Deutsche Versender wollen Boni geben Lothar Klein, 13.12.2018 10:40 Uhr
Der von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in seinem Plan B vorgeschlagene Boni-Deckel von 2,50 Euro für ausländische Versandapotheken steht auf rechtlich und politisch unsicherem Boden. In einer ersten Stellungnahme fordert der Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA) die Vergabe von Boni auch durch inländische Versandapotheken. Außerdem sind noch Boni-Verfahren bei den Gerichten anhängig.
Der BVDVA begrüßt in einer ersten Stellungnahme das „klare Bekenntnis“ Spahns, auch in Zukunft auf eine innovative Arzneimittelversorgung mittels Rx-Versand zu setzen und diesen Vertriebsweg für die Patienten und Verbraucher zu erhalten. Die angekündigte Stärkung des Nacht- und Notdienstes sei ebenfalls zu begrüßen. Der Vorschlag des Ministers, „Rabatte/Boni auf 2,50 Euro pro verschreibungspflichtiges Medikament zu deckeln, entspricht der Vorstellung von Marktwirtschaft mit klaren Leitplanken“, so der BVDVA.
„Allerdings fehlt hier aber noch eine wichtige Präzisierung im Interesse deutscher Unternehmen, Arbeitnehmer, Patienten und Verbraucher. Und zwar so, dass dieses Wettbewerbselement, also ein Bonus von 2,50 Euro pro Rx-Medikament zu gewähren, allen Apotheken ermöglicht wird“, so BVDVA-Chef Christian Buse: „Wir stellen uns erhobenen Hauptes dem Wettbewerb in Europa und unterstützen alle politischen Aktivitäten zur Stärkung des Mittelstandes in Deutschland. Ein ‚exklusives‘ Konjunkturprogramm für Online-Apotheken in den Niederlanden kann nicht im Interesse der deutschen Politik und Apothekerschaft sein.“
Die Schweizer DocMorris-Mutter Zur Rose äußerte sich vorsichtig zufrieden: „Die Zur Rose-Gruppe begrüßt diesen Vorschlag, der den Patienten weiterhin die Wahlfreiheit bezüglich des Bezugskanals ermöglicht. Die Gruppe wird die kommunizierten Elemente nun im Detail analysieren. Für eine endgültige Einschätzung muss der finale Gesetzestext vorliegen.“
Auch vor Gericht geht die Boni-Auseinandersetzung: In einem eigentlich schon verloren geglaubten Verfahren hatte der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) womöglich noch einmal mit den Rx-Boni von DocMorris befassen muss. Denn im ersten Prozess seien zu viele Pannen passiert. Wegen eines kleinen Verfahrensfehlers könnte nun alles wieder offen sein. In dem Verfahren ging es um die Freundschaftswerbung von DocMorris: Kunden konnten bis zu 10 Euro bekommen, wenn sie Bekannte dazu brachten, ein Rezept einzuschicken. Ab dem zweiten geworbenen Neukunden gab es 10 Prozent Rabatt auf nicht verschreibungspflichtige Produkte. Da Rx-Boni nach der bisherigen Rechtsauffassung unzulässig waren, sollten es auch Gutschriften für Dritte sein, so die Überzeugung der Apothekerkammer Nordrhein (AKNR), die gegen das Modell klagte.
Das Oberlandesgericht Köln (OLG) verbot die Sofortprämie, erlaubte aber den OTC-Rabatt. Hier rechnete man damit, dass der BGH, dessen Rechtssprechung zu Rx-Boni sechs Jahre lang eindeutig war, sich in dem Fall zu den neuen Vorzeichen äußern oder den Fall sogar beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorlegen würde. Doch im November verwiesen die Richter aus Karlsruhe die Sache aus formalen Gründen zurück, ohne sich inhaltlich mit der Zulässigkeit von Rx-Boni zu beschäftigen.
Weil die Vereinbarkeit der Preisbindung für ausländische Versandapotheken mit EU-Recht nicht abschließend beantwortet werde könne, hätte das OLG kein Teilurteil erlassen dürfen, so der BGH. Also geht die Sache zurück nach Köln – und mit großer Wahrscheinlichkeit auch nach Luxemburg. Aus Sicht des BGH kann – auch nach dem EuGH-Urteil – nicht abschließend beurteilt werden, ob die deutsche Rx-Festpreisbindung mit EU-Recht vereinbar ist. Das hängt aus Sicht der Richter damit zusammen, dass die Entscheidung zu den Rx-Boni von DocMorris „maßgeblich auf ungenügenden Feststellungen“ beruhte. Aus Sicht des BGH konnte der EuGH nicht alle Hintergründe kennen – weil das OLG Düsseldorf im damaligen Vorlageverfahren sie nicht mit geliefert hatte. Mit anderen Worten: Bereits das OLG hätte aus Sicht des BGH die Informationen aufarbeiten und dem EuGH zur Verfügung stellen müssen. So hätten die Richter in Luxemburg nur „zusammengefasst und angenommen, die nationalen Regelung sei nicht in einer Weise untermauert, die den Anforderungen der Rechtsprechung des Gerichtshofs genüge“.