Interview Smile-Apotheken

Kohlhaas: „Apotheken lassen viel Geld liegen“

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Berlin -

Im Rezeptgeschäft sind Apotheken auf den Gesetzgeber angewiesen, für viele ist die Luft dünner geworden in den vergangenen Jahren. Umso wichtiger werden die Einnahmen mit OTC-Arzneimitteln. Hier lassen die meisten Apotheken aus Sicht der Beratungsfirma Baufeldt & Partner tausende von Euro liegen. APOTHEKE ADHOC sprach mit dem Geschäftsführer Hans Kohlhaas über das Konzept der Smile-Apotheken und warum den Kunden manchmal höhere Preise lieber sind.

ADHOC: Die meisten ihrer 18 Mitarbeiter kommen aus dem Lebensmittelhandel. Was können die Apotheken von diesem Sektor lernen?
KOHLHAAS: Nicht allein auf den Einkauf zu schauen. Viele Apotheken gehen bei ihrer Kalkulation vom EK aus, aber das ist aus Wettbewerbssicht vollkommen falsch. Von diesem Gedanken muss man sich trennen und lieber überlegen, welchen Preis der Konsument bereit ist zu zahlen – das ist manchmal weniger, häufig aber viel mehr, als man vordergründig denkt. Im Lebensmitteleinzelhandel haben Vertrieb und Einkauf nur wenige Berührungspunkte. Und während dort früher unter dem Strich 0,3 Prozent standen, sind es heute 5 bis 6 Prozent. Das schaffen die meisten Apotheken nicht mehr.

ADHOC: Was machen Apotheken falsch?
KOHLHAAS: Die Apotheken leiden unter Kundenschwund. Viele reagieren darauf mit gut gemeinten Aktionen, die oft genau das Gegenteil des Erwünschten bewirken. Mit einem Rabatt von 20 Prozent auf alles stellt man sich mit Sicherheit ins wirtschaftliche Abseits und beschädigt außerdem das eigene Image. Auch Werbeaktionen für Ware, die monatelang nicht lief, sind meist reine Geldverschwendung.

ADHOC: Das dürfte den meisten Apotheken bekannt sein. Wie funktioniert Ihr Preismanagementsystem?
KOHLHAAS: Etwa 95 Prozent der Preise in Apotheken sind den Verbrauchern nicht geläufig. Das bedeutet: Auf Sonderangebote bei solchen Produkten reagieren die Kunden überhaupt nicht. Wenn die Apotheke hier die letzte Ziffer der oft krummen Preise auf gewohnte Preisschwellen erhöht, ist da unter dem Strich schon Musik drin. Selbst kleine Apotheken können über aktives Preismanagement 20.000 bis 30.000 Euro mehr Ertrag erzielen, große Apotheken sogar sechsstellige Beträge. Ein paradoxer Nebeneffekt: Die Preise wirken nicht „kalkuliert“ sondern attraktiv und der Verbraucher fühlt sich sicher.

ADHOC: Sie raten Apotheken, teurer zu werden?
KOHLHAAS: Wir raten zu einer aktiven Preispolitik. Bei bekannten Produkten müssen die Angebote marktgerecht kalkuliert sein, also im Extremfall – bei zehn bis 15 Artikeln, bei denen sich die Apotheke im direkten Wettbewerb mit dem Versandhandel befindet – EK plus Mehrwertsteuer. Auch ohne Marge kann die Apotheke hier viel gewinnen: Sie kann Kunden halten, die ansonsten in andere Absatzkanäle abgewandert wären, wo sie auch die Artikel kaufen, die vom Ertrag für die Apotheke wichtig gewesen wären.

ADHOC: Welche Produkte sind besonders wichtig?
KOHLHAAS: Eine ganz wichtige Rolle im Preismanagement spielen die sogenannten „Eckartikel“, die gilt es zu identifizieren, sonst scheitert jedes Preismodell. Dabei handelt es sich um etwa 80 bis 90 Produkte, die von Region zu Region unterschiedlich sind, und für die auch jeder Verbraucher sein eigenes „Set“ hat. Anhand dieser Produkte entscheidet der Verbraucher über „günstige“ oder „teure“ Apotheke.

ADHOC: Und wie helfen Sie dabei?
KOHLHAAS: Das Preismanagement zielt auf eine Margenverbesserung bei allen nicht preissensitiven Produkten und auf der anderen Seite auf ein wettbewerbs- und standortbezogenes Preisgefüge. Denn jedes Produkt hat eine für den Verbraucher klar definierte Rolle. Die gilt es zu kennen und bei der Preisfindung zu beachten. Dabei kommt uns unsere über 20-jährige Erfahrung im Category Management zugute. Wir liefern die Technologien, die in großen Handelsketten normalerweise einer zentralen Stabsstelle obliegen.

ADHOC: Woher können Sie wissen, welcher Preis in einer Apotheke funktioniert?
KOHLHAAS: Wir sind Initiator der Handelsdatenbank, in der alle Strukturmerkmale, Quadratmeter-Zahlen und Umsatzpotenziale aller umliegenden Geschäfte ab einer bestimmten Größe zu finden sind, auch der Apotheken. Dazu kennen wir die soziodemographischen Daten jedes Standortes. Mit unserer Software sind wir so in der Lage, zu jedem Standort wichtige Kennziffern zu definieren und nutzen zu können.

ADHOC: Welche Aufgabe muss die Apotheke übernehmen?
KOHLHAAS: Der Apotheker kann, so oft er möchte, eine neue Preisdatei herunterladen und in sein Warenwirtschaftssystem einlesen. Er nimmt an allen Preisveränderungen teil und braucht sich um die Preispflege nach der Einrichtung des „Smile-Preismodells“ nicht mehr zu kümmern. Die Einrichtung selbst dauert rund zwei Stunden. Der Aufwand für den Apotheker hält sich also sehr in Grenzen.

ADHOC: Und wie hoch sind die Gebühren?
KOHLHAAS: Es gibt eine Pauschale und eine, je nach Erfolg unserer Maßnahmen. Den Erfolg können wir mit der Software sehr genau messen. Am Ende bleiben wir aber inklusive Erfolgsprämie nur bei einem Bruchteil der erwirtschafteten Mehrerträge. Da sich unser Honorar aus den getroffenen Maßnahmen refinanziert, bleiben die allermeisten unserer bislang rund 300 Kunden im Apothekenmarkt dauerhaft bei uns.

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