.
ADHOC: Kontrolliert der Großhandel die Produkte vom Zwischenhändler?
BERSCHET: Die Packungen werden genauso kontrolliert wie die vom Hersteller. Außerdem lässt sich der Großhandel die Verträge zeigen, woher der Zwischenhändler die Ware bezogen hat.
ADHOC: Wie konnte es dann trotzdem zu diesem Skandal kommen?
BERSCHET: Ich weiß es nicht und kann es Ihnen leider nicht beantworten. Wenn kriminelle Energie stattfindet, ist es immer schwierig, sich davor zu schützen.