Iberogast verbessert Mikrobiom Cynthia Möthrath, 17.10.2019 12:58 Uhr
Im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) wurden neue Erkenntnisse aus der Forschung zum Mikrobiom und dem Einfluss von Iberogast auf die Zusammensetzung der Keime vorgestellt. Die Krankheitsbilder Reizdarm und funktionelle Dyspepsie standen in diesem Zusammenhang im Fokus.
Professor Dr. Peter Malfertheiner vom Universitätsklinikum München erklärte zum Einstieg die Besiedlung des Magen-Darm-Traktes durch verschiedene Mikroorganismen. Den Großteil dieser Organismen machen Bakterien aus, außerdem finden sich verschiedene Viren, Pilze, Archaea und Protisten. „Keime finden sich vom Mund bis in den tiefen Darm“, erklärte Malfertheiner. Innerhalb des Körpers entstehe durch diese Gemeinschaft ein komplexes Netzwerk. Damit die Gesundheit erhalten bleibe, müsse die Diversität und das Gleichgewicht der Keime erhalten bleiben. Sowohl lokal wie auch systemisch nehme es Einfluss. Das Mikrobiom eines jeden Menschen sei wie eine Art Fingerabdruck und somit bei jeder Person unterschiedlich, erklärte Malfertheiner weiter.
Verschiedene Faktoren beeinflussen das körpereigene Mikrobiom: Dazu zählen Ernährung und Diäten, Stress, Schlaf, Medikamente, physische Aktivität sowie intrinsische Faktoren des Gastrointestinaltraktes. Malfertheiner bezeichnete den Magen als „maßgebliche Kontrollstation der mikrobiellen Zusammensetzung des Darms“: Im Wesentlichen gründet sie sich auf den beiden Faktoren Magensäure und Helicobacter pylori. Denn auch eine Besiedlung mit dem Keim Helicobacter pylori spielt eine zentrale Rolle bei der Zusammensetzung: „Ein gesunder Magen ist helicobacterfrei“, erklärte Malferheiner. Ist der Keim vorhanden, reduziere sich die Vielfalt der vorhandenen Keime und der Helicobacter dominiere die mukosale Zusammensetzung des gastralen Mikrobioms. „Wenn Helicobacter pylori den Magen beschlagnahmt, kriegen andere Bakterien keinen Fuß mehr an die Schleimhaut.“
Zweiter Einflussfaktor ist die Magensäure: Durch Säurehemmung mit Protonenpumpeninhibitoren zeigten sich sowohl Veränderungen des gastralen als auch die intestinalen Mikrobioms, wie Studien bereits nachweisen konnten. Dabei sei die Zusammensetzung der Keime im Darm eine ganz andere als im Magen: „Die Gemeinschaften sind nach dem Magen komplett verändert“, erklärte Malfertheiner. Der Stuhl habe zudem eine viel geringere Diversität als das gastrale Mikrobiom: Daher könnten über das Magen- oder auch das Speichelmikrobiom bessere Aussagen über Magen-Darm-Erkrankungen getätigt werden. Die Erkenntnisse über den Magen als „Kontrollstation des Darm-Mikrobioms“ sei für die Erweiterung klinisch-therapeutischer Ansätze außerordentlich hilfreich, gab Malferheiner zu bedenken. Dies gelte vor allem für Krankheitsbilder wie der funktioniellen Dysepsie, Reizdarm und bakteriellen Fehlbesiedlungen des Darmes.
Professor Dr. Hans-Dieter Allescher vom Klinikum Garmisch-Patenkirchen erklärte den Zusammenhang zwischen den Krankheitsbildern und dem Mikrobiom, sowie Ursachen und Therapie der Erkrankungen. „Reizmagen und funktionelle Dyspepsie sind sehr komplex in ihrer Entstehung.“ Unter anderem würden Stress, Genetik und Infekte eine Rolle spielen, ebenso wie die Permeabilität der Schleimhäute und das Mikrobiom. Auffällig sei, dass es große Überlappungen zwischen Patienten mit Reizdarm und solchen mit einer funktionellen Dyspepsie gäbe. Eine Veränderung der mikrobiellen Zusammensetzung führe zur Dysbiose und komme damit neben anderen Faktoren als Auslöser für Beschwerden von Reizmagen und Reizdarm infrage.
Die Therapie müsse der Vielfältigkeit der Symptome und den Ursachen entsprechen. Eine Phytotherapie mit der Iberis-amara-Kombination aus Iberogast (Bayer) könne dies leisten: Über einen „Multi-Target-Effekt“ setze das Phytopharmakon an unterschiedlichen Zielorten an. Dabei käme es zu Wirkungen an Ionenkanälen, afferenten Nervenfasern und Muskelzellen. Dadurch könne die veränderte Motilität wieder ins Gleichgewicht gebracht und die Säuresekretion gehemmt werden. Iberogast wirke in oberen Regionen des Magens eher motilitätshemmend, in den unteren Regionen jedoch motilitätssteigernd. Zudem sei die Hemmung und Stimulation abhängig vom Ausgangszustand der Muskulatur: Ist der Magen-Darm-Trakt überaktiv, hemmt Iberogast die Motilität, ist er träge, wird sie gesteigert.
Zudem werden Hypersensibilitäten verringert: Patienten mit Dyspepsie reagieren häufig empfindlicher auf Dehnungsreize an der Magenwand. „Iberogast wirkt wie ein intestinales Analgetikum“, erklärte Allescher. Die Nervenwahrnehmung werde deutlich reduziert. Zudem käme es zu antiinflammatorischen und antiulcerativen Effekten durch Einfluss auf Enzündungsmediatoren und Erosionen. Ein wichtiger Faktor sei auch der Einfluss auf die stressbedingte Darm-Permeabilität: Tierexperimente zeigen, dass sich die Durchlässigkeit im Colon unter Stress extrem erhöht. Durch die Einnahme von Iberogast werde diese jedoch wieder auf ein Normalmaß gesenkt, erklärte Allescher.
Apotheker Timo Thumann, Doktorand der Universität Graz, erläuterte verschiedene Studien, die den Einfluss von Iberogast auf das Mikrobiom zeigten: Eine in-vivo-Studie belegte, dass das Mittel das Darm-Mikrobiom von Ratten mit einer induzierten Colitis ulcerosa verbessern konnte. Desweiteren stellte Thumann erste Ergebnisse seiner eigenen in-vitro-Studie vor: Die Iberis-amara-Kombination hatte deutlichen Einfluss auf verschiedene Bakterienstämme in humanen Proben.
Anschließend zeigten Professor Dr. Martin Alexander Storr vom Internistenzentrum Gauting-Starnberg und Apotheker Dr. Ulrich Koczian wie die Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker in der Praxis aussehen kann: Anhand eines konkreten Fallbeispiels wurden die Therapiemöglchkeiten erklärt. Neben dem Einsatz von Iberogast, wurden auch weitere therapeutische Ansätze wie die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM), FODMAP, Psychotherapie und Laxantientherapie erörtert. Wichtig bei der Beratung sei, den Reizdarm- oder Dyspepsiepatienten zu beruhigen und zu erklären, dass es sich um keine lebensbedrohliche Erkrankung handele, erklärte Storr.
Neben der Eradikation des Helicobacter ständen in der weiteren Therapie vor allem Phytopharmaka zur Verfügung. Koczian ging zum Schluss noch auf die anderen Therapieoptionen ein, insgesamt sprachen sich beide für ein multimodales Therapiemodell aus, das neben der medikamentösen Behandlung mit Phytopharmaka auch Lebensstilinterventionen du stuhlregulierende Maßnahmen umfasst.