AvP-Insolvenzverfahren

Hoos verklagt Wettstein und Clemens

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Berlin -

Im AvP-Insolvenzverfahren hat Dr. Jan-Philipp Hoos viele Baustellen. Der Insolvenzverwalter bereitet Musterprozesse mit Apotheken um Aussonderungsrechte vor, ebenso einen Prozess gegen das Bankenkonsortium. Und laut seinem vierten Bericht hat Hoos nun auch gegen Ex-AvP-Chef Mathias Wettstein und den ehemaligen Geschäftsführer Rolf Clemens Verfahren anhängig gemacht.

Wettstein wurde vom Landgericht Düsseldorf bereits wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Im Zusammenhang mit der Insolvenz ermittelt die Staatsanwaltschaft Düsseldorf in einem abgetrennten Verfahren gegen ihn sowie weitere Personen.

Auch Hoos hat von Anfang geprüft, inwiefern er Ansprüche auf Schadenersatz gegen die beiden Ex-Manager geltend machen kann. Es geht um ihre Haftung als Geschäftsführer und eine mögliche Insolvenzverschleppung, sowie „sonstige Ansprüche im Zusammenhang mit den zweifelhaften Geschäftsvorfällen“, wie Hoos schreibt.

Wie im gesamten Insolvenzverfahren sei die Sach- und Rechtslage kompliziert, berichtet Hoos weiter. Aber jetzt seien die Ansprüche gegen Wettstein und Clemens „wegen unberechtigter Entnahmen“ abschließend ermittelt. Die außergerichtliche Korrespondenz mit deren Anwälten sei „nicht zielführend verlaufen“. Daher hat Hoos nun Zahlungsklagen gegen beide Ex-Manager erhoben. Um welche Summe es geht, schreibt Hoos in seinem Bericht nicht.

143 Millionen Anspruch gegen Banken

Von zentraler Bedeutung dürfte das Verfahren gegen die Banken sein. Hoos hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, um die Ansprüche prüfen zu lassen. Die Kanzlei Finkenhof Rechtsanwälte kommt darin zum Ergebnis, „dass Aussichten für eine erfolgreiche Geltendmachung von Ansprüchen gegen die finanzierenden Banken […] wegen unzulässiger Verrechnungen im Kontokorrent in Höhe von insgesamt rund 143,2 Millionen Euro bestehen.“ Allerdings verhandelt man hier immer noch außergerichtlich.

Musterprozess zu Aussonderungsrechten

Auch der Musterprozess der Apotheken zu etwaigen Aussonderungsrechten der Ansprüche ist noch nicht bei Gericht. Hoos schreibt dazu: „Im Berichtszeitraum haben hierzu umfangreiche weitere Abstimmungen mit den beteiligten Apothekenvertretern unter Führung des Apothekerverbands Nordrhein stattgefunden. Derzeit werden letzte Einzelheiten einer sogenannten Bindungsvereinbarung ausgearbeitet.“ Anschließend sollen die Apotheken Möglichkeit zum Beitritt haben.

21 Klagen von Apotheken

Nicht alle AvP-Opfer haben so viel Geduld: Insgesamt 21 Apotheken haben daher Klage auf Aussonderung ihrer Forderungen eingereicht. In zwei Verfahren haben die Gerichte die Klagen bereits erstinstanzlich abgewiesen, berichtet Hoos. So habe das Landgericht Düsseldorf in einem Fall im Februar entschieden, dass es sich bei dem Vertragsverhältnis nicht um eine bloße Inkassotätigkeit handele, weil Hauptzweck des Vertrags die Vorfinanzierung sei. Die Forderung falle daher der Insolvenzmasse zu, weil sie wirksam an AvP abgetreten worden sei, zitiert Hoos aus dem Verfahren. Demnach habe auch kein Treuhandverhältnis vorgelegen.

Eine weitere Klage habe das LG Düsseldorf Ende Mai abgewiesen. Hier hatte der Apotheker auf Auskunft geklagt, welche Zahlungseingänge von Krankenkassen für ihn sich auf den Konten befinden. Das Gericht sah laut Hoos wiederum keine Aussonderungsrechte – und entsprechend auch keinen Auskunftsanspruch. Der Vertrag enthalte eine vollständige Forderungsabtretung.

Hoos hofft darauf, dass nicht noch mehr Apotheker:innen einzeln Klagen, sondern alle den Ausgang der Musterprozesse abwarten. In einigen vertraglichen Konstellationen waren die Ansprüche dagegen so klar, dass Hoos bereits ausschütten konnte: 1,2 Millionen Euro wurden an die aussonderungsberechtigen Apotheken ausgezahlt. Und 173 Millionen Euro an die Krankenhaus-Apotheken ausgekehrt. Diese Sparte wurde zwischenzeitlich von Noventi gekauft. Andere Rechte bestehen aus Hoos‘ Sicht derzeit nicht.

AOK Bayern geht Sonderweg

Weil viele Apotheken sich zudem an die Kassen gewandt und eine direkte Auszahlung verlangt hatten, hat sich Hoos mit dem Verband der Ersatzkassen (vdek) und mehreren AOKen darauf verständigt, Treuhandkonten einzurichten. 41,8 Millionen Euro hätten die Kostenträger bislang eingezahlt, berichtet Hoos. Weitere 13,7 Millionen Euro habe er von anderen Konten hierhin transferiert.

Die AOK Bayern geht einen anderen Weg und hat insgesamt 4,3 Millionen Euro bei verschiedenen Amtsgerichten hinterlegt. Insgesamt sind Hoos 146 Fälle bekannt. Auch die Knappschaft und die Siemens BKK sind so verfahren, so dass sich die Gesamtsumme auf etwa 6,1 Millionen Euro beläuft. Der Insolvenzverwalter hatte dieses Vorgehen früher schon kritisiert, weil dabei zusätzliche Gerichtskosten anfallen. Er bevorzugt die Lösung mit Treuhandkonten, kann den Kassen diesen Weg aber nicht vorschreiben.

Rabattverfall war Luftnummer

Die in den Büchern von AvP noch als Rabattverfall geführten vermeintlichen Ansprüche gegen Krankenkassen haben sich nach intensiver Prüfung größtenteils als Luftnummer herausgestellt. Mutmaßlich sollten mit diesen Posten die privaten Entnahmen des Managements verschleiert werden. Lediglich etwas mehr als 4000 Euro konnte Hoos bei den Kassen noch eintreiben, weil sie in Einzelfällen erwiesenermaßen zu spät gezahlt und so den Anspruch auf den Kassenabschlag verwirkt hatten.

Zwei positive Meldungen im Bericht: Hoos konnte den AvP-Grundbesitz in Steinhöfel-Heinersdorf verkaufen. Und das Finanzamt hat Vorsteuererstattungen in Höhe von rund 580.000 Euro überwiesen.

Als „freie Masse“ im AvP-Vermögen notiert Hoos etwas mehr als 11 Millionen Euro, allerdings sind viele offene Posten im Bericht aufgrund der ungeklärten Rechtslage nur mit einem sogenannten Erinnerungswert von einem Euro hinterlegt. Über die tatsächliche Höhe der Masse besteht also weiter Unklarheit. Für die Kosten des Insolvenzverfahrens inklusive anstehender Prozesse werden 2,5 Millionen Euro veranschlagt.

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