Die Apothekenbranche hat ein Innovationsproblem. Nicht, dass es keine innovativen Player gäbe. Aber als Branche in ihrer Gänze trauen viele dem Berufsstand nicht zu, mit großen Konzernen mitzuhalten. Catharina van Delden will das ändern. Bei der Digitalkonferenz VISION.A von APOTHEKE ADHOC, powered by Noventi, zeigt die Gründerin von Innosabi, wie der digitale Wandel Möglichkeiten eröffnet, Strukturen und Prozesse neu zu denken und so effizient zu gestalten wie nie zuvor. Tickets gibt es hier.
Woran liegt der Innovationsstau in der Apothekenwelt, den so viele beklagen? Wirklich nur an rechtlicher Benachteiligung und regulatorischer Drangsalierung, wie viele Apotheker kritisieren? Nein, denn zentral für Innovationen sind Informationen – und zwar solche zwischen Akteuren. Unzählige Insellösungen führen zu unschätzbarem Informations- und Zeitverlust. Das zu verhindern ist van Deldens Spezialgebiet.
Van Delden ist Gründerin von Innosabi, einem Unternehmen für agiles Innovationsmanagement. Was macht so ein Unternehmen? „Wir sind seit unserer Gründung ‚always in beta‘“, erklärt sie. „Zu Beginn waren wir ein Dienstleister, irgendwann haben wir dann angefangen, unser Know-how in Software zu gießen. „Die Grundidee war dabei immer dieselbe: Wie verändert sich die Art und Weise, wie Innovationen entstehen?“ Wir, das waren van Delden und drei Kommilitonen von der Technischen Universität München.
Mittlerweile ist Innosabi dem Prädikat Studentenprojekt längst entwachsen. Internationale Konzerne wie Bayer, Allianz oder Daimler nutzen die Software des Unternehmens, um interne Prozesse gezielt zu öffnen und externe Potentiale nachhaltig für die Entwicklung neuer Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle zu erschließen. Aber auch van Delden selbst ist der Rolle der jungen Gründerin bereits entwachsen: Sie sitzt im Präsidium des Digitalverbands Bitkom, im Beirat Süd der Deutschen Bank, ist Buchautorin, Keynotespeakerin und wurde von der Gesellschaft für Informatik als Vordenkerin der digitalen Moderne ausgezeichnet. Die Fachzeitschrift Computerwoche sieht sie als eine der einflussreichsten Frauen der deutschen IT.
Eine Vordenkerin ist van Delden tatsächlich, und zwar im wortwörtlichen Sinne: Der rote Faden, der sich durch ihre Arbeit zieht, ist die Frage, wie Informationen und Erfahrungen in komplexen Strukturen effizient zusammengeführt werden können, um neue Gedanken zu ermöglichen. Denn die Art und Weise, wie Innovationen entstehen, hat sich grundlegend verändert. „Wir haben ja in Deutschland immer noch die Vorstellung vom Ingenieur, dem genialen Tüftler, der im stillen Kämmerlein sitzt und im Alleingang etwas erfindet – diese Vorstellung stimmt aber nicht mehr in digitalen Zeiten“, erklärt sie.
Stattdessen gehe es darum, Informationen nutzbar zu machen. So hat Innosabi beispielsweise bei Bayer die Plattform „A Seeker, A Solver“ aufgesetzt: Konzernintern können dort Mitarbeiter Anfragen stellen, wenn sie eine Lösung für ein Problem suchen. Oft wurden ähnliche Probleme nämlich bereits an anderer Stelle gelöst – ohne dass eine inhaltlich oder geographisch entfernte Abteilung davon je erfahren würde. „Es ist viel leichter, eine Lösung zu adaptieren als neue zu finden“, sagt van Delden. Dabei hilft ein solches Tool nicht nur, Probleme effizienter zu lösen, sondern auch, neue Ideen entstehen zu lassen.
Das gilt nicht nur für die Strukturen eines internationalen Konzerns, sondern auch für kleine und mittlere Betriebe wie Apotheken. Die können aufgrund ihrer Größe nicht nur Wandlungsprozesse in der Unternehmenskultur viel schneller umsetzen, sie sind auch makrostrukturell großen Veränderungen ausgesetzt, denen sie sich anpassen müssen. „Apotheken stehen Entwicklungen gegenüber, die der stationäre Einzelhandel bereits vor Jahren durchgemacht hat und an die er sich auch anpassen muss, beispielsweise durch besseren Service.“
Dabei räumt van Delden mit der Vorstellung auf, dass Neuerungen immer vom wirtschaftlichen Betrieb ausgehen müssten. „Innovationen und Disruptionen gehen immer vom Konsumenten aus“, sagt sie. „Die Wahrnehmung ist traditionell eher, dass es Unternehmen oder Technologien sind, aber das stimmt so nicht.“ Denn die Digitalisierung hat die Kommunikation der Menschen untereinander grundlegend revolutioniert: Jeder Mensch kann heute nicht nur mit seinen Ideen, sondern auch mit seinen Bedürfnissen eine potentiell riesige Zahl an Mitmenschen erreichen.
Dadurch ändern sich auch die Rollenbilder grundlegend, Stichwort: mündiger Patient. Hier kommt das Konzept des „Lead User“ ins Spiel: „Das sind Menschen, die Bedürfnisse in einem Bereich stärker haben als andere und dann nach Lösungen suchen“, erklärt van Delden. „Die gab es schon immer, aber sie haben heute viel bessere Möglichkeiten, andere Menschen mit ihrem Anliegen zu erreichen.“ Musste das Kundenbedürfnis früher von einem Unternehmen ge- oder erspürt werden, ermöglicht es die Digitalisierung heute auch Menschen, die keine Experten in einem Fachgebiet sind, Innovationen selbst anzustoßen, weil sie innovativ denken – Menschen wie Cornelia Röders-Arnold oder Dr. Akvile Igntotaite, die ihre eigenen Hautpflegebedürfnisse dazu veranlasst haben, neue Wege in der Aknebehandlung auszuloten.
„So etwas wird durch die Digitalisierung erst möglich“, sagt van Delden. „Man muss kein Pharmazeut oder Mediziner mehr sein, um auf diesen Märkten Innovationen anzustoßen. Die Patienten sind ermächtigt durch die Möglichkeit, Menschen zu erreichen und Wissen zusammenzutragen.“ Darauf müssen sich auch Apotheken einstellen – und ihre eigenen Stärken ausspielen, beispielsweise dass sie diejenigen sind, die diesen Kundenbedürfnissen mit ihrem fachlichen Wissensvorsprung begegnen. Entscheidend ist daher, die Akteure und ihre Ideen zusammenzubringen. Wie das geht, erklärt van Delden am 11. März bei VISION.A.
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