Nicht nur Apotheker, sondern auch Hersteller müssen ihre Kunden kennen. Der Phytohersteller Pascoe hat in seiner Zielgruppe sechs unterschiedliche Typen ausgemacht, die er künftig gezielt ansprechen will. Die Studie zeigt auch, dass sich Apotheker aus Kundensicht gegen Naturmedizin sträuben. Viele Patienten wünschen sich eine bessere Beratung, und auch viele Apotheker räumen ein, sich bei dem Thema nicht so gut auszukennen. Unter den Verbrauchern gelten Pharmazeuten, die in dem Bereich bewandert sind, als „Geheimtipp“.
Für den ersten Teil der Studie stellten sich 50 Patienten im Alter von 20 bis 65 Jahren aus Köln und Umgebung zweistündigen tiefenpsychologischen Interviews des Rheingold-Instituts. Darunter waren Krebskranke, Asthmapatienten und Menschen mit chronischen Krankheiten. Alle Befragten hatten bereits eine Affinität zu Naturmedizin.
Der erste Nutzertyp will Naturmedizin als sanften Begleiter nutzen und nimmt Ratschläge von Ärzten und Apothekern gerne an. Er sucht nach Fürsorge und Zuspruch und fordert eine zeitintensive Beratung durch Arzt und Apotheker. Der zweite Typ recherchiert viel in Büchern und im Internet und legt Wert auf die eigene Autonomie. Daher benötigt er seiner Meinung nach keine große Unterstützung von Ärzten, Apothekern oder Heilpraktikern. Bei einem Heilpraktiker gut aufgehoben ist dagegen der dritte Patiententyp, der seinen Energiefluss wiederherstellen möchte. Er hat teils esoterische Vorstellungen, lehnt Produkte wie Spritzen, Tabletten und Salben eher ab und will einen individuell auf ihn abgestimmten Heilungsplan.
Der vierte Typus sucht nach Entspannung und bevorzugt ästhetische Produkte wie Öle und Heilerden. Er mag Düfte, Klänge und lange Gespräche und lehnt Pillen eher ab. Der fünfte Typ ist eher zupackend und will seinen Körper von schädlichen Stoffen wie Nikotin und Alkohol oder den Folgen einer falschen Ernährung reinigen. Er sucht den Therapieerfolg in einer anleitenden Medizin, muss aber auch auf belastende Stoffe verzichten. Der sechste Typ geht echten Veränderungen lieber aus dem Weg, für ihn ist der Weg das Ziel. Er befindet sich immer auf der Suche nach einem idealen Heilmittel und ist daher stets offen für neue Ansätze und Produkte jenseits der Schulmedizin.
Pascoe will die Erkenntnisse Apothekern, Heilpraktikern und Ärzten zur Verfügung stellen. Dazu solle es Schulungen geben, sagt Annette D. Pascoe, die gemeinsam mit ihrem Mann Jürgen F. Pascoe die Geschäfte führt. Es sei sinnvoll, je nach Patiententyp eine bestimmte Ansprache bei Behandlung und Beratung zu wählen. Zukünftig soll es zu diesem Thema auch Online-Fortbildungen für Apotheker geben, die zurzeit erarbeitet werden.
Im zweiten Teil der Studie wurden 45 Ärzte, Apotheker, PTA und Heilpraktiker aus Köln, Bonn und Düsseldorf im Alter von 30 bis 60 Jahren hinsichtlich der Anwendung und Abgabe von naturmedizinischen Mitteln befragt.
Ärzte und Apotheker gaben oft an, beim Thema Naturmedizin an ihre Grenzen zu stoßen und den großen Markt nicht ausreichend zu überblicken. Viele Teilnehmer vermissten einen klaren Bezug der naturmedizinischen Produkte zu hergebrachten, schulmedizinischen Krankheitsbildern, sagte Stephan Grünewald, Leiter der Studie und Geschäftsführer des Rheingold-Instituts. Apotheker hätten aber die Naturmedizin auch als Kundenbindungsinstrument erkannt. Sie würden ihre Kompetenzen in dieser Frage offensiv anbieten, um damit den Verkauf zu steigern.
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