„Der Apotheken-Graumarkt ist nicht das Problem“ Alexander Müller, 19.02.2016 10:11 Uhr
Der Hersteller Almased hatte zuletzt einigen Trubel: Die Werbung für das gleichnamige Diätpulver wurde verschiedentlich angegriffen, es gab einen Rüffel von Ökotest und zuletzt wurde das Abnehmmittel gegen den Willen des Herstellers bei Lebensmitteldiscountern verkauft. APOTHEKE ADHOC sprach mit Firmenchef André Trouillé und dem operativen Geschäftsführer Martin Müller über Graumarktgeschäfte, Apothekeneinkaufspreise und das Risiko einer Ein-Marken-Strategie.
ADHOC: Anfang des Jahres war Almased bei Netto und Kaufland aufgetaucht. Können Sie den Unmut vieler Apotheker verstehen?
TROUILLÉ: Absolut, ich kann auch die Skepsis vieler unserer Kunden verstehen, wo die Ware herkommt. Wir sind pro Apotheke und wollen unser Produkt nur in der Offizin verkaufen. Es ist aber eine Herausforderung, das wettbewerbsrechtlich sauber zu gestalten. Den Vertrieb über Apotheken vorzuschreiben, können und dürfen wir nicht.
ADHOC: Apotheker kaufen die Ware teilweise selbst in den Märkten ein, weil sie sie nicht billiger bekommen …
TROUILLÉ: Uns sind die Abgabepreise der Lebensmitteldiscounter unerklärlich. Wir kennen unseren eigenen Fakturapreis, insofern stellen sich da auch wettbewerbsrechtliche Fragen. Streng genommen ist das schon eine Angelegenheit für das Kartellamt. Wir prüfen derzeit, was wir in der Sache unternehmen.
ADHOC: Und was können Sie tun?
MÜLLER: Wir haben zum Beispiel unsere Produktionschargen verkleinert. Das ist zwar intern mit einigem Aufwand verbunden, ermöglicht uns aber, die Bewegung unserer Ware besser zu verfolgen. Das gibt einen größeren Handlungsspielraum.
ADHOC: Sie wissen dann, wer Ihre Ware weiterverkauft?
MÜLLER: Wir haben Anfang Dezember Ware an CPL ausgeliefert – etwa in dem gewohnten Umfang des Vorjahres. Großbestellungen im Dezember sind typisch, Saisonstart für Almased ist der 2. Januar. Aus diesen Chargen sind mindestens 100.000 Dosen in den Märkten von Netto und Kaufland gelandet. Davon wissen wir sicher. Und das allein ist etwas mehr als ein Drittel der Lieferung. Die bisherigen Gespräche mit CPL haben das Vertrauen noch nicht wieder hergestellt. Wir haben die Zusammenarbeit daher vorübergehend eingestellt.
ADHOC: CPL versichert, nur an andere Großhändler und Apotheken geliefert zu haben.
TROUILLÉ: Wir schließen aus, dass Apotheker hinter diesen Graumarktgeschäften stecken. Das kann es im Einzelfall geben, dass ein Apotheker ein paar Dosen an seinen lokalen Edeka-Markt verkauft. Aber das ist nicht das Problem, von dem wir sprechen. Hier wurden ganz andere Massen bewegt. Und wenn am Jahresanfang – zur absoluten Hauptsaison – Lebensmitteldiscounter Almased verkaufen, ist das auch nicht in unserem Interesse.
ADHOC: Kann man Ihnen denn glauben, dass Sie Almased auch nicht bei dm und Rossmann verkaufen wollen?
TROUILLÉ: Der Mass Market ist für uns generell uninteressant. Nur in der Apotheke ist die notwendige Kompetenz vorhanden. Eine Beratung zu unserem Produkt geht nicht in der Drogerie oder im Lebensmitteleinzelhandel.
ADHOC: Und Apotheken beraten immer zu Almased?
TROUILLÉ: Nein, manchmal wird es auch nur über den Tresen geschoben. Das ist dem Alltagsdruck in der Apotheke geschuldet. Und vielleicht benötigt auch nicht jeder „Wiederholungstäter“ unter den Kunden eine ausführliche Beratung. Aber insgesamt ist die Qualität in der Apotheke eine andere. Wir unterstützen das durch Schulungen fürs Team und unsere Online-Plattform.
ADHOC: Der Preis spielt keine Rolle?
TROUILLÉ: Das Produkt ist beratungsintensiv und das möchten wir auch honorieren. Deswegen ist die Apotheke das Ziel. Wenn die Teams dort keinen Spaß an dem Produkt haben, werden sie es auch nicht abgeben. Deshalb haben wir die Preisstaffeln für Apotheken und Großhändler vereinheitlicht: Wir haben nur einen Einkaufspreis. Bei Drogerien und im Versandhandel wird Almased allerdings regelmäßig unter diesem Preis verkauft – das spiegelt nicht die Wertigkeit des Produktes wider.
ADHOC: Wie groß ist der Anteil im Direktgeschäft?
MÜLLER: Im vergangenen Jahr lagen wir bei etwa 15 Prozent, der Trend zeigt aktuell nach oben. Wenn wir zwischen 20 und 30 Prozent landen könnten, wäre das gut. Viel mehr kann man nicht erwarten. Das wäre auch für uns unattraktiv: Der interne Aufwand mit der Rechnungslegung ist bei einer Lkw-Ladung an den Großhandel genauso groß wie bei einer Bestellung über zwei Dutzend Dosen von einer Apotheke. Viele Apotheken möchten auch gar nicht direkt einkaufen und wir wollen den Großhandel auch nicht umgehen.
ADHOC: Warum sind die Almased-Konditionen beim Großhandel so schlecht?
MÜLLER: Das ist sicherlich unserer einheitlichen Preispolitik geschuldet. Daher sind unsere Produkte für den Großhandel nicht ganz so spannend. Uns ist es aber ganz lieb, wenn sich das Direktgeschäft wie derzeit positiv entwickelt. Denn so wissen wir genauer, welche Menge an welche Apotheken geht.
ADHOC: Warum gibt es Apotheker Rudolf Keil nicht mehr in Ihren TV-Spots?
MÜLLER: Wir haben die Zusammenarbeit zum Jahreswechsel beendet. Wir werden auch im Marketing neue Wege beschreiten. Seit diesem Jahr sponsert Almased zum Beispiel die Beachvolleyballerinnen Laura Ludwig und Kira Walkenhorst, um die sportliche Seite von Almased mehr zu betonen.
ADHOC: Wie kontern Sie die Kritik von Verbraucherschützern an Ihren Produktversprechen?
TROULLIÉ: Almased wurde mehr als 16 Jahre lang von verschiedenen Instituten und Kliniken mit mehreren 100 Personen getestet. Es wurden keinerlei schädlichen Nebenwirkungen beobachtet. Neben der Gewichtsabnahme wurden vielmehr viele positive Auswirkungen auf den Gesundheitszustand festgestellt, weshalb es zunehmend auch von Sportlern eingesetzt wird. Der wesentliche Streitpunkt war, ob man den Verbraucher in dieser Form informieren darf. Sehr ärgerlich finden wir, dass Ökotest in einem Atemzug die Beratungsqualität in Apotheken angegriffen hat.
ADHOC: Ist die Fokussierung auf ein Produkt nicht dennoch sehr riskant?
TROUILLÉ: Allein die Konzentration auf das eine Produkt hat über die Jahre zum Erfolg geführt. Die umfangreiche Forschung an Almased – warum es wie in welchem Bereich funktioniert – bietet reichhaltige Möglichkeiten, die Anwendungsbereiche zu erweitern. In Deutschland lag unser Wachstum in den vergangenen Jahren jeweils im höheren einstelligen Bereich. Der Absatz lag – ohne das USA-Geschäft – 2015 bei 8,5 Millionen Dosen. In Großbritannien haben wir seit Ende Januar eine Kooperation mit den Boots-Apotheken, auch das war ein wichtiger Schritt.
ADHOC: Haben nicht gerade Abnehmprodukte eine begrenzte Lebenserwartung, weil „rückfällige“ Kunden etwas anderes versuchen?
TROUILLÉ: Es ist richtig, dass unsere Kunden gelegentlich auch andere Produkte testen. Zum weitaus überwiegenden Teil kehren sie aber wieder zu Almased zurück, weil es eben nicht nur auf den Geschmack ankommt, sondern auch auf das „Wohlfühl-Erlebnis“, das mit Almased verbunden ist – eben dass es funktioniert.