Dr. Wolff erforscht Schweißcreme

Hyperhidrose: Glycopyrronium statt Aluminium

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Berlin -

Ungefähr 5 Prozent der Menschen leiden an Hyperhydrosis. Das übermäßige Schwitzen ist zwar selten gesundheitsgefährdend, jedoch für die Betroffenen sehr unangenehm. Um große Schweißflecken zu vermeiden, nutzen viele ein hoch dosiertes Aluminiumchlorid-Deo. Der Stoff steht seit längerem in der Kritik und wird mit Brustkrebs und Demenz in Verbindung gebracht. Dr. Wolff will mit einer Glycopyrroniumbromid-Creme bald eine Alternative bieten – das Dermatikum hat die Phase-IIIa erfolgreich erreicht und steht kurz vor der Zulassung.

Bei der Zubereitung handelt es sich um eine 1-prozentige Glycopyrroniumbromid-Creme, der Wirkstoff befindet sich in einer O/W-Grundlage. Glycopyrroniumbromid gehört zu der Gruppe der Parasympatholytika und dient eigentlich der Bronchienerweiterung. Der Wirkstoff wird auch präoperativ angewendet, um die Speichel- und Magensaftsekretion herabzusetzen. Zu den bekannten Nebenwirkungen gehören: Schweißreduktion, Mundtrockenheit, Nasopharyngitis, Kopfschmerzen, Nervosität, Schlaflosigkeit, Schwindel, Somnolenz, Schwäche, Übelkeit, Obstipation, Gastroenteritis und Sehstörungen. Bei dermaler Anwendung sind weitaus weniger Nebenwirkungen zu erwarten. Die Schweißhemmung ist bei der axillaren Anwendung der gewünschte Effekt.

Die primäre axilläre Hyperhidrose wird durch eine Fehlregulierung der Schweißdrüsen verursacht. Normalerweise unterscheidet man zwei Arten der Schweißproduktion: das thermoregulatorische Schwitzen, kontrolliert durch den Hypothalamus, und das emotional bedingte Schwitzen, hauptsächlich kontrolliert über das limbische System. Bei der Hyperhidrose können zwei Formen unterschieden werden: Neben der primären Form, die vor allem Bereiche betrifft, wo es durch Aktivierung des limbischen Systems zur Schweißproduktion kommt (Achseln, Stirn, Füße), gibt es noch die sekundäre Form: Hier liegt meist eine Störung des zentralen oder peripheren Nervensystems vor. Die Glycopyrroniumbromid-Creme soll zur Behandlung der primären Form zugelassen werden.

Die aktuellen Studienergebnisse zeigen, dass die Substanz bei dermaler Anwendung wirkt und gleichzeitig ein geringes Nebenwirkungsprofil hat. Nach vierwöchiger täglicher Anwendung zeigte sich bei den Probanden eine signifikante Schweißreduzierung in den Achseln gegenüber der Placebo-Vergleichsgruppe. Neben der guten lokalen Verträglichkeit konnte auch die systemische Sicherheit bestätigt werden. Das Parasympatholytikum zeigte kaum muskarinerge systemische Nebenwirkungen. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen wie Mundtrockenheit traten nur selten auf. Die Patienten beschrieben durch die Anwendung der Creme eine deutlich verbesserte Lebensqualität.

Aluminiumchlorid

Zur Behandlund der Hyperhidrose empfehlen Ärzte ein stufenweises Vorgehen mit dem Ziel, zunächst alle lokalen Therapien auszuschöpfen. Zu den standardmäßig eingesetzten Substanzen zählt Aluminiumchlorid. Die Konzentration dieses Salzes in Antitranspiranztien ist für die meisten Betroffenen nicht ausreichend, sodass sie auf höher dosierte Varianten ausweichen. Das NRF enthält verschiedene Rezepturvorschriften in zwei unterschiedlichen Konzentrationen: Eingesetzt werden Dosierungen von 15 oder 20 Prozent. Die Lösungen oder Gele sind ohne Rezept erhältlich. Bei der ersten Abgabe sollte der Patient über die Anwendung informiert werden. Als häufigste Nebenwirkungen sind Brennen, Juckreiz und Schmerzen zu nennen. Nicht selten wünschen die Kunden ein 10-prozentiges Aluminiumchlorid-Gel, da die Haut empfindlich auf das Salz reagiert. Diese Dosierung kann rezepturmäßig ebenfalls hergestellt werden.

Botulinumtoxin

Zu der wirkungsvollsten nicht operativen Maßnahme zählt aktuell die intradermale Injektion von Botulinumtoxin. Dies inhibiert die Freisetzung von Acetylcholin aus den Synapsen und führt zu einer Schweißhemmung. Die Wirkung hält zwischen vier und sieben Monaten an – je nach Ausprägung der Hyperhidrose. Früher wurde das Neurotoxin als Off-label-Therapie angewendet. Mittlerweile gibt es Arzneimittel mit dementsprechender Zulassung. Die befürchtete Bildung von Antikörpern, die ein erneutes Spritzen unwirksam machen, ist bei Einhaltung der Injektionsintervalle sehr selten.

Deodorantien hemmen nur Geruchsbildung

Deodorantien dienen nicht der Schweißregulation, sondern beugen lediglich einer Geruchsbildung vor oder überdecken den Körpergeruch. Die Inhaltsstoffe verhindern Gerüche, die durch den bakteriellen Zersetzungsprozess des Schweißes entstehen. Das zugesetzte Parfüm überlagert unangenehme Körperausdünstungen. Diese Produkte sind frei von Aluminiumsalzen und können etwa das antibakterielle Zinkrizinoleat enthalten, das für ein frisches Gefühl sorgen soll und zu den Geruchsabsorbern zählt. Zinkgluconat hemmt ebenfalls die Geruchsbildung. Triethylcitrat hemmt hingegen Enzyme, die die Bakterien für die Zersetzung des Schweißes benötigen. Die Bakterien selbst werden nicht beeinflusst und auch die Hautflora wird nicht in Mitleidenschaft gezogen. Auch ätherische Öle wie Minz-, Nelken- oder Thymianöl besitzen antimikrobielle Eigenschaften. Anhand der INCI-Liste sind unter anderem folgende Deodorantien zu erkennen: Farsenol, Triethyl citrate, Zinc lactate, Zinc ricinoleate, Parfum und Triclosan. Gegen Schweißgeruch in der Kleidung hilft der Einsatz von Hygienespülern, die Keime schon bei 40 °C abtöten.

 

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