Interview Gehe

„Wir können über die Lieferfrequenz sprechen“

, Uhr
Berlin -

Der Stuttgarter Großhändler Gehe durchlebt turbulente Zeiten: Rückläufige Gewinne, Wechsel beim Personal und der Verkauf des Mutterkonzerns Celesio. Mit AEP direkt kam im Herbst außerdem ein neuer Anbieter auf den Markt. Über den neuen Eigentümer McKesson will Gehe-Chef André Blümel noch nicht sprechen. Im Interview erklärt er aber, dass die internen Unruhen jetzt ein Ende haben und dass auch Gehe weniger Touren anbieten würde, wenn die Apotheken dies wollten.

ADHOC: Warum haben in den vergangenen Monaten so viele Führungskräfte Gehe verlassen?
BLÜMEL: Seit Herbst gibt es den dramatischen Rabattwettbewerb. Dann haben wir uns Anfang des Jahres intern neu aufgestellt. Deshalb waren auch umfangreiche Maßnahmen unvermeidbar, zu denen auch ein Sparprogramm gehörte. Dass sich dabei nicht nur Strukturen, sondern auch Besetzungen verändern, ist normal.

ADHOC: Hat Gehe ein Imageproblem?
BLÜMEL: Es ist nicht unbedingt förderlich, wenn man permanent mit Spekulationen in den Medien ist. Aber unsere Kunden kennen uns – und sie wissen, was sie an uns haben. Das ist wie in einer langen Partnerschaft: Da gibt es auch Phasen der Unruhe, die aber vorbei gehen. Mittlerweile haben wir den Aufarbeitungsprozess abgeschlossen – inhaltlich wie personell. Außerdem wurden Entschlüsse korrigiert, bei denen wir über die Zeit gemerkt haben, dass sie nicht praktikabel sind.

ADHOC: Spart sich Gehe durch die Krise?
BLÜMEL: Ganz und gar nicht. Mit Sparen alleine führt man kein Unternehmen und ist nicht attraktiv für die Kunden. Sparmaßnahmen können nur flankierend sein. Wir arbeiten hart daran, den Apotheken das richtige Angebot zu machen. Dabei kommt es nicht nur auf finanzielle Konditionen an.

ADHOC: Trotzdem kann sich auch Gehe der Rabattschlacht nicht entziehen.
BLÜMEL: Das kann niemand. Aber generell gilt: Wir wollen unseren Marktanteil halten. Der anhaltende Rabattwettbewerb schadet aber dem gesamten System, da die Leistungsfähigkeit des Großhandels auf eine grundlegende Rentabilität angewiesen ist. Ich bin sicher: Das derzeitige Niveau kann nicht dauerhaft gehalten werden.

ADHOC: Jetzt bekommen Sie sogar zusätzliche Konkurrenz.
BLÜMEL: Ja, aber wir sind nicht in Sorge. Wir schauen uns AEP genau an. Ich halte das Konzept für überflüssig. Das Serviceangebot könnte jeder etablierte Großhändler anbieten: Falls unsere Kunden eine niedrigere Lieferfrequenz wünschen würden, dann reden wir herzlich gerne mit ihnen.

ADHOC: Also würde auch Gehe gerne Touren streichen?
BLÜMEL: Eine optimale Warenverfügbarkeit hängt nicht nur mit der Zahl der Lieferungen zusammen. Vielleicht hilft AEP, die Debatte um die Lieferfrequenz in den Apotheken neu zu entfachen. Aktuell gibt es tatsächlich Apotheken, die die Anzahl der Lieferungen reduzieren wollen. Auch wir haben Kunden, die nur zweimal angefahren werden. Eine einzige Tour am Tag wäre gerade für eine kleine Apotheke nicht realisierbar.

ADHOC: Warum nicht – solange die Konditionen stimmen?
BLÜMEL: Aufgrund der Breite des Sortiments und der Rahmenbedingungen – Stichwort Rabattverträge – ist eine Lieferung am nächsten Tag sicher nicht ausreichend.

ADHOC: Kann sich der Großhandel weniger Touren überhaupt leisten? Sinkt die Auslastung der Niederlassungen dann nicht noch weiter?
BLÜMEL: Nein. Auch bei zwei Lieferungen am Tag benötigt man die gleiche Infrastruktur, da die Transportkosten höher als die Lagerkosten sind. Wir fühlen uns mit unserem Netzwerk von 19 Niederlassungen sehr gut aufgestellt. Es sind keine Anpassungen geplant. Wir werden danach agieren, was der Markt fordert und die Kunden wollen.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr aus Ressort
Mittel gegen Multiple Sklerose und Krebs
Merck: Plus dank Halbleiter, KI & Arzneimittel
Drogeriekette mit Umsatzplus
dm: 24/7-Abholstationen und KI

APOTHEKE ADHOC Debatte