IMS spioniert Reimporteure aus Janina Rauers, 23.08.2011 10:47 Uhr
Bislang können Hersteller kaum nachvollziehen, wo genau ihre Ware an Reimporteure verkauft wird. Das Marktforschungsunternehmen IMS hat dagegen ein Mittel - und stattet ausgewählte Apotheken mit Digitalkameras aus, um die Herkunft zahlreicher Importe genau dokumentieren zu lassen.
Die Apotheken sollen die Reimporte von drei Seiten fotografieren: Vorder-, Rückseite und die Original Chargen-Nummer müssen abgelichtet werden. Bei Umverpackungen sind auch die Blister zu fotografieren. Gefragt sind Daten zu den Präparaten Avastin, Bonviva, Herceptin Mabthera, Tarceva (alle Roche), Atripla, Truvada, Viread (Gilead) und Velcade (Janssen-Cilag).
Kamera, Speicherchips und Foto-Unterlagen stellt IMS zur Verfügung, auch die Länderkennzeichen werden im Anhang mitgeliefert. Die Apotheken erhalten für ihre Dokumentation eine Provision, von rund 70 Euro pro Monat ist die Rede. Zusätzlich soll es ein Starthonorar geben, dessen Höhe von der Zahl der abgegebenen Packungen in einem Referenzmonat abhängt. Bei Viread-Importen sind es in einem Fall zwischen 300 Euro und 500 Euro.
Die Dokumentation soll bis Ende Juni 2012 laufen. IMS will mit den Daten den Herstellern dabei helfen, „bessere Pläne für die Arzneimittelbelieferung der einzelnen Länder“ zu erstellen, heißt es in einem Schreiben an Apotheken. Diese unterstützten „mittelbar auch eine bessere Versorgung der Patienten in den einzelnen europäischen Ländern“, heißt es. Laut IMS können die Hersteller in Export-Ländern beispielsweise die Apotheken direkt beliefern, um die Verbreitung der Produkte besser zu kontrollieren.
Die Reimporteure fühlen sich durch die Foto-Aktion von IMS verraten - schließlich gehören sie ebenfalls zu den IMS-Kunden: „Es ist unerhört, dass IMS in Kollaboration mit der Pharmaindustrie die Reimporteure ausspioniert“, kritisiert Eurim-Chef Andreas Mohringer, der auch Vorstand des Branchenverbands BAI ist. Mit der Dokumentation sollten Warenströme erschwert werden. Damit werde der freie Warenverkehr und der Wettbewerb in der Europäischen Union eingeschränkt und preisgünstige Arzneimittel vom Markt ausgeschlossen.
Bei IMS kann man die Kritik nicht nachvollziehen: „Es handelt sich nicht um Industriespionage. Die Kontrolle ist eine natürliche Aufgabe der Apotheken“, sagte ein Sprecher des Marktforschungsunternehmens. Laut Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) seien die Apotheken verpflichtet, Fertigarzneimittel vor der Abgabe zu überprüfen. Mit den Daten könnten Fälschungen entdeckt und Transparenz für die Hersteller erreicht werden. Zudem würden mit der neuen EU-Richtlinie, die Sicherheitsmerkmale für die Packungen vorschreibt, ohnehin die Wege der Präparate nachvollziehbar.